Anteilstausch im Privatvermögen – steuerneutral möglich?

StB Dipl.-Kfm. Peter F.  Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

StB Dipl.-Kfm. Peter F. Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

Bei der Übertragung von Unternehmen kommt Umwandlungsvorgängen regelmäßig eine große Bedeutung zu. Dabei spielen die Vorschriften des Umwandlungs- und des Umwandlungssteuergesetzes die entscheidende Rolle. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften von unter 1%, die im Privatvermögen gehalten werden, wurde mit dem Jahressteuergesetz 2009 die Regelung des § 20 Abs. 4a EStG eingeführt. Diese Regelung geht den allgemeinen Regelungen des Umwandlungsteuergesetzes vor und bietet insbesondere für sog. Alt-Anteile, also Anteile die vor dem 1. 1. 2009 angeschafft wurden, interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Dies gilt z. B. für Management-Beteiligungs-Programme, aber auch in klassischen Private-Equity-Konstellationen kann die Vorschrift relevant werden.

Die Regelung im Überblick

Mit der Einführung des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG gibt es nun drei mögliche Varianten, wie ein Anteilstausch steuerlich zu behandeln ist, je nachdem, wie sich der Sachverhalt konkret darstellt:

(i) Grundsätzlich ist ein Tauschvorgang als Realisierungsvorgang zu bewerten und damit zwingend steuerwirksam. (ii) Sind die Normen des UmwStG einschlägig, kann der Tausch auf Antrag steuerneutral sein. (iii) Liegen die Voraussetzungen für einen Tausch von Anteilen im Privatvermögen vor, ist der Tausch für die Anteilseigner nach § 20 Abs. 4 a EStG zwingend steuerneutral.

Die Regelung wurde mit dem Jahressteuergesetz 2009 erstmals eingeführt, wobei der Anwendungsbereich zunächst nur ausländische Körperschaften erfasste. Das Jahressteuergesetz 2010 erweiterte den Anwendungsbereich dann aber bereits auf inländische Körperschaften.

Ziel des Gesetzgebers war es, die Erhebung der Abgeltungsteuer praktikabler zu gestalten. Denn ohne die neue Regelung würde beim Anteilstausch immer eine Realisierung angenommen, sodass Abgeltungsteuer auf einen Vorgang abgeführt werden müsste, bei dem es gar nicht zu einem Zufluss von Geldbeträgen gekommen ist. Die Bewertung eines solchen Vorgangs und des aus ihm resultierenden Gewinns stellt sich in der Praxis oftmals als äußerst schwierig dar.

Um dieses Problem zu umgehen, wird also die Besteuerung des Veräußerungsgewinns zeitlich hinausgeschoben auf den Zeitpunkt, in dem durch die Veräußerung der erworbenen Anteile tatsächlich Geld fließt. Die Bewertung ist dann natürlich deutlich einfacher, was v. a. Kreditinstitute betreffen wird, die üblicherweise zur Abführung der Abgeltungsteuer verpflichtet sein werden. Zentraler Regelungsgehalt der Vorschrift ist damit, dass der Anteilstausch abweichend von den sonst geltenden Regelungen steuerfrei bleibt und erst bei einer späteren Veräußerung der mit dem Tausch erworbenen Anteile als Veräußerungsgewinn oder -verlust zu versteuern ist.

Von besonderem Interesse dürfte die Tatsache sein, dass die neu erworbenen Anteile mit der sog. „Fußstapfentheorie“ an die Stelle der weggetauschten Anteile treten und deren Eigenschaften übernehmen.

Sonderfälle

§ 20 Abs. 4a EStG enthält dann noch weitere Sonderregelungen für den Fall, dass zusätzlich zu den Anteilen eine Gegenleistung erbracht wird, zur Ausübung bzw. Veräußerung von Andienungs- und Gestaltungsrechten bei Kapitalforderungen und Bezugsrechten, zur Gewährung von Frei- oder Bonusanteilen sowie zum für die steuerliche Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs relevanten Zeitpunkt der Depoteinbuchung.

Insbesondere ist zu beachten, dass der Anteilstausch nur steuerfrei ist, soweit tatsächlich nur Anteile als Gegenleistung gewährt werden. Wenn hingegen der Steuerpflichtige zusätzlich zu den neuen Anteilen eine Gegenleistung, etwa eine Geldzahlung, erhält, gilt diese als steuerpflichtiger Ertrag in der Form einer Dividende.

Voraussetzungen und Rechtsfolgen

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 4a EStG ist zuallererst, dass der betroffene Anteilseigner unter 1% der Anteile an der fraglichen Körperschaft in seinem Privatvermögen hält und es sich auch nicht um sog. einbringungsgeborene Anteile handelt.

Außerdem muss der Anteilstausch auf gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen wie Verschmelzungs- oder Aufspaltungsbeschlüssen der Gesellschafter, Übernahmeangeboten o.ä. beruhen. Damit sollen Tauschvorgänge zwischen Privatanlegern auf freiwilliger Basis vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden.

Zu guter Letzt findet § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG nur dann Anwendung, wenn durch den Tauschvorgang das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen nicht beschränkt oder ausgeschlossen wird. Wenn also bereits vor dem Anteilstausch kein deutsches Besteuerungsrecht bestand und ein solches auch danach nicht eintritt, ist die Regelung auf in Deutschland steuerpflichtige Anteilseigner gleichwohl anwendbar.

Es wird damit also zwingend Steuerneutralität des Tauschvorgangs angeordnet und ausdrücklich die Anwendbarkeit der sonst einschlägigen Normen des UmwStG ausgeschlossen. Wie die übernehmende Gesellschaft die Anteile dann bilanziell ansetzt, wird hingegen nicht geregelt; es besteht also keine zwingende Buchwertverknüpfung. Demgegenüber wäre unter den ohne die Existenz von § 20 Abs. 4a EStG anwendbaren Normen des UmwStG grundsätzlich ein Ansatz mit dem gemeinen Wert erfolgt. Nur im Fall, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hat, könnte dann auf Antrag eine Buchwertfortführung erfolgen.

Fußstapfentheorie – besondere Relevanz für Alt-Anteile

Nach dem Wortlaut des Gesetzes treten im Rahmen des § 20 Abs. 4a EStG die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile. Damit sind zunächst die Anschaffungskosten der weggetauschten Anteile in den neuen Anteilen fortzuführen. Diese in der Literatur als „Fußstapfentheorie“ titulierte Rechtsfolge ist insbesondere von Interesse im Zusammenhang mit sog. Alt-Anteilen, die vor dem 1. 1. 2009 erworben wurden. Denn für diese Alt-Anteile gilt noch das alte Steuerregime, unter dem die Veräußerung von Anteilen, die länger als ein Jahr gehalten wurden, steuerfrei ist. Demgegenüber unterfällt die Veräußerung von Beteiligungen von unter 1% heute der KapESt von 25% zzgl. SolZ, d. h. es entsteht eine Steuerbelastung von insgesamt 26,375%. Werden nun also Alt-Anteile im Rahmen eines Anteilstausches hingegeben für Anteile an der übernehmenden Körperschaft, führt die Fußstapfentheorie dazu, dass die neuen Anteile ebenfalls als Alt-Anteile im oben beschriebenen Sinn zu behandeln sind: Das Anschaffungsdatum der hingegebenen Anteile geht auf die neu erworbenen Anteile über, sodass eine steuerfreie Veräußerung jederzeit möglich ist.

Praxis

Insbesondere also, wenn ein Anteilseigner (auch) Alt-Anteile hält, wird für ihn der steuerneutrale Anteilstausch nach § 20 Abs. 4a EStG interessant sein. Zu bedenken ist allerdings, dass im Rahmen des Tauschs anfallende Transaktionskosten wie Bankprovisionen, Makler- und Börsengebühren im Zeitpunkt des Anteilstauschs nicht geltend gemacht werden können. Ob diese Kosten als nachträgliche Anschaffungskosten für die erhaltenen Anteile berücksichtigungsfähig sind, ist bislang nicht geklärt. Es sollte also bis zu einer Klärung dieser Frage damit gerechnet werden, dass diese Kosten überhaupt nicht geltend gemacht werden können.

Erwägt zukünftig eine Privatperson, z. B. auch im Rahmen eines Management-Beteiligungs-Programms, in geringem Ausmaß Anteile an einer Körperschaft zu erwerben, ist es durchaus erwägenswert, für den Fall eines späteren Anteilstauschs die Beteiligung unter 1% zu halten. Zwar bestehen nicht mehr die Vorteile für vor dem 1. 1. 2009 erworbene Anteile. Doch macht sich der Anleger einen Liquiditätsvorteil zunutze, denn bei einem Anteilstausch wird die Besteuerung zumindest bis zum Zeitpunkt einer tatsächlichen Veräußerung hinausgeschoben.

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