Vermittlungsergebnis bei der Dividendenbesteuerung lässt Fragen offen

RA/StB Andreas Patzner ist Partner bei der KPMG AG, Frankfurt

Nachdem der Bundesrat dem Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. 10. 2011 (Rs. C-284/09, DB0461388) zu Dividendenzahlungen an bestimmte gebietsfremde EU/EWR-Körperschaften (EuGHDivUmsG) nicht zugestimmt hat, hat die Bundesregierung am 19. 12. 2012 den gemeinsamen Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen. In seiner Sitzung am 26. 2. 2013 hat der Vermittlungsausschuss einen Einigungsvorschlag beschlossen. Der Bundestag hat den Einigungsvorschlag sodann am 28. 2. 2013 gegen das Votum der Linksfraktion angenommen. Die Zustimmung des Bundesrats erfolgte am 1. 3. 2013.

Ziel des geplanten Gesetzes ist es, eine Schlechterstellung von in der EU bzw. dem EWR-Raum ansässigen Dividendenempfängern gegenüber deutschen Kapitalgesellschaften zu vermeiden. Dies geschieht in zweierlei Weise:

Der Vorschlag sieht im Kern die Erstattung der einbehaltenen KapESt unter bestimmten Voraussetzungen für die Vergangenheit und die Besteuerung von Streubesitzdividenden für die Zukunft vor (erstmals für Dividenden, die nach dem 28. 2. 2013 zufließen). Für Veräußerungsgewinne ist hingegen keine Änderung geplant.

Der Gesetzentwurf unterscheidet zwei Dividendenbezugszeiträume:

Für Dividenden, die bis zum 28. 2. 2013 zufließen, wird ausländischen Dividendenempfängern die Möglichkeit der Erstattung der deutschen KapESt eingeräumt, wenn sie u. a. nachweisen, dass sie im EU- bzw. EWR-Raum ansässige Körperschaften sind, die in ihrem Heimatstaat nicht steuerbefreit sind und die die deutsche KapESt im Heimatstaat nicht anrechnen können.

Für Dividenden, die ab dem 1. 3. 2013 zufließen, wird die bestehende Steuerbefreiung von Dividendenerträgen nach § 8b Abs. 1 KStG für deutsche Körperschaften abgeschafft, sofern die deutsche Körperschaft keine Mindestbeteiligung von 10% an der dividendenzahlenden Gesellschaft innehat.

De facto führt die Regelung dazu, dass bis zum 28. 2. 2013 bei Streubesitzdividenden ausländische Kapitalgesellschaften durch den KapESt-Erstattungsanspruch nachträglich besser und ab dem 1. 3. 2013 deutsche Kapitalgesellschaften schlechter gestellt werden. Praktisch beschränkt sich die Regelung auf Kapitalgesellschaften. Für diesen kleinen Kreis der Dividendenempfänger wird damit versucht, die Verletzung der EU-rechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit zu bereinigen.

Es fällt auf, dass der Gesetzgeber eine darüber hinausgehende Gleichstellung von in- und ausländischen Dividendenempfängern offensichtlich (noch) nicht anstrebt. Insbesondere wird allgemein davon ausgegangen, dass bei folgenden, nicht im Fokus des Gesetzentwurfs stehenden Anlegern weiterhin gesetzlicher Handlungsbedarf besteht:

–    Nicht in der EU bzw. dem EWR-Raum ansässige Kapitalgesellschaften, obwohl die Kapitalverkehrsfreiheit grds. auch im Verhältnis zu Drittstaaten Anwendung findet.

–    Ausländische Banken, die Aktien im Handelsbuch halten, und ausländische Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen. Eine Diskriminierung kann sich bei diesen ergeben, wenn vergleichbare deutsche Unternehmen bei Nettobetrachtung die Dividenden nicht versteuern würden.

–    Natürliche Personen, bei denen eine Nettobetrachtung bei steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland keine Dividendenbesteuerung ergeben würde.

–     Ausländische Investmentfonds, gemeinnützige und öffentliche Einrichtungen (wenn sie mit in Deutschland steuerbefreiten Körperschaften oder Einrichtungen vergleichbar sind).

In Anbetracht der angespannten Haushaltslage ist zu erwarten, dass Deutschland es vielen anderen europäischen Staaten gleichtun und sich diesen weitergehenden Herausforderungen erst dann stellen wird, wenn sich dies gar nicht mehr vermeiden lässt.

 

 

 

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