Das Finanzamt macht Ernst bei Auslandssachverhalten

StB Dipl.-Kfm. Peter F.  Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

StB Dipl.-Kfm. Peter F. Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

In neuerer Zeit sehen sich die Steuerpflichtigen und deren Berater immer häufiger Anfragen seitens der Finanzbehörden ausgesetzt, die bei Auslandssachverhalten sehr weitgehende Auskünfte von den Beteiligten einfordern. Für die Praxis bedeutet dies erneut erhöhte Anforderungen an die Sachverhaltsdokumentation. Außerdem muss in Zukunft den sogenannten Außenwirtschaftsmeldungen mehr Beachtung geschenkt werden.

Die rechtlichen Auskunftsbefugnisse der Finanzbehörden

Die Finanzämter verlangen – möglicherweise motiviert durch die aktuelle Kritik am Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland – neuerdings verstärkt detaillierte Auskünfte von Steuerpflichtigen, die Beteiligungen im Ausland halten. Die Reichweite des neu erwachten Interesses der Behörden ist dabei viel weitgehender als früher, was bei vielen Steuerpflichtigen zu Verunsicherung führt. Oftmals ist auf den ersten Blick nicht klar, wie bzw. ob dem Auskunftsverlangen entsprochen werden muss oder kann.

Die Befugnis der Behörden zu solchen Auskunftsersuchen ergibt sich generell aus § 90 Abs. 2 sowie aus § 160 der Abgabenordnung (AO). Demnach trifft den Steuerpflichtigen eine sogenannte „erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten“. Dabei haben die Steuerpflichtigen „alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“ (§ 90 Abs.2 S.2 AO). Darüber hinaus verpflichtet § 160 AO den Steuerpflichtigen, die Empfänger geleisteter Zahlungen dem Finanzamt genau zu benennen, um den Abzug von Werbungskosten, Betriebsausgaben etc. zu ermöglichen. Die Befugnis der Behörden Auskünfte von den Steuerpflichtigen einzuholen wird dabei insgesamt als sehr weitgehend verstanden und umfasst damit zum Beispiel auch Auskünfte über andere Beteiligten an einem ausländischen Fonds.

Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Mitwirkung umfasst dabei aber nicht nur die Angabe von Beweismitteln, sondern sogar deren Beschaffung (§ 90 Abs.2 Satz 1 AO). Das bedeutet, der Steuerpflichtige muss im Einzelfall eine Dokumentation von Beteiligungen und Geldflüssen vorlegen.

Grenzen der Auskunftspflicht

Der Steuerpflichtige kann eine Anfrage seitens der Finanzbehörden nur dann zurückweisen, wenn inhaltlich eine eindeutig nicht steuererhebliche Tatsache betroffen ist.Ob eine steuererheblich Tatsache vorliegtist jedoch von den Finanzbehörden zu bewerten, wobei die Rechtsprechung einen sehr weiten und subjektiven Entscheidungsspielraum eröffnet. Der BFH hat bereits 1968 entschieden, dass die Auskünfte im Rahmen der „konkreten oder aufgrund allgemeiner Erfahrung“ eingeholt werden können (vgl. BFH v. 13.02.1968 – GrS 5/67 = BStBl II 1968, 365).

Daher wird der Steuerpflichtige, außer im Falle eklatant rechtswidriger Auskunftsersuchen wohl in der Regel dem Verlangen der Finanzbehörden nachkommen müssen.

Allerdings kann der Fall eintreten, dass es dem Steuerpflichtigen aufgrund ausländischer Auskunftsverbote nicht möglich ist, den deutschen Finanzbehörden Auskunft zu erteilen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem betroffenen Staat Abkommen existieren, die den Vorrang der einen oder anderen Norm regeln. Soweit das allerdings nicht der Fall ist, ist nach den Kriterien der Zumutbarkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu entscheiden, ob eine Pflichtenkollision vorliegt, die die deutschen Finanzbehörden berücksichtigen. So kann eine Strafvorschrift wie zum Beispiel Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuches nicht zu einer Entbindung von der Mitwirkungspflicht führen, wenn etwa die Strafverfolgung in der Schweiz auf diesem Feld nur sporadisch erfolgt. Der Steuerpflichtige kann also letzten Endes nach § 90 Abs. 2 AO zur Mitwirkung verpflichtet sein und gleichzeitig nach Schweizer Recht bestraft werden.

Konsequenteres Ausschöpfen der gesetzlichen Befugnisse

Bisher haben die Finanzbehörden von ihren Ermittlungsbefugnissen jedoch nicht immer vollen Gebrauch gemacht. Dies scheint sich nun zu ändern und stellt die im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen häufig vor Darlegungsschwierigkeiten, da vielfach keine oder nur ungenügende Aufzeichnungen vorliegen.

Hinzu kommt, dass die Finanzämter auch den Außenwirtschaftsmeldungen in diesem Bereich größere Bedeutung einräumen. Nach § 11 Abs.2 Außenwirtschaftsgesetz i .V. mit §§ 64 ff. Außenwirtschaftsverordnung sind Inländer – grob vereinfacht – verpflichtet, der Deutschen Bundesbank regelmäßig Meldung hinsichtlich ihrer Beteiligungen an ausländischen Unternehmen sowie bei Zahlungen über 12.500 € zu machen.

Folgen und Ratschläge für die Praxis

Für die Beratungspraxis ergeben sich durch die weitgehenden Mitwirkungspflichten vor allem erhöhte Anforderungen an die Sachverhaltsdokumentation. Denn nach § 90 Abs.2 Satz 4 AO hat der Steuerpflichtige bei Auslandssachverhalten eine Beweisvorsorge zu treffen, um seinen erhöhten Mitwirkungspflichten auch nachkommen zu können. Dies führt unter Umständen zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten.

Praxisrelevant ist vor allem der Fall, in dem sich die Mehrheitsgesellschafter gegenüber dem um Auskunft bittenden Minderheitsgesellschafter verweigern. Dies betrifft vor allem natürliche Personen, die oftmals nur geringe Beteiligungen halten. Dann ist entscheidend, ob der Steuerpflichtige insoweit seine Gestaltungsvorsorgeverpflichtung nicht erfüllen konnte. Allerdings trifft auch hier den Steuerpflichtigen die Beweislast (vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 90 AO Rn. 167).

Man muss beachten, dass allein die objektive oder subjektive Unmöglichkeit den Steuerpflichtigen noch nicht von seiner Mitwirkungspflicht befreit. Es soll vielmehr entscheidend sein, ob die Unmöglichkeit vermeidbar war. Daher ist gerade vor Investments mit der ausländischen Gesellschaft abzuklären, inwieweit den Auskunftsansprüchen der deutschen Finanzämter entsprochen werden kann. Dabei ist die Rechtsfolge der Verletzung der erhöhten Mitwirkungspflicht zu berücksichtigen: Im Ernstfall muss der Steuerpflichtige mit einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen rechnen!

Zu beachten ist auch, dass die Steuerpflichtigen bei Missachtung der Meldepflicht nach § 81 Abs. 2 Nr. 19 Außenwirtschaftsverordnung eine Ordnungswidrigkeit begehen. Dies wurde bislang wenig geahndet, allerdings ist nunmehr mit Sanktionen zu rechnen. Die Beratungspraxis hat also darauf hinzuwirken, dass die sogenannten Außenwirtschaftsmeldungen in Zukunft ernster genommen werden.

Gerade dabei kann sich aber auch ein Synergieeffekt ergeben: Die Meldepflichten aus dem Außenwirtschaftsgesetz und der Außenwirtschaftsverordnung sollten inhaltlich sehr weitgehend den Anforderungen an eine erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO entsprechen.

Letzten Endes ist den weitreichenden Auskunftsersuchen der Finanzbehörden also mit einer entsprechenden Dokumentation entgegenzukommen (zur sogenannten Tax-Compliance Mardini, Steuerboard DB0606025). Durch die große Bewegung im Bereich der Unternehmens-Compliance dürfte ohnehin schon in den meisten Fällen eine gesunde Dokumentationskultur vorherrschen. Eine ordnungsgemäße Dokumentation der Geschäftsvorfälle betrifft neben dem behandelten steuerverfahrensrechtlichen Aspekt ja bekanntermaßen auch den Bereich der Vorstands- und Mitgliederhaftung.

Allerdings ist zu beachten, dass nicht nur Unternehmen Beteiligungen im Ausland halten, sondern dass auch Privatpersonen betroffen sind. Gerade Privatpersonen treffen aber oft keine entsprechende Vorsorge um dem Dokumentationsaufwand gerecht zu werden. Dabei muss unbedingt daraufhin gewiesen werden, dass die teils erheblichen Kosten bei der Bewertung des Investments berücksichtigt werden müssen.

 

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