Kostengünstige Alternative zur Änderung eines Gewinnabführungsvertrags mit unzureichender Verlustübernahmeregelung

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, audit law gmbh Rechtsanwalts-gesellschaft, Stuttgart

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, audit law gmbh Rechtsanwalts-gesellschaft, Stuttgart

Die Zeit drängt. Nur noch bis zum Jahresende besteht die Möglichkeit, Gewinnabführungsverträge (GAV) mit einer GmbH anzupassen, die keinen oder nur einen unvollständigen Verweis auf die Verlustübernahmeregelung in § 302 AktG enthalten. Dabei kommt es auf die Eintragung des geänderten GAV im Handelsregister noch dieses Jahr an. Die sog. kleine Organschaftsreform vom Februar 2013 hatte wesentliche Erleichterungen für die nachträgliche Anpassung eines unzureichenden GAV mit steuerlicher Rückwirkung gebracht. Der Gesetzgeber hatte zudem nachträglich klargestellt, dass der gesamte Veranlagungszeitraum 2014 von der Möglichkeit zur Anpassung eines GAV umfasst ist (§ 17 Abs. 2 KStG i.V.m. § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG a.F.).

Kritische Fallkonstellation

Eine Fallkonstellation ist zweifelhaft und dadurch besonders kritisch zu sehen. Es handelt sich um die Fälle, in denen der GAV vor dem 1. Januar 2006 abgeschlossen wurde, jedoch nicht auf den mit Wirkung ab 15. Dezember 2004 geltenden § 302 Abs. 4 AktG betreffend die Verjährung verweist. Bei vielen nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträgen wurde die Rechtsänderung im Aktienrecht nicht berücksichtigt. Die Verträge verwiesen entweder nur auf die Absätze 1 bis 3 oder enthielten eine sprachliche Bezugnahme, die Abs. 4 nicht mit umfasste.

Die Finanzverwaltung griff hier großzügig ein und stellte mit BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2005 (DB0123153) klar, dass ein GAV, der vor dem 1. Januar 2006 abgeschlossen worden war, einer Organschaft nicht entgegen stand und auch nicht angepasst werden musste. Daher konnte man sich in diesem Fällen lange in Sicherheit wähnen und brauchte die Verträge nicht anzupassen. Viele dieser Verträge sind nach wie vor gültig und noch nicht angepasst.

Gefahr der Nichtanerkennung der Organschaft im finanzgerichtlichen Verfahren

Dann allerdings wies der BFH ausdrücklich auch bei der Organschaft darauf hin, dass das materielle Recht im Finanzgerichtsprozess nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten stehe und dass das Finanzamt nicht auf den Steueranspruch verzichten könne, auch nicht aufgrund eines BMF-Schreibens, dem als bloßer Verwaltungsanweisung keine die Gerichte bindende Wirkung zukomme. Ein Gericht dürfe eine Verwaltungsanweisung auch dann nicht anwenden, wenn sie zu einem für den Steuerpflichtigen günstigeren Ergebnis führe als das materielle Steuerrecht (BFH vom 24. Juli 2013 – I R 40/12, DB0611488). So lange es nicht zu einem finanzgerichtlichen Verfahren kommt, kann auf die Selbstbindung der Finanzverwaltung vertraut werden. Bei einem Verfahren – und sei es wegen anderer Streitpunkte z.B. nach einer Außenprüfung – besteht die erhebliche Gefahr, dass die Organschaft vom Finanzgericht nicht mehr anerkannt wird, wenn der Verweis auf § 302 Abs. 4 AktG im GAV fehlt.

Änderung des GAV prüfen

Daher wird man aus Gründen der Rechtssicherheit in diesen Fällen noch 2014 eine Änderung des GAV in Erwägung ziehen. Zwar kann der GAV selbst privatschriftlich geändert werden, der Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft bedarf jedoch der notariellen Beurkundung, der des Organträgers nur bei einer AG.

Hier kommt nur eine Rechtsentwicklung im Kostenrecht zum Tragen. Seit der Anpassung durch das GNotKG ab 1. August 2013 sind die Notargebühren für Gesellschafterbeschlüsse meist erheblich gestiegen. Wenn in einer Unternehmensgruppe mehrere Verträge mit demselben Fehler vorliegen, verstärkt sich der Kostenaspekt entsprechend. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die eigentlich entbehrliche Mitbeurkundung des GAV, die häufig nur aus Gebührenerwägungen vorgenommen worden war, sich nun nicht mehr erhöhend auf die Notargebühren auswirkt.

Mögliche Problemlösung: Verbindliche Auskunft des Finanzamts

Da die Finanzverwaltung nach wie vor an der Billigkeitsregelung für einen vor dem 1. Januar 2006 abgeschlossenen GAV festhält, obwohl sie nunmehr auf die fehlende Bindung der Rechtsprechung hinweist, kommt ein so bisher kaum beachteter Aspekt zum Tragen. Statt einer Änderung des GAV könnte man eine Lösung des Problems auch durch ausdrückliche Festlegung des zuständigen Finanzamts herbeiführen, zumal der BFH in seinem Urteil vom 24. Juli 2013 (DB0611488) auf eine verbindliche Auskunft hingewiesen hatte.

Im Zusammenhang mit der durch die kleine Organschaftsreform eingeführten Heilungsmöglichkeit wird eine abweichende Steuerfestsetzung insoweit relevant, wie auf eine Änderung des GAV wegen des fehlenden Verweises auf § 302 Abs. 4 KStG verzichtet werden kann, wenn durch eine verbindliche Auskunft nach § 89 AO oder – da gebührenfrei – durch verbindliche Zusage nach § 204 AO im Anschluss an eine Außenprüfung erteilt wird, in der durch Verwaltungsakt die Billigkeitsregelung des BMF-Schreibens vom 16. Dezember 2005 ausdrücklich bestätigt wird (Walter, in E&Y, KStG, § 17 KStG Rz. 14, folg. EL; § 14 KStG Rz. 805.1, EL Sept. 2014).

Es wird besonderer Überzeugung bedürfen, das Finanzamt dafür zu gewinnen, eine entsprechende Auskunft oder Zusage noch rechtzeitig bis Mitte Dezember 2014 zu erteilen, da spätestens dann die Änderung des GAV vorgenommen werden müsste. Dabei sind etwaige Gebühren für die verbindliche Auskunft zu bedenken und gegen die Notargebühren abzuwägen. Im Anschluss an eine Außenprüfung ist eine verbindliche Zusage jedoch kostenmäßig unschlagbar. Sollte das Finanzamt nicht zeitnah diese einfache Rechtsfrage in einem entsprechenden Verwaltungsakt umsetzen, könnte man durchaus an Amtshaftung für die dann erforderlichen Notargebühren denken.

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