Verzinsung von Steuerzahlungen bei freiwilligen Vorauszahlungen

StB Dr. Michael Best, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

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Die Finanzbehörden errechnen bei freiwilligen Vorauszahlungen fiktive Zinsen auf der Grundlage eines eigenen Zinslaufes nur für jeweils volle Monate. Dies kann dazu führen, dass Nachzahlungszinsen entstehen obgleich der Steuerpflichtige bereits kurz nach Beginn des Zinslaufs freiwillige Vorauszahlungen geleistet hat. Dies entspricht nicht dem Grundsatz, dass Nachzahlungszinsen nur insoweit zu erheben sind als der Steuerpflichtige einen Vorteil zieht.

Grundsätze zur Verzinsung von Steuernachzahlungen

Führt eine Steuerfestsetzung zu einer Nachzahlung, ist diese zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist und endet bei Wirksamkeit der Steuerfestsetzung. Da insbesondere bei komplexen/großen Steuerveranlagungen die Veranlagungsdauer die 15 Monate überschreitet, leistet der Steuerpflichtige oftmals Vorauszahlungen um die Entstehung von Nachzahlungszinsen zu vermeiden. Dies gilt heute umso mehr, wenn man bedenkt, dass Nachzahlungszinsen 6% per anno betragen, währendem man  aus Festgeld eine Rendite von weniger als 1% erzielt.

Einigkeit besteht darüber, dass Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Billigkeit zu erlassen sind, soweit der Steuerpflichtige freiwillige Vorauszahlungen geleistet hat und das Finanzamt diese angenommen hat (bzw. eine solche Vorauszahlung ungerechtfertigt zurückgewiesen hat). Eine Überzahlung soll allerdings nicht zu Erstattungszinsen führen. Fraglich ist jedoch die Methode zur Ermittlung der zu erlassenen Zinsen.

Auffassung der Finanzbehörden

Die Finanzbehörden vertreten die Auffassung, dass für die freiwillig geleisteten Vorauszahlungen eine fiktive Zinsberechnung zu erfolgen hat und (im Wege des Erlasses) gegenzurechnende Zinsen nur insoweit entstehen als der Zeitraum der freiwilligen Vorauszahlungen jeweils volle Monate betragen hat. Wenn also der Steuerpflichtige die freiwillige Vorauszahlung im Laufe des Aprils eines Kalenderjahres entrichtet, kann dies, je nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung (d.h. das Ende des Zinslaufs), dazu führen, dass ein Monat Nachzahlungszinsen erhoben wird, obgleich der Steuerpflichtige nur einige wenige Tage einen wirtschaftlichen Vorteil hatte (z.B. Leistung der Vorauszahlung am 5. April und Wirksamkeit der Steuerfestsetzung am 3. Mai des Kalenderjahres). Gerade bei großen Steuerveranlagungen/-fällen kann es hier um erhebliche Beträge gehen.

Kritik

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Nachzahlungszinsen wohl überhaupt nur dann erhoben werden können, wenn die freiwillige Vorauszahlung entweder nach Beginn des Zinslaufs erbracht wurde oder aber geringer war als der letztendliche Nachzahlungsbetrag (siehe BFH-Urteil vom 26.01.2000 – IX R 11/96 BFH/NV 2000 S. 1177 sowie im Anwendungserlass zu § 233 a AO unter 70.1.2).

In diesem Fall aber führt die von den Finanzbehörden verwendete Berechnungsmethodik zu unbilligen Ergebnissen. Insbesondere sieht das Gesetz vor, dass Nachzahlungszinsen nur für jeweils volle Monate zu entrichten sind. Ferner hat die Rechtsprechung herausgearbeitet, dass Nachzahlungszinsen nur insoweit zu erheben sind als der Steuerpflichtige hieraus einen Vorteil ziehen konnte. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 11.07.1996 Folgendes ausgeführt: Soweit zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil oder Nachteil hatte, kann durch die Verzinsung der sich aus der verspäteten Steuerfestsetzung ergebenden Steuernachforderungen oder Steuererstattung kein Vorteil oder Nachteil ausgeglichen werden. Für den durch die Vorschrift des § 233 a AO 1977 bezweckten „Ausgleich“ ist insoweit kein Raum (vgl. BStBl. II 1997 S. 259).

Wenn also der Steuerpflichtige eine freiwillige Vorauszahlung am z.B. 5. April leistet bestünde ein wirtschaftlicher Vorteil allenfalls diese vier Tage. Der Gesetzgeber hat aber auch ausdrücklich festgelegt, dass Nachzahlungszinsen nur für volle Monate zu erheben sind. Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der Vorschrift dürfte dies nicht der Fall sein, wenn die freiwillige Vorauszahlung im Laufe des ersten Monats getätigt wird.

Vielmehr wäre die freiwillige Vorauszahlung im Zeitpunkt der Zahlung mit der Steuernachforderung zu verrechnen. Für die von den Finanzbehörden verwendete Rechenmethodik, die eine Gegenrechnung nur für jeweils volle Monate vorsieht, gibt es keine Rechtsgrundlage.

 

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