Nach dem Teileinkünfteverfahren bleiben bei natürlichen Personen 40 Prozent der nicht abgeltungsbesteuerten Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen steuerfrei (Paragraph 3 Nr. 40 Einkommensteuergesetz – EStG). Diese Steuerentlastung korrespondiert mit einer entsprechenden Einschränkung des Steuerabzugs der Beteiligungsausgaben. Ausgaben, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einnahmen nach Paragraph 3 Nr. 40 EStG stehen, sind daher gemäß Paragraph 3c Absatz 2 EStG nur zu 60 Prozent steuerlich abziehbar.
Dieses Teilabzugsverbot (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) ist aber nach Meinung des BFH ausnahmsweise dann nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige keinerlei Einnahmen aus der Beteiligung erzielt hat (siehe BFH vom 25. Juni 2009 – IX R 42/08, DB0333791). Grund dafür ist: Ohne teilsteuerbefreite Einnahmen lässt sich das Teilabzugsverbot nicht rechtfertigen. Allerdings genügen bereits geringe Beteiligungseinnahmen, um das Teilabzugsverbot auszulösen (BFH vom 6. April 2011 – IX R 40/10, DB0426348). In Anknüpfung an seine einschlägige Rechtsprechung hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 6. Mai 2014 (IX R 19/13, DB0665085) zur steuerlichen Aufwandsberücksichtigung von Liquidationszahlungen an die Anteilseigner im Verlustfall Stellung genommen.
Anwendung des Teilabzugsverbots bei der Rückzahlung von Stammkapital
In dem der Entscheidung des IX. Senats vom 6. Mai 2014 zugrunde liegenden Fall war die Klägerin zu einem Drittel an einer GmbH beteiligt. Im Jahr 2009 wurde die GmbH aufgelöst und das noch bei der GmbH vorhandene Stammkapital an die Anteilseigner ausgekehrt. Der Betrag des an die Klägerin zurückgezahlten Kapitals lag dabei deutlich unter den Anschaffungskosten der Beteiligung. Sonstige Zahlungen aus der Beteiligung (Dividenden, etc.) hatte die Klägerin nicht erhalten. Nach Auffassung der Klägerin unterliegt der Liquidationsverlust daher wegen des Vorliegens einer „einnahmelosen“ Beteiligung nicht dem Teilabzugsverbot. Hinsichtlich der Liquidationszahlungen sei insoweit zu berücksichtigen, dass ein zu 40 Prozent steuerfreier Liquidationsgewinn gemäß Paragraph 17 Absatz 2 EStG erst dann realisiert wird, wenn der Rückzahlungsbetrag die Anschaffungskosten überschreitet.
Der BFH sieht dies jedoch anders und wendet in seiner Entscheidung vom 6. Mai 2014 das Teilabzugsverbot an, weil die Kapitalrückzahlung bei der Klägerin zu steuerentlasteten Einnahmen nach den Paragraphen 3 Nr. 40 Buchst. c, 17 Absatz 4 Satz 1 und 2 EStG in Höhe des gemeinen Werts des zurückgezahlten Vermögens geführt hat. Das gilt unabhängig vom Vorliegen einer Gewinn- oder Verlustbeteiligung. Die vom BFH anerkannte Ausnahme vom Teilabzugsverbot bei „einnahmeloser“ Beteiligung greift daher nicht ein. Werden bei der Auflösung und Liquidation einer Kapitalgesellschaft Einnahmen im Sinne des Paragraphen 17 Absatz 4 EStG erzielt, ist das Teilabzugsverbot damit insbesondere auch im Verlustfall anzuwenden.
Die Sichtweise des BFH steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut und der Systematik des Teileinkünfteverfahrens. Paragraph 3 Nr. 40 EStG stellt 40 Prozent der Bruttoeinnahmen (nicht des Gewinns) aus der Beteiligung steuerfrei und erfasst damit im Streitfall den gesamten Rückzahlungsbetrag. Der mit diesen Bruttoeinnahmen wirtschaftlich zusammenhängende Aufwand unterliegt nach dem Gesetz dem Teilabzugsverbot des Paragraphen 3c Absatz 2 EStG.
Dennoch erscheint dieses Ergebnis nach dem objektiven Nettoprinzip, das eine grundsätzliche steuerliche Abziehbarkeit sämtlicher Erwerbsaufwendungen gebietet, problematisch. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung sind der Klägerin im Streitfall keinerlei Einnahmen aus der Beteiligung zugeflossen. Im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft wurden ihr lediglich Teile der eigenen Anschaffungskosten zurückgezahlt. Wirtschaftlich gesehen liegt daher auch in diesem Fall eine „einnahmelose“ Beteiligung vor, so dass in Anknüpfung an die oben genannte BFH-Rechtsprechung ebenfalls ein voller Steuerabzug des Beteiligungsaufwands zulässig sein müsste.
Abgrenzung zur Rechtslage bei Rückzahlungen aus dem Einlagekonto
Abzugrenzen ist dieser Fall von der Zurückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen, die auf dem steuerlichen Einlagekonto der Gesellschaft nach Paragraph 27 Körperschaftsteuergesetz auszuweisen sind. Im Gegensatz zur Rückzahlung von Nennkapital unterliegt bei Zahlungen aus dem Einlagekonto von vornherein nur der die Anschaffungskosten übersteigende Betrag dem Teileinkünfteverfahren.
Denn die Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto außerhalb einer Liquidation mindern zunächst erfolgsneutral die Anschaffungskosten der Beteiligung. Erst wenn der Rückzahlungsbetrag die Anschaffungskosten übersteigt, fließen dem Steuerpflichtigen gemäß Paragraph 3 Nr. 40 EStG steuerentlastete Einnahmen zu. Dementsprechend stellen die Anschaffungskosten nur insoweit Erwerbsaufwendungen dar, als die Zurückzahlung aus dem Einlagekonto die Anschaffungskosten übersteigt (vgl. BFH vom 19. Februar 2013 – IX R 24/12, DB0590224).
Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung des BFH vom 6. Mai 2014 verdeutlicht, dass der BFH eine Ausnahme vom Teilabzugsverbot nach Paragraph 3c Absatz 2 EStG a.F. wegen des Vorliegens einer „einnahmelosen“ Beteiligung nur in engen Grenzen anerkennt. So löst bereits die bloße Rückzahlung von in das Nennkapital geleisteten Einlagen das Teilabzugsverbot aus, obwohl der Anteilseigner dabei aus wirtschaftlicher Sicht keine Beteiligungseinnahmen generiert.
Diese Problematik stellt sich allerdings nur für Beteiligungsausgaben vor dem 31. Dezember 2010. Denn der Gesetzgeber hat auf die Rechtsprechung des BFH mit einer Gesetzesänderung reagiert. Ab dem Veranlagungszeitraum 2011 reicht demnach für die Anwendung des Teilabzugsverbots schon die Absicht zur Erzielung von Einnahmen nach Paragraph 3 Nr. 40 EStG aus (Paragraphen 3c Absatz 2 Satz 2, 52 Absatz 8a Satz 3 EStG). Das Teilabzugsverbot ist damit nach dem geltenden Recht unabhängig davon anzuwenden, ob der Steuerpflichtige tatsächlich Einnahmen aus der Beteiligung erzielt hat.