In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob hybride Gesellschaften auf Basis von Art. 1 Abs. 7 DBA-USA Anspruch auf den ermäßigten Quellensteuersatz gem. Art. 10 Abs. 2 a) DBA-USA geltend machen können. Das BFH-Urteil vom 26.06.2013 (Az. I R 48/12, DB0628419) schafft Klarheit.
Dem BFH-Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine U.S. Kapitalgesellschaft („S-Corp“) ist mit einem Geschäftsanteil von 50% unmittelbar an einer deutschen GmbH beteiligt. Nach Subchapter S (Section 1361-1379) des Internal Revenue Code der USA ist S-Corp in den USA als transparente Gesellschaft nicht körperschaftsteuerpflichtig. Dem entgegen unterliegt S-Corp auf Basis des deutschen Rechtstypenvergleichs mit ihren inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Streitig war die Rechtsfrage, ob S-Corp in Bezug auf den Erhalt einer Dividendenzahlung ihrer deutschen Tochtergesellschaft einen Quellensteuerermäßigungsanspruch nach Art. 10 Abs. 2 a) DBA-USA geltend machen kann.
Der reduzierte Quellensteuersatz in Höhe von 5% ist gem. Art. 10 Abs. 2 a) DBA-USA zu gewähren, sofern die Dividende von einer in den USA ansässigen und nutzungsberechtigten Person bezogen wird und diese Person eine Gesellschaft ist, die zu mindestens 10% unmittelbar an den stimmberechtigten Anteilen der die Dividende zahlenden Gesellschaft beteiligt ist.
Das FG-Köln (Az. 2 K 3928/09) hatte in der Vorinstanz die Gewährung des reduzierten Quellensteuersatzes abgelehnt. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass – ungeachtet der Anwendung von Art. 1 Abs. 7 DBA-USA – die Ansässigkeitsvoraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 DBA-USA erfüllt seien müssten. Da S-Corp in den USA eine nicht steuerpflichtige transparente Gesellschaft darstelle, seien die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 DBA-USA und mithin des Art. 10 Abs. 2 a) DBA-USA nicht erfüllt.
BFH-Entscheidung
Mit der Revisionsentscheidung widersprach der BFH der rechtlichen Würdigung des FG-Köln und urteilte, dass Art. 1 Abs. 7 DBA-USA geeignet sei die Ansässigkeit hybrider Gesellschaften zu fingieren. Hierfür spreche sowohl die systematische Stellung der Norm in dem allgemeinen Geltungsbereich des DBA-USA als auch dessen Wortlaut. Denn dieser erfordere gerade nicht, dass die Person, die in den USA mit dem Einkommen steuerpflichtig ist auch die Person ist, welche die Einkünfte für Abkommenszwecke erzielt. Vielmehr werde S-Corp aus Abkommenssicht gem. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA als in den USA ansässige Person fingiert, wenn die Dividende in den USA als Einkünfte einer ansässigen Person steuerpflichtig ist.
Die Frage der Nutzungsberechtigung ist nach h.M. aus der Perspektive des Quellenstaats zu beantworten. Aus deutscher Sicht bezieht S-Corp die Dividende als beschränkt steuerpflichtige Körperschaft und gilt mithin als Nutzungsberechtigter.
Im Ergebnis kann S-Corp als ansässige Person gem. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA Anspruch auf den reduzierten Quellensteuersatz gem. Art. 10 Abs. 2 a) DBA-USA geltend machen, obwohl S-Corp aus Sicht der USA eine transparente Gesellschaft darstellt.
Rechtliche Implikationen
Die rechtliche Würdigung des BFH ist m.E. nicht nur auf eine S-Corporation sondern auch auf andere Typen hybrider Gesellschaften (z.B. Limited Liability Company) anzuwenden, die aus US-Sicht als transparent aber aus deutscher Sicht als intransparent angesehen werden. Darüber hinaus entfaltet die Entscheidung m.E. Praxisrelevanz in Bezug auf die Missbrauchsvermeidungsvorschrift des § 50d Abs. 3 EStG. Neben weiteren Voraussetzungen versagt § 50d Abs. 3 EStG die Anwendung des reduzierten Quellensteuersatzes von 5%, wenn die Beteiligung an der die Dividende erhaltenen ausländischen Gesellschaft von Personen gehalten wird, die zu keiner Quellensteuerermäßigung berechtigt wären, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielen würden. Bis dato hatte die Finanzverwaltung eine Argumentationsgrundlage die Quellensteuerermäßigung auf 5% zu verneinen, sofern eine transparente US-Gesellschaft unmittelbare oder mittelbare Obergesellschaft einer deutschen Gesellschaft ist, welche eine Dividende ausschüttet. Auf Basis des BFH-Urteils kann diese Argumentation nur noch in den Fällen Platz greifen, in denen die US-Gesellschaft auch für Zwecke des deutschen Steuerrechts als transparente Gesellschaft qualifiziert wird. Einer aus deutscher Sicht intransparenten Gesellschaft wäre eine Quellensteuerermäßigung auf 5% zu gewähren, wenn sie die Dividende unmittelbar bezieht. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die Finanzverwaltung das BFH-Urteil vom 26.06.2013 anwendet.