Mit seiner Entscheidung vom 21. Mai 2014 (I R 42/12, DB 2014 S. 2084) hat der Bundesfinanzhof eine für die steuerliche Anerkennung des wirtschaftlichen Eigentums bei Treuhandgestaltungen bei Kapitalbeteiligungen wegweisende Entscheidung getroffen. Insbesondere für Regelungen zur Kündigung einer Treuhand und die vertragliche Gestaltung von Weisungsrechten bedeutet die Entscheidung ein Mehr an Rechtssicherheit und eine steuerliche Bestätigung einer Vielzahl von Treuhandgestaltungen.
Gegenstand der Entscheidung
Gegenstand der Entscheidung war ein Co-Investment von mehreren Managern als Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligungsgesellschaft als Mehrheitsgesellschafterin. Das Co-Investment wurde über einen Treuhänder erworben und gehalten. Der Treuhandvertrag sah u.a. eine Berücksichtigung vertraglicher Bindungen des Treugebers sowie einen Pool für die Ausübung der Rechte aus der Beteiligung und dem Treuhandvertrag vor, soweit die Rechte nicht zwingend einzeln auszuüben waren. Außerdem regelte der Treuhandvertrag für die Kündigung der Treuhand eine Kündigungsfrist von 12 Monaten bis zum Kalenderjahresende, d.h. der aus der Kündigung der Treuhand resultierende Herausgabeanspruch auf die Beteiligung war für maximal zwei Jahre ausgeschlossen (bei Kündigung im Januar).
Voraussetzungen für die Anerkennung wirtschaftlichen Eigentums bei Treuhandvereinbarungen
Grundsätzlich indiziert das zivilrechtliche Eigentum auch das für die Besteuerung maßgebliche wirtschaftliche Eigentum an Wirtschaftsgütern (§ 39 Abs. 1 AO). Das heißt, wer zivilrechtliches Eigentum hat, muss regelmäßig nicht mehr nachweisen, dass er auch über das wirtschaftliche Eigentum an z.B. einen Gesellschaftsanteil verfügt. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum können ausnahmsweise aber auch auseinanderfallen, wenn „ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus[übt], dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann“. Ein typischer Fall für ein solches Auseinanderfallen ist die im Gesetz bereits genannte Treuhand (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
Einem Treugeber wird das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut zugerechnet, wenn „die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint“. Nach ständiger Rechtsprechung sind wesentliche Kriterien einer Treuhand die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes (st. Rspr., z.B. BFH-Urteile vom 29. Juni 1995 – VIII R 68/93, DB 1995 S. 2047).
Bisher bestand in der Rechtspraxis Unsicherheit darüber, ob und inwieweit die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und die Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes eingeschränkt werden dürfen, ohne den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums zu gefährden.
Beschränkung des Weisungsrechts durch vertragliche Bindungen …
In Bezug auf die Weisungsbindung stand bisher nur fest, dass es ein Weisungsrecht zwischen Treugeber und Treuhänder geben muss, nicht aber, wie es genau ausgestaltet sein kann. Im vorliegenden Fall bestand die Weisungsbindung des Treuhänders nur „soweit der Treuhänder nicht in Erfüllung einer Verpflichtung des Beteiligten handelt oder sonst anderes bestimmt ist“. Diese Formulierung trug der Tatsache Rechnung, dass der Treugeber durch eine Beteiligungsvereinbarung gegenüber den anderen Gesellschaftern gewisse vertragliche Verpflichtungen eingegangen war, welche ihn in seiner Verfügungsmacht über die Kapitalbeteiligung einschränkten.
Diese vertraglichen Beschränkungen sieht der BFH aber nicht als für das wirtschaftliche Eigentum relevante Einschränkung des Weisungsrechts gegenüber dem Treuhänder an. Letztlich geht es hier eben gerade nicht um eine Einschränkung des Weisungsrechts, wie es im Treuhandvertrag angelegt ist, sondern der BFH trägt hier der Tatsache Rechnung, dass Treuhänder oder Treugeber vertraglichen Bindungen unterliegen, die unabhängig davon gelten, ob eine Treuhand vorliegt oder nicht. Für die Anerkennung der Treuhand kann aber nur das maßgeblich sein, was sich aus dem Treuhandverhältnis selbst ergibt.
… und Poolvereinbarungen
Diese Rechtsauffassung vertritt der BFH im vorliegenden Sachverhalt konsequenter Weise auch für die außerdem im Treuhandvertrag vereinbarte Pool-Klausel. Danach konnten die Rechte aus dem Treugut von den Treugebern nur gemeinschaftlich ausgeübt werden, es sei denn, dass diese nach zwingendem Recht jedem Treugeber einzeln zustehen.
Der VIII. Senat zieht in diesem Fall eine Parallele zu Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaften. Maßgeblich sei hier, dass § 39 AO (Abs. 2 Nr. 2) „auch die Zurechnung wirtschaftlichen Bruchteilseigentums ermögliche, ohne dass dem die nur gemeinschaftliche Verwaltungsbefugnis der Miteigentümer entgegenstünde“.
Kündigungsfristen
Dass Kündigungsfristen für Treuhandverträge nicht per se schädlich sind, obwohl die Rechtsprechung einen jederzeitigen Herausgabeanspruch verlangt, war in gewissen Grenzen schon bisher bestätigt (vgl. BFH vom 24. November 2009 – I R 12/09, DB 2010 S. 761, in Bezug auf eine Kündigungsfrist von sechs Monaten). Ob jedoch auch längere Kündigungsfristen vereinbart werden können, war bisher offen.
Das Bundesfinanzministerium hat in seinem Schreiben zu Treuhandverhältnissen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Schreiben vom 1. September 1994, BStBl. I 1994 S. 604) eine Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende des Kalenderjahres ausdrücklich als unschädlich für die Anerkennung des wirtschaftlichen Eigentums angesehen. Darauf und auf die in der alten Fassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (2002) niedergelegte Zweijahresfrist für Veräußerungen stützt sich nun auch der BFH für seine Begründung.
Letztlich bliebe den Treugebern ja auch immer noch das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen. Ob man das Recht zur außerordentlichen Kündigung generell als hinreichend für die steuerliche Anerkennung des jederzeitigen Herausgabeanspruchs sehen kann, lässt der BFH allerdings offen.
Fazit
Mit dieser Entscheidung trägt der BFH erheblich zur Rechtssicherheit bei der vertraglichen Gestaltung von Treuhandgestaltungen bei. Die nunmehr bestätigten vertraglichen Gestaltungen entsprechen einem praktischen Bedürfnis bei der Verwendung von Treuhandgestaltungen und sind in der Praxis häufig anzutreffen. Mit der vorliegenden Entscheidung beseitigt der BFH die bisher mangels eindeutiger Rechtsprechung unsichere steuerliche Qualifizierung.
Außerdem betont der BFH damit erneut, dass eine gewisse Beschränkung der Gesellschafterrechte für die Anerkennung wirtschaftlichen Eigentums an einer Kapitalbeteiligung nicht schädlich ist. An der Qualifizierung der Einkünfte als solche aus Kapitalvermögen hatte der BFH in diesem Fall einer Managementbeteiligung keine Zweifel.