Im Prinzip ist alles ganz einfach: Zinsaufwendungen für Fremdkapital sind Betriebsausgaben und mindern als solche die steuerlichen Bemessungsgrundlagen. Das gilt auch dann, wenn (angemessene) Zinsen an Gesellschafter gezahlt werden oder es sich um ein Darlehen handelt, dass zur Finanzierung eines Beteiligungserwerbs aufgenommen wurden. Die zunehmend auch international in Mode kommenden Abzugsverbote für Fremdkapitalzinsen verstoßen klar gegen diese Grundsätze und verletzen damit das objektive Nettoprinzip.
Das objektive Nettoprinzip gebietet, dass die Ausgaben des Steuerpflichtigen, die zur Erzielung von Einnahmen aufgewendet wurden, bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen abgezogen werden. Denn nur das verbleibende Nettoeinkommen, nach Abzug der erwerbsbedingten Kosten, steht zur Befriedigung privater Bedürfnisse zur Verfügung. Zur Abwehr missbräuchlicher Gestaltungen sind Ausnahmen von diesem Prinzip denkbar; sie müssen aber klar definiert sein und sich auf das absolut notwendige Maß beschränken.
In Deutschland hat das Nettoprinzip fast schon die äußere Form eines Schweizer Käses angenommen. Eine der signifikantesten Verletzungen ist die Zinsschranke. Mit einem starren Korsett und ohne klare Begrenzung auf (vermeintliche) Missbräuche werden Unternehmen mit weniger guter Ertragssituation oder hohem Fremdkapitalbedarf in die Zinsabzugsfalle getrieben, auch wenn Sie am Kapitalmarkt Kredite zu fremdüblichen Bedingungen aufnehmen. Die angeblichen Entlastungsmöglichkeiten sind im Regelfall ohne praktische Bedeutung und die Tatsache, dass der Zinsabzug nach dem Wortlaut nur temporär ist, oft ein Hohn.
Angesichts dieser Ausgangslage machen uns unsere österreichischen Nachbarn – wieder einmal – vor, wie eine auf die wirklichen Problemfälle zugeschnittene Lösung aussehen kann und sich dazu noch mit aktiver Standortpolitik verbinden lässt.
Am 15. 6. 2010 veröffentlichte das österreichische Bundesfinanzministerium den Begutachtungsentwurf für das Betrugsbekämpfungsgesetz (BBKG 2010) zur Sicherung des Steueraufkommens. Dabei ist der österreichische Gesetzgeber sehr gut beraten, sich keines einzigen Elements der standortpolitisch verheerenden deutschen Zinsschranke zu bedienen. Stattdessen ist eine ähnliche Regelung geplant wie in Deutschland in der durch die Zinsschranke abgeschafften § 8a Abs. 6 KStG a. F. Der Entwurf sieht vor ab dem Veranlagungszeitraum 2011 ein Abzugsverbot für Fremdkapitalzinsen vor, die aus einem konzerninternen Beteiligungserwerb resultieren (debt push down). Demgegenüber bleiben Fremdkapitalzinsen im Zusammenhang mit einem Erwerb einer EU/EWR-Beteiligung von einem Drittem weiterhin voll abzugsfähig. Das stärkt den Holdingstandort Österreich, ist haushaltspolitisch sinnvoll, voll kompatibel mit dem Unionsrecht und zwingt „nur“ dazu Drittstaatenbeteiligungen lokal zu finanzieren. Die Bundesregierung sollte sich von diesen Gedanken inspirieren lassen.