Die Cash-GmbH geht weiter – aber wie lange noch?

RA Dr. Christoph Philipp, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

Die Empfehlung des Bundesrats zur Beseitigung der ErbSt-Begünstigung sog. Cash-GmbHs wird heftig diskutiert (vgl. dazu etwa Viskorf, Steuerboard DB0492242). Bis zuletzt war unklar, ob der Bundestag diese Regelung (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG-E) in seiner Sitzung vom 25. 10. 2012 beschließen würde.

Der Bundestag hat die Einschränkung der Cash-GmbH bislang nicht beschlossen. Derzeit zählen daher insbesondere Zahlungsmittel und Bankguthaben weiterhin nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen i. S. von § 13b Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Kapitalgesellschaften, deren Vermögen überwiegend aus „Cash“ besteht, können deshalb weiterhin steuerfrei verschenkt oder vererbt werden. Die Nutzung der Cash-GmbH als Gestaltungsinstrument wurde vom BFH mit Beschluss vom 27.  9.  2012 (II R 9/11, DB0524035) zwischenzeitlich sogar ausdrücklich gebilligt. Das Gericht hat festgestellt, dass es sich hierbei um eine vom Gesetzgeber geschaffene Gestaltungsmöglichkeit handelt, deren Nutzung nicht als missbräuchlich angesehen werden kann. De lege lata wurde somit hinsichtlich der Cash-GmbH zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen.

Es stellt sich daher derzeit vor allem die Frage, wie lange dieses Gestaltungsinstrument noch genutzt werden kann, d. h. insbesondere, wann der Vertrauensschutz des Stpfl. auf die derzeit geltende Rechtslage endet. Es ist nämlich durchaus denkbar, dass Bundesrat und Bundestag sich im Vermittlungsausschuss doch noch darauf einigen, § 13 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG-E einzuführen. Nach der geplanten Anwendungsregelung wäre die Norm auf alle Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Bundestags entsteht (§ 37 Abs. 9 ErbStG-E). Nach einer Einigung im Vermittlungsausschuss könnte die Norm in einer sog. vierten Lesung des Bundestags, d. h. frühestens Ende November, beschlossen werden. Dieser Tag wäre dann der maßgebliche Stichtag i. S. der Anwendungsregelung. Eine Rückbeziehung auf den 26. 10. 2012 wäre mit dem Wortlaut nicht vereinbar. „Beschlossen“ wurde die Regelung am 25. 10. 2012 eindeutig nicht. Bis einschließlich zum Tag der vierten Lesung übertragene Cash-GmbHs fallen damit weiterhin unter das derzeit geltende ErbSt-Recht.

Meines Erachtens ist jedoch auch mit der künftigen Beschlussfassung des Bundestags die Cash-GmbH noch nicht begraben. Denn die Anwendungsregelung hätte eine belastende Rückwirkung für den Zeitraum zwischen Beschlussfassung und Verkündung des neuen Gesetzes zur Folge, die verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist.

Durch die Anwendungsregelung würde eine bereits vor der Verkündung des Gesetzes  entstandene Erbschaft- oder Schenkungsteuerschuld nachträglich abgeändert (sog. echte Rückwirkung; vgl. dazu u. a. BVerfG-Beschluss vom 3. 12. 1997 – 2 BvR 882-97). Zwar kann nach der Rspr. des BVerfG der Gesetzgeber selbst in Fällen der echten Rückwirkung berechtigt sein, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Norm auf den Zeitraum von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (BVerfG-Beschluss vom 3. 12. 1997 – 2 BvR 882-97, DB 1998 S. 653). Angesichts der jüngeren Rspr. des BVerfG zur (bislang regelmäßig zulässigen) unechten Rückwirkung dürfte dies jedoch nur in Ausnahmefällen gelten (BVerfG-Beschlüsse vom 7. 7. 2010 – 2 BvL 14/02, 2 BvR 748/05 und 2 BvL 1/03, DB 2010 S. 1858 = DStR 2010 S. 1727).

Ein solcher Ausnahmefall liegt in Bezug auf Cash-GmbHs freilich nicht vor. Insbesondere ist das derzeitige ErbSt-Recht – trotz des o. g. Beschlusses des BFH vom 27. 9. 2012  – nicht so erkennbar verfassungswidrig und nichtig, dass der Stpfl. jederzeit mit einer Neuregelung rechnen muss (zu dieser Ausnahme vgl. BVerfG-Beschluss vom 24. 7. 1957 – 1 BvL 23/52).  Vielmehr ist derzeit noch völlig offen, ob das BVerfG dem BFH insoweit folgen wird. Der Gesetzgeber hat die Gestaltungsmöglichkeit „Cash-GmbH“ sehenden Auges geschaffen und inzwischen fast vier Jahre lang hingenommen. Die Notwendigkeit, sie dem Stpfl. nun quasi über Nacht zu entziehen, lässt sich nicht plausibel begründen. Angesichts der Tatsache, dass bereits vor dem 26. 10. 2012 zahlreiche Übertragungen von Cash-GmbHs stattgefunden haben, dürfte dies auch aus fiskalischer Sicht zu verkraften sein.

Unabhängig von der Ausgestaltung des § 13 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG-E sollte die Anwendungsregelung in § 37 ErbStG-E gestrichen werden. Andernfalls würde das in Teilbereichen möglicherweise ohnehin schon verfassungswidrige ErbSt-Recht unnötig um einen weiteren Verfassungsverstoß ergänzt. Dieses Ärgernis sollte der Gesetzgeber den Stpfl. und sich selbst ersparen.

(Zitiervorschlag: Philipp, Steuerboard DB0556489)

 

 

 

Kommentare sind geschlossen.