Grunderwerbsteuer bei Optionen an Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

RA Gerald Herrmann, Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

RA Gerald Herrmann, Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

Bei Immobilientransaktionen werden häufig Strukturen gewählt bei denen zunächst nur ein Optionsrecht an Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft eingeräumt wird. Entweder erhält der mögliche Erwerber ein bindendes Verkaufsangebot (sog. Call-Option) oder der Erwerber gibt ein bindendes Kaufangebot ab (sog. Put-Option). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit gegenseitig eingeräumter/gekreuzter Optionen (sog. Cross-Option). Die Einräumung solcher Optionen stellt noch keine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums dar. Jedoch kann je nach Ausgestaltung der Option(en) bereits das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 AO) an den Anteilen übergehen. Nach der bisherigen Rechtslage war klar, dass die bloße Einräumung solcher Optionen keine Grunderwerbsteuer auslösen kann. Die Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG. und der sog. wirtschaftlichen Beteiligung sowie der hierzu ergangene Erlass (Gleichlautender Erlass betr. Anwendung des § 1 Abs. 3a GEStG vom 9. 10. 2013, BStBl. I S. 1364) werfen die Frage auf, ob Optionen an Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft nunmehr doch bereits Grunderwerbsteuer auslösen können.

Verschaffung eines Verfügungsrechtes nach § 1 Abs. 2 GrEStG

Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG soll nur Vorgänge erfassen, die es dem Erwerber ermöglichen, sich den Wert des Grundstücks für eigene Rechnung nutzbar zu machen.

Eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vermittelt jedoch nur eine mittelbare Einflussnahme auf ein dieser Kapitalgesellschaft gehörendes Grundstück. Daher kann der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht durch Rechtsvorgänge erfüllt werden, die sich auf Anteile an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften beziehen. Daher kann die Einräumung eines Optionsrechts an einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht erfüllen.

Anteilsvereinigung oder Anteilsübertragung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Die Vereinigung von mindestens 95% der Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG setzt eine rechtliche Vereinigung in der Hand eines Rechtsträgers voraus. Ebenso knüpft § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG an den Erwerb von mindestens 95% der Anteile als rechtlichen Vorgang an. Da eine Einräumung einer Option allenfalls den Übergang wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen begründen kann, unterfällt sie folglich nicht dem Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG.

Begründung einer wirtschaftlichen Beteiligung gem. § 1 Abs. 3a GrEStG

Nach § 1 Abs. 3a GrEStG wird ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang fingiert, wenn ein Rechtsträger eine „wirtschaftliche Beteiligung“ von 95 % an einer grundbesitzenden Gesellschaft erwirbt.

Die „wirtschaftliche Beteiligung“ ist in § 1 Abs. 3a Satz 2 und 3 GrEStG. gesetzlich definiert. Demnach ist eine „wirtschaftliche Beteiligung“ die Summe aller unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an einer grundbesitzenden Gesellschaft, wobei die mittelbare Beteiligung durch Multiplikation der Vomhundertsätze zu ermitteln ist. Dies spricht dafür, dass die „wirtschaftliche Beteiligung“ nur eine rechnerische Ermittlungsmethode ist und auch weiterhin die einzelnen Beteiligungen selbst rechtlicher und nicht wirtschaftlicher Natur sein müssen.

Die Finanzverwaltung äußert sich in ihrem neuen gleich lautenden Erlass nicht ausdrücklich zu der Frage, ob auch wirtschaftliches Eigentum an Anteilen ausreichend sein kann. Allerdings wird unter Nr. 5 des Erlasses klargestellt, dass im Rahmen von § 1 Abs. 3a GrEStG nicht die sachenrechtliche Betrachtungsweise gilt. Dies könnte den Schluss zulassen, dass die Finanzverwaltung bereits wirtschaftliches Eigentum an Anteilen für den Tatbestand des § 1 Abs. 3a GrEStG ausreichen lassen will. Allerdings wird in dem folgenden Absatz des Erlasses ausschließlich auf die gesetzliche Definition der wirtschaftlichen Beteiligung, d.h. das „Durchrechnen“ von Beteiligungen unabhängig von der Gesellschaftsform, Bezug genommen. Dies zeigt, dass auch die Finanzverwaltung die „wirtschaftliche Beteiligung“ nur als eine rechnerische Ermittlungsmethode durch Addition und Multiplikation von rechtlichen Beteiligungen ansieht.

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3a GrEStG. sog. RETT-Blocker-Strukturen der Besteuerung zu unterwerfen, bei denen durch rechtliche Beteiligungen durchgerechnet eine Beteiligung von über 95% besteht. Die Besteuerung von Vorgängen, die wirtschaftliches Eigentum an Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften begründen, war nicht die Intention des Gesetzgebers bei Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG und insbesondere des Begriffs „wirtschaftliche Beteiligung“.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass auch § 1 Abs. 3a GrEStG nur rechtliche Anteilsvereinigungen erfasst. Dem Wort „wirtschaftlich“ ist demnach keine über die Definition in § 1 Abs. 3a Sätze 2 und 3 GrEStG hinausgehende Bedeutung zuzumessen. Die Einräumung einer Option kann daher nicht zu einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3a GrEStG führen.

Praxishinweis

Um jedoch jedes Restrisiko bei Immobilientransaktionen auszuschließen, verbleibt zunächst nur die Möglichkeit, den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen bei der vertraglichen Ausgestaltung der Option zu vermeiden. Daher ist insbesondere darauf zu achten, dass sowohl das Risiko einer Wertminderung als auch die Chance einer Wertsteigerung der Anteile sowie die mit den Anteilen verbundenden wesentlichen Rechte noch nicht durch die Vereinbarung einer Option auf den Erwerber übergehen.

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