Die steuerpolitischen Vorstöße zur Wiederkehr der Vermögensteuer nehmen konkrete Formen an. Die rot-grün regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie das SPD-regierte Hamburg arbeiten an einem Gesetzentwurf zur Wiederbelebung der Vermögensteuer. Zur Diskussion steht eine ertragsunabhängige Vermögensteuer, die zum Jahresbeginn 2014 revitalisiert werden und neben privatem auch unternehmerisches Vermögen in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbeziehen soll. Mit einem Steuersatz von 1% soll ein jährliches Steuermehraufkommen von über 10 Mrd. € für den deutschen Fiskus generiert werden.
Tatsächlich wurde die Vermögensteuer in Deutschland nicht abgeschafft, sondern seit dem Vz. 1997 schlechthin nicht mehr erhoben. Seinerzeit hatte das BVerfG mit seinen sog. Einheitswertbeschlüssen vom 22. 6. 1995 (2 BvL 37/91, DB 1995 S. 1740) sowohl das Erbschaft- als auch das Vermögensteuergesetz in damals geltender Fassung mit dem Grundgesetz für teilweise unvereinbar erklärt. Das oberste deutsche Gericht bemängelte die Unterbewertung von Grundvermögen, das im Durchschnitt mit höchstens 50% seines Verkehrswerts erfasst wurde, insbesondere im Vergleich zu dem voll erfassten Geldvermögen, und forderte den Gesetzgeber unter einer Fristsetzung auf, eine verfassungskonforme Neuregelung zu konzipieren. Für Zwecke der Vermögensteuer erfolgte diesbezüglich keine Anpassung. Stattdessen verzichtete der Fiskus auf die Erhebung. Dieser Zustand soll nach dem Willen der Oppositionsparteien mit einem Gesetz zur Wiederbelebung der Vermögensteuer zum Anfang des Jahres 2014 beendet werden.
Wie zu hören ist, sehen die Pläne vor, dass nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen – zur Sicherstellung einer rechtsformneutralen Vermögensbesteuerung – mit ihrem Gesamtvermögen der Vermögensteuerpflicht unterliegen, sofern sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt respektive ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz aufweisen. Während für natürliche Personen ein Freibetrag von 2 Mio. € vorgesehen wird, der sich im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten und Lebenspartnern verdoppelt, bei übersteigendem Vermögen aber auf einen Sockelfreibetrag von 500.000 € abschmilzt, soll für juristische Personen (und damit insbesondere Kapitalgesellschaften) die Besteuerungsfreigrenze bei 200.000 € liegen.
Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung desselben Vermögens auf Ebene der Kapitalgesellschaft und ihrer Anteilseigner könnte das sog. Halbvermögensverfahren Anwendung finden. Danach würde das Vermögen der Kapitalgesellschaft und der Wert der jeweiligen Kapitalgesellschaftsbeteiligung nur zur Hälfte Eingang in die vermögensteuerliche Bemessungsgrundlage finden. Was die Bewertung des Vermögens angeht, orientieren sich die Überlegungen an den seit Anfang 2009 geltenden Vorgaben des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, wonach das Vermögen zu Verkehrswerten anzusetzen ist. Das würde einen Verweis auf die für erbschaftsteuerliche Zwecke eingeführten Bewertungsvorschriften für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen und Betriebsvermögen bedeuten.
Möglichkeiten zur steuerlichen Verschonung unternehmerischen Vermögens – dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz entsprechend – seien dagegen nicht vorgesehen. Offensichtlich hat man sich hier von den Empfehlungen des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats des BMF zur Begünstigung des Unternehmensvermögens in der ErbSt leiten lassen, wonach die derzeit geltenden Verschonungsregeln für unternehmerisches Vermögen unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen seien (vgl. Richter, Steuerboard vom 8. 3. 2012). Darüber hinaus dürfte der Beschluss des BFH vom 5. 10. 2011 (II R 9/11, DB 2011 S. 2581), der verfassungsrechtliche Zweifel an den Verschonungsregeln für unternehmerisches Vermögen äußert, bei der Entscheidung gegen entsprechende Freistellungsmöglichkeiten im Rahmen der Vermögensteuer von besonderer Bedeutung gewesen sein.
Das wirft die Frage auf, wie die bisher bekannten Pläne verfassungsrechtlich zu beurteilen sind. Die Kombination aus hohen Freibeträgen für natürliche Personen, wodurch die Steuerbelastung auf die wohlhabende Bevölkerung konzentriert wird, und der Wahl eines Steuersatzes von 1% sprechen gegen eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung. Die vermögensteuerliche Erfassung von Betriebsvermögen könnte mit der Gewährleistung einer rechtsformneutralen Vermögensbesteuerung begründet werden. Praktikabilitätserwägunen könnten eine Rolle spielen: Schließlich dürfte es gesetzestechnisch anspruchsvoll sein, trennscharfe Kriterien zur Abgrenzung von privatem und betrieblichem Vermögen zu definieren.
Ob das Gesetzesvorhaben zur Wiedereinführung der Vermögensteuer allerdings unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten den Anforderungen einer rationalen Steuerpolitik entspricht, darf bezweifelt werden. Zwar erweist sich in Zeiten der Finanz- und Staatsschuldenkrisen ein zusätzliches Steueraufkommen i. H. von über 10 Mrd. € für den deutschen Fiskus zumindest kurzfristig als willkommener Segen. Gegenübergestellt werden müssen jedoch die nachteiligen Folgewirkungen einer Vermögensteuer für die deutsche Wirtschaft. Insbesondere mittelständische Unternehmen würden in Krisenzeiten, in denen die Ertragskraft der Unternehmen nachlässt oder sogar vollständig ausbleibt, durch eine ertragsunabhängige Besteuerung unternehmerischen Vermögens in ihrer Existenz gefährdet. Der Verlust von Arbeitsplätzen und rückläufige Steuereinnahmen wären die Folge. Gleichzeitig darf der Aspekt der mit einer Vermögensteuer einhergehenden Gefahr von Kapitalflucht nicht unterbewertet werden. In welchem Ausmaß die Vermögensteuer den Wegzug vermögender Privatpersonen und damit auch die grenzüberschreitende Verlagerung von für Deutschland wertvollem Steuersubstrat bewirken würde, lässt sich zwar nicht abschließend beurteilen. Sicher ist aber, dass die Vermögensteuer eine Kapitalflucht zulasten der Ertragsteuern zumindest auslösen könnte; eine Entwicklung, die nur in geringem Umfang von der deutschen Wegzugsbesteuerung aufgefangen werden würde.
Ob das Gesetzesvorhaben zur Wiederbelebung der Vermögensteuer Gesetz wird, ist eine steuerpolitische Entscheidung, die in Abhängigkeit von den jeweiligen politischen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat und Bundestag getroffen wird. Die Oppositionsparteien wollen sich mit einem Gesetzentwurf jedenfalls klar positionieren und mit der Vermögensteuer ein populäres Thema für den anstehenden Wahlkampf zur Bundestagswahl im Herbst 2013 besetzen. Die Bundesregierung weist Forderungen nach einer stärkeren Belastung von Vermögenden und Spitzenverdienern bisher grds. zurück.
(Zitiervorschlag: Richter, Steuerboard DB0489424)
Juristische Personen die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, wären nach diesemBericht von der VermSt frei!!??
Diese waren bisher steuerpflichtig mit ihrem Inlandvermögen!!
Womit soll den diese Steuerbefreiung für inländisches Vermögen in den Händen von Ausländern gerechtfertigt werden??
Sehr geehrte Damen und Herren,
gibt es schon einen offiziellen Entwurf des neuen Vermögensteuergesetzes und wo ist die Fundstelle?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Schmid,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Ein offizieller Gesetzentwurf liegt unseres Wissens derzeit jedoch noch nicht vor. Sobald es hierzu Neuigkeiten gibt, werden wir im Steuerboard bzw. in Der Betrieb darüber berichten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre DB-Redaktion