Das FG München hat mit Urteil vom 29.7.2013 (7 K 190/11) auf eine interessante Besteuerungsfolge für ausländische Kapitalgesellschaften hingewiesen: Veräußert eine solche Gesellschaft die von ihr an einer immobilienhaltenden vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehaltenen Anteile, kann die Anteilsveräußerung unter bestimmten Bedingungen in Deutschland nicht besteuert werden. Die Belegenheit der Immobilien in Deutschland führt also nicht zwangsläufig zur deutschen Besteuerung.
Urteilsfall
Das Urteil des FG München betrifft folgende Konstellation:
Eine niederländische Gesellschaft in der Rechtsform einer „Besloten Vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (BV)“ – vergleichbar der GmbH – hielt mehr als zehn Jahre Anteile an einer inländischen KG mit deutschem Immobilieneigentum. Diese KG-Anteile und damit mittelbar das in Deutschland belegene Immobilieneigentum wurden sodann durch die BV veräußert.
Nach Ansicht des FG München mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 29.7.2013 und entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung ist der Veräußerungsgewinn nicht in Deutschland zu besteuern.
Begründung des Finanzgerichts
Das FG München stützt sich zur Begründung darauf, dass kein Tatbestand der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 EStG erfüllt war.
- Die Veräußerung der Anteile an einer vermögensverwaltenden KG kann mangels einer inländischen Betriebsstätte nicht von § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG erfasst werden.
- Auch eine Anwendung der immobilienbezogenen (Veräußerungs-)Klauseln des § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG oder § 49 Abs. 1 Nr. 8 EStG kamen nicht in Betracht.
Denn die Veräußerung von Anteilen an einer immobilienhaltenden vermögensverwaltenden Personengesellschaft kann nach Ansicht des FG München insbesondere nicht mit einer direkten Veräußerung von Immobilien durch einen Steuerausländer gleichgestellt werden.
Eine solche direkte Immobilienveräußerung durch eine ausländische Kapitalgesellschaft führt nach der gesetzlichen Ausgangslage zu fiktiv gewerblichen Einkünften (§ 49 Abs. 1 Nr. 2f Satz 2 EStG). Die Anteilsveräußerung hingegen unterfällt nicht diesem Tatbestand, weder nach dessen Wortlaut noch nach der Systematik.
Dafür spricht nach Ansicht des FG München insbesondere, dass der Gesetzgeber die Fälle ausdrücklich geregelt hat, bei denen eine Veräußerung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft steuerlich gleichgestellt wird mit der Veräußerung der durch die Personengesellschaft gehaltenen Vermögenswerte. So sieht § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG für den privaten Steuerinländer vor, dass die Veräußerung eines Anteils an einer immobilienhaltenden Personengesellschaft für Zwecke des § 23 EStG als direkte Immobilienveräußerung gilt. Auch bei § 17 EStG wird die „mittelbare“ Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ausdrücklich der Besteuerung unterworfen. Bei der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG hingegen fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung. Auch über eine Bruchteilsbetrachung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kann eine Besteuerung nicht angenommen werden, da diese Norm nur das Ergebnis eines durch eine Personengesellschaft verwirklichten Steuertatbestands der Gesellschaft anteilig zurechnet, mehr aber auch nicht. Die Immobilienveräußerung durch die KG hätte also zur Besteuerung geführt, nicht jedoch die Anteilsveräußerung an der KG. - Eine Besteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 8 EStG – der eben auch auf § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG verweist und damit entsprechende Anteilsveräußerungen mit erfasst – kam im Urteilsfall nicht in Betracht, da die zehnjährige Spekulationsfrist bereits abgelaufen war.
- Ob und inwieweit die Veräußerung von Anteilen an immobilienhaltenden vermögensverwaltenden Personengesellschaften nach den DBA überhaupt als „Veräußerung“ von Immobilienvermögen anzusehen ist (und damit im Belegenheitsstaat besteuert werden kann), musste das FG München nicht entscheiden. Es mangelte bereits an der Ausübung eines solchen etwaigen Besteuerungsrechts durch § 49 EStG.
Nur direkte „Veräußerungen“ werden von § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG erfasst
Das FG München folgt mit dem Urteil der Rechtsprechung des BFH sowie der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum und befindet sich damit in guter Tradition. Der Gesetzgeber musste beispielsweise auch § 23 EStG nachbessern, nachdem der BFH entsprechende Anteilsveräußerungen i.R. des § 23 EStG als nicht steuerpflichtig ansah.
Das Urteil des FG München zeigt, dass der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG eng auszulegen ist. Auch andere Formen indirekter Veräußerungen oder auch unentgeltliche Rechtsgeschäfte in Bezug auf inländische Immobilien werden durch § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG nicht erfasst. So sollten beispielsweise die verdeckte Einlage / Ausschüttung von Immobilien, die Aufgabe eines immobilienhaltenden Gewerbebetriebs oder die Überführung von Immobilien in eine inländische Betriebsstätte nicht zu besteuern sein (Lüdicke, Lademann, § 49 EStG, Rn. 8).
Auch nicht erfasst von § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird die Anteilsveräußerung an gewerblich geprägten immobilienhaltenden Personengesellschaften, wenn diese z.B. mangels Komplementär mit Verwaltungssitz im Inland über keine Betriebsstätte verfügen. Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung (OFD Münster, Verfügung vom 5.9.2011, Tz. II. 1) sollte nach dem Urteil des FG München keinen Bestand mehr haben.
4. Fazit
Das Urteil des FG München erweckt jedenfalls bei langfristig orientierten ausländischen Gesellschaften, die deutsche Immobilien über (vermögensverwaltende) Personengesellschaften halten, Gestaltungsspielräume. Sofern die 10-Jahres-Frist des § 23 EStG abgelaufen ist, können demnach ausländische Kapitalgesellschaften ohne Betriebsstätte im Inland durch Veräußerung von Anteilen an einer immobilienhaltenden Personengesellschaft den Veräußerungsgewinn ertragsteuerfrei vereinnahmen. Die weitere Entwicklung ist jedoch mit Sorgfalt zu beobachten. Eine gesetzgeberische Reaktion auf das Urteil ist nicht ausgeschlossen.