Besteuerung von Trust-Ausschüttungen an inländische Begünstigte – Doppelbesteuerung durch Einkommen- und Schenkungsteuer?

RA/StB/FAStR Dr. Jens Escher LL.M., Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Die einkommen- und schenkungsteuerliche Behandlung von Ausschüttungen eines ausländischen Trusts an inländische Begünstigte ist durch die Rspr. noch nicht abschließend geklärt und im Schrifttum nach wie vor umstritten. In einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. 9. 2012 (II R 45/10, BFH/NV 2013 S. 136 = DB0557096) hat der zweite Senat des BFH nun entschieden, dass Trust-Ausschüttungen grds. der SchenkSt unterliegen. Bedauerlicherweise enthält dieses Urteil allerdings keine Aussage zum Konkurrenzverhältnis der SchenkSt zur ESt in dieser Konstellation. Eine Doppelbesteuerung der Ausschüttungen durch ESt und SchenkSt, wie sie im Schrifttum zum Teil für möglich gehalten wird, wäre jedoch systemwidrig. Vielmehr muss die ESt in diesem Fall aus systematischen Gründen zurücktreten.

 

Entscheidung des BFH vom 27. 9. 2012 zur schenkungsteuerlichen Behandlung von Trust-Ausschüttungen

Satzungsmäßige Ausschüttungen (rechtsfähiger) in- und ausländischer Familienstiftungen unterliegen nach der Rspr. und der Verwaltungspraxis nicht der SchenkSt, da Rechtsgrund der Leistung keine freigebige Zuwendung, sondern die jeweilige Satzung ist (vgl. RFH-Urteil vom 8. 3. 1922, StuW 22, Nr. 640; BFH-Urteil vom 12. 10. 2011 – I R 102/10, BFH/NV 2012 S. 517 = DB 2012 S. 554). Dies gilt selbst dann, wenn die Ausschüttung im Ermessen eines Stiftungsorgans steht (vgl. hierzu auch BGH-Urteil vom 7. 10. 2009 – Xa ZR 8/08, DB0339224 = NJW 2010 S. 234). Kraft ausdrücklicher Anordnung im Gesetz unterliegt jedoch der Erwerb bei Aufhebung einer Stiftung der SchenkSt (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG).

Demgegenüber hat der Gesetzgeber für (aus inländischer Sicht nicht rechtsfähige) Vermögensmassen ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, explizit angeordnet, dass sowohl der Erwerb anlässlich der Auflösung der Vermögensmasse als auch der Erwerb durch „Zwischenberechtigte“ während des Bestehens der Vermögensmasse der SchenkSt unterliegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG). Von dieser Regelung sind insbesondere nach ausländischem Recht errichtete Trusts erfasst, jedenfalls dann, wenn diese unwiderruflich errichtet und voll diskretionär ausgestaltet sind (umfassende Herrschaftsbefugnisse des Errichters dürften bereits einen steuerlich anzuerkennenden Vermögensübergang auf den Trust hindern, vgl. BFH-Urteil vom 28. 6. 2007 – II R 21/05, BStBl. II 2007 S. 669 = DB0225548).

Nach der Entscheidung des BFH vom 27. 9. 2012 sind „Zwischenberechtigte“ mit Ausnahme des Trusterrichters alle Personen, die während des Bestehens des Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten. Zum steuerbaren Erwerb zähle alles, was die Begünstigten vor Auflösung des Trusts aus dessen Vermögen oder Erträgen erhielten. Dies gelte selbst dann, wenn die Ausschüttung nicht auf einer Ermessensausübung des Trustees, sondern auf einem sich aus der Trust-Urkunde ergebenden unentziehbaren Rechtsanspruch des Begünstigten beruhe.

Ertragsteuerliche Behandlung von Trust-Ausschüttungen

In einer älteren Entscheidung ging der BFH noch davon aus, dass Ausschüttungen eines (unwiderruflichen, voll diskretionären) Trusts als wiederkehrende Bezüge i. S. des § 22 Nr. 1 EStG zu qualifizieren seien, also dem Grunde nach der ESt unterlägen (BFH-Urteil vom 2. 2. 1994 – I R 66/92, BStBl. II 1994 S. 727 = DB 1994 S. 1018). Seit der Erweiterung des Tatbestandes des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf Leistungen ausländischer Körperschaften durch das JStG 2010 könnte auch diese Norm einschlägig sein, wenngleich es sehr fraglich erscheint, ob die Ausschüttungen eines unwiderruflichen, voll diskretionären Trusts als einer „Gewinnausschüttung i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar“ qualifiziert werden können. Die Destinatäre dürften jedenfalls keine „einem Gesellschafter vergleichbare Stellung“ innehaben, da sie keinen Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten des Trusts nehmen können (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 3. 11. 2010 – I R 98/09, BFH/NV 2011 S. 671 = DB 2011 S. 451). Da die Finanzverwaltung die Ausschüttungen von Familienstiftungen allerdings ohne jede Einschränkung insoweit zu den Kapitaleinkünften i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zählen will, als die Ausschüttungen aus Erträgen der Stiftung stammen (BMF-Schreiben vom 27. 6. 2006 – IV B 7 – S 2252 – 4/06, BStBl. I 2006 S. 417 = DB 2006 S. 1464), könnte die Finanzverwaltung auch Ausschüttungen aus den Erträgen eines Trusts diesem Tatbestand zuordnen wollen.

Konkurrenzverhältnis zwischen ESt und SchenkSt

Das Konkurrenzverhältnis zwischen ESt und SchenkSt ist nicht abschließend geklärt. Jedenfalls in den Fällen, in denen das die Steuer auslösende Ereignis bzw. der Stichtag der Steuerentstehung nicht identisch sind (z. B. bei unentgeltlichem Erwerb von Wertpapieren mit nicht realisierten Wertsteigerungen und anschließendem Verkauf durch den Erwerber), geht der BFH bislang davon aus, dass eine Mehrfachbelastung der stillen Reserven wegen des Nebeneinanders von Stichtagsprinzip (ErbSt und SchenkSt) und Realisationsprinzip (ESt) weder system- noch verfassungswidrig sei (vgl. BFH-Urteil vom 7. 10. 2010 – II R 23/09, BStBl. II 2010 S. 641). Ob die kumulative Belastung mit ErbSt/SchenkSt und ESt tatsächlich verfassungskonform ist, wird das BVerfG im Rahmen einer gegen die zitierte Entscheidung anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 1432/10) entscheiden können.

Der achte Senat des BFH hat in einem jüngeren Beschluss jedenfalls in überzeugender Weise dargelegt, dass sich ESt und SchenkSt zumindest dann wechselseitig aus systematischen Gründen ausschließen, wenn der Bereicherung des Erwerbers ein und derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt, das auslösende Ereignis also identisch ist (BFH-Beschluss vom 12. 9. 2011 – VIII B 70/09, BFH/NV 2012 S. 229 = DB0469885; anders noch Urteil vom 14. 3. 2006 – VIII R 60/03, BStBl. II 2006 S. 650 = DB 2006 S. 1590). Grds. sei es tatbestandlich ausgeschlossen, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG) als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen. Wenn jemand einer anderen Person etwas schenken wolle, sei seine Handlung gerade keine Erwerbshandlung, denn sie sei nicht auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen, ausgelegt. Fehle es jedoch an der notwendigen Erwerbshandlung, komme eine Erfassung von Erträgen als Einkünfte i. S. des EStG grds. nicht in Betracht und die Ertragsbesteuerung müsse zurücktreten.

Diese Grundsätze müssen umso mehr gelten, wenn der Gesetzgeber einen Lebenssachverhalt durch Schaffung eines Sondertatbestandes wie § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG explizit einer Steuerart zugeordnet hat. Unterliegt die mit einer Trust-Ausschüttung verbundene Bereicherung also nach der gesetzgeberischen Entscheidung tatbestandlich in vollem Umfang (d. h. sowohl in Bezug auf die ausgeschüttete Vermögenssubstanz als auch in Bezug auf die ausgeschütteten Vermögenserträge) der SchenkSt, so muss die ESt aus systematischen Gründen insgesamt zurücktreten.

 

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