Die Vermögensbesteuerung ist derzeit in aller Munde. Bei der Diskussion geht es vorrangig um die Wiedereinführung der allgemeinen Vermögensteuer, die in Deutschland seit 1. 1. 1997 ausgesetzt ist (vgl. hierzu auch Richter, Steuerboard DB0489424). Jedoch umfasst die Vermögensbesteuerung neben einer allgemeinen Vermögensteuer auch weitere vermögensbezogene Steuern, insbesondere die Grundsteuer und die Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Die Besteuerung von Vermögen greift unmittelbar in die Substanz von Vermögen ein und ist daher sowohl aus ökonomischer als auch rechtlicher Sicht Gegenstand fortwährender Diskussionen. Derzeit bezieht sich die Kritik insbesondere auf die Bewertung des Grundvermögens im Rahmen der Grundsteuer.
Die Bemessungsgrundlage bilden immer noch Werte für das Grundvermögen, die vor fast fünfzig bzw. vor fast achtzig Jahren zuletzt festgestellt wurden. Des Weiteren werden die Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, insbesondere aufgrund ihrer Gestaltungsanfälligkeit kritisiert (vgl. BFH-Beschluss vom 5. 10. 2011 – II R 9/11, DB 2011 S. 2581).
Doch nicht nur das deutsche Steuerrecht sieht sich den Herausforderungen einer zielgenauen, einfachen, rechtssicheren und verfassungsgemäßen Ausgestaltung der Vermögensbesteuerung gegenüber. Stellt man den deutschen Regelungen die Besteuerungsregime in Frankreich, Großbritannien, Italien, der Niederlande, Österreich, der Schweiz und den USA gegenüber, lassen sich viele Gemeinsamkeiten erkennen (vgl. für nähere Informationen zu diesem Vergleich die Studie der KPMG AG „Vermögensbesteuerung – wer besteuert wie?“ unter www.kpmg.de).
Das Aufkommen der verschiedenen Vermögensteuerarten stellt sich i. d. R. im Vergleich zum Gesamtsteueraufkommen als relativ gering dar. Dabei ist die Grundsteuer in allen Staaten die Steuer mit dem höchsten und die Erbschaft- und Schenkungsteuer diejenige mit dem (mit großem Abstand) niedrigsten Aufkommen. Gemein ist den acht Ländern auch, dass mit der Erhebung der Vermögensteuern, vor allem mit der Einführung eines Bewertungssystems, hohe administrative Kosten verbunden sind.
Zwei der insgesamt acht Staaten sehen eine allgemeine Vermögensbesteuerung allerdings nur für natürliche Personen vor. Dies sind Frankreich und die Schweiz. Die Regelungen in beiden Staaten enthalten neben hohen Freibeträgen auch z. T. eine Begünstigung von Unternehmensvermögen. Diese wird mit der Gemeinwohlbindung dieses Vermögens und der damit verbundenen Sicherung von Arbeitsplätzen begründet. Die neue französische Regierung unter dem Staatspräsidenten Hollande erhöhte kürzlich die Vermögensteuer für das Jahr 2012 durch eine Zusatzabgabe, die Freibeträge und Begünstigungen für Unternehmensvermögen wurden jedoch nicht angetastet. In den meisten anderen Staaten wurde in der Vergangenheit eine allgemeine Vermögensteuer erhoben, jedoch aus verschiedenen Gründen zwischenzeitlich auch wieder abgeschafft. Doch wie in Deutschland hat die Abschaffung nicht dazu geführt, dass die Diskussionen beendet waren. Vielmehr wird in fast allen Staaten über die (Wieder-)Einführung einer allgemeinen Vermögensteuer diskutiert. Jedoch liegen derzeit in keinem der Staaten konkrete Umsetzungspläne vor.
Die Betrachtung der Grundsteuern in den acht Staaten zeigt, dass die Bewertung des Grundvermögens – wie in Deutschland – in vielen Staaten auf der Basis von Einheitswerten oder fortgeschriebenen Verkehrswerten erfolgt. Der Grund liegt insbesondere in dem hohen administrativen Aufwand, der durch eine jährliche Feststellung von Verkehrswerten entsteht. Derart alte Werte wie der deutsche Gesetzgeber legt jedoch keines der anderen Staaten der Besteuerung zugrunde.
Im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer macht der Vergleich deutlich, dass alle Staaten hohe Freibeträge, insbesondere für einen Vermögensübergang durch Erbfolge an einen Ehegatten (oder Lebenspartner), vorsehen. Zum Teil wird in diesem Fall der gesamte Vermögensanfall von der Besteuerung befreit. Zudem beinhalten die Steuersysteme aller Staaten – mit Ausnahme der USA – eine zumindest teilweise Verschonung für Unternehmensvermögen. Als Rechtfertigung dafür wird insbesondere die Sicherung von Arbeitsplätzen bei einem Übergang des Unternehmens auf die nächste Generation angeführt. Voraussetzung für die Begünstigung von Unternehmensvermögen ist jedoch i. d. R. – wie in Deutschland – die Einhaltung bestimmter Behaltensfristen und zusätzlicher Voraussetzungen. Zudem wird grds. nur Vermögen begünstigt, das auch wirklich der Tätigkeit des Unternehmens und damit dem Erhalt der Arbeitsplätze dient. Die Abgrenzung von Produktivvermögen und Verwaltungsvermögen, das nicht für den Betrieb genutzt wird, gestaltet sich in allen Staaten schwierig und ist häufig Gegenstand von Diskussionen zwischen Stpfl. und der Finanzverwaltung. Die Steuersätze sind im Grundsatz in der Mehrzahl der Staaten davon abhängig, in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Erblasser oder Schenker und der Begünstigte zueinander stehen. Zudem steigt der Steuersatz mit der Höhe des gesamten übergehenden Vermögens in Form eines Stufentarifs an. Die Bandbreiten zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Steuersatz sind in vielen Staaten sehr groß.
Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht fügt sich ihrem Grundkonzept nach in das internationale Besteuerungsumfeld ein. Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF hat sich für eine gänzliche Abschaffung der Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen sowie für eine Verminderung sämtlicher Freibeträge ausgesprochen. Eine Umsetzung dieser Vorschläge würde zu einer international unüblichen Besteuerung führen. Damit dürfte der Standort Deutschland geschwächt werden.
Im Ergebnis zeigt der internationale Vergleich, dass die deutsche Vermögensbesteuerung internationalen Standards entspricht.
(Zitiervorschlag: Lenz, Steuerboard DB0491010)