Entgegen einer verbreiteten Meinung in der Öffentlichkeit haben „echte“ Steuersparmodelle für vermögende Privatpersonen in Deutschland durchaus Seltenheitswert. Was etwa in Zeitungsanzeigen unter diesem Stichwort beworben wird, basiert bei näherer Betrachtung oft auf dem Konzept „Steuern sparen durch weniger Erträge“. Beim versierten Steuerfachmann löst dies selten Begeisterung aus. Anders war es beim sogenannten „Goldfinger-Modell“. Hier konnte durch eine – allerdings anspruchsvolle und mit nicht unerheblichem Aufwand verbundene – Gestaltung ein erheblicher Steuereffekt erzielt werden.
Das „Goldfinger-Modell“
Vereinfacht funktionierte das Konzept wie folgt: Ein deutscher Steuerpflichtiger beteiligt sich an einer gewerblichen Personengesellschaft im EU-Ausland. Die Gesellschaft handelt mit Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens. In der Regel ging es um den Kauf und Verkauf von Edelmetallen. Im Prinzip war aber auch jedes andere Wirtschaftsgut geeignet, etwa Holz, Kunstgegenstände oder Melasse.
Beispiel: X erwirbt über eine in England ansässige Personengesellschaft im Dezember 2011 Gold im Wert von 20 Mio. Euro. Im Januar 2012 veräußert er das Gold für 20,2 Mio. Euro.
Das Besteuerungsrecht an den Erträgen der Gesellschaft soll in diesem Fall England zustehen. In Deutschland wurden die Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 2 EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes einbezogen. Bei der Einkünfteermittlung nach Einnahmen-Überschussrechnung hatte dies einen besonderen Effekt: Die Anschaffungskosten von 20 Mio. Euro waren bereits 2011 als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, so dass sich die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Steuersatzes um 20 Mio. Euro verminderte. Damit konnte der Steuersatz für die übrigen Einkünfte des Steuerpflichtigen bis auf Null gesenkt werden. Im Jahr 2012 ergab sich zwar ein gegenteiliger Effekt: Dann waren 20,2 Mio. Euro steuersatzerhöhend zu berücksichtigen. Da sich die Steuerpflichtigen aber regelmäßig bereits im Anwendungsbereich des Spitzensteuersatzes befanden, wirkte sich dies faktisch nicht aus.
Erst Ende 2013 beendete der Gesetzgeber das Zusammenspiel von Einnahmen-Überschussrechnung und Progressionsvorbehalt durch Einführung der §§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c und 15b Abs. 3a EStG.
Schwachstellen der Standardmodelle
Die juristische Aufarbeitung der Altfälle ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Sehr oft wurden die Goldfinger-Modelle nicht mit der erforderlichen Expertise aufgebaut und derart „auf Kante genäht“, dass Finanzverwaltung und Gerichte ihnen bereits nach altem Recht die Anerkennung versagen konnten.
Kritische Punkte sind insbesondere:
- Lag das Besteuerungsrecht tatsächlich im Ausland? Das wäre nicht der Fall gewesen, wenn die ausländische Gesellschaft keine (originär) gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, sondern nur Vermögensverwaltung betrieben hat. An der etwa für einen gewerblichen Goldhändler erforderlichen Marktteilnahme, dem Auftritt nach Außen und dem unternehmerischen Risiko fehlte es im „Standardfall“ oftmals (vgl. FG München vom 17.3.2014 – 7 K 1792/12).
- Durfte die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erfolgen? Dies setzt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und auch nicht freiwillig Bücher führt. Hieran scheiterte ein Steuerpflichtiger, der sich über eine atypisch stille Gesellschaft an einer österreichischen GmbH beteiligte (BFH vom 25.6.2014 – I R 24/13, DB 2014 S. 2569; vgl. dazu auch Böing, EStB 2015 S. 7). Bei der atypisch stillen Gesellschaft leitet sich die Gewerblichkeit von der ausländischen Körperschaft ab. Gleiches gilt laut BFH allerdings auch für die Buchführungspflicht, die aufgrund österreichischen Handelsrechts für die GmbH besteht. Die Grundsatzfrage, ob in jedem Fall bei Beteiligungen an nach ausländischem Recht buchführungspflichtigen Personengesellschaften das Wahlrecht zur Einnahmen-Überschussrechnung ausscheidet, hat der BFH aber ausdrücklich offengelassen.
- Strittig – wenn auch m.E. weniger problematisch – sind zudem noch Einzelfragen zu § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG, § 15b EStG und § 42 AO.
Fazit
Nach der bisherigen Rechtsprechung der Finanzgerichte und der nunmehr vorliegenden BFH-Entscheidung zeichnet sich ab, dass ein großer Teil der Goldfinger-Gestaltungen der gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird. Dies liegt insbesondere daran, dass die im Ausland gegründeten Gesellschaften die Hürde zu einer originär gewerblichen Handelstätigkeit vielfach nicht überschritten haben dürften. Eine gewerbliche Prägung genügt angesichts der auf eine abkommensautonome Betrachtung abstellenden BFH-Rechtsprechung nicht. Umgekehrt spricht viel dafür, dass die mit tatsächlichem wirtschaftlichem Hintergrund individuell ausgestalteten Investments wohl Anerkennung finden müssen (vgl. etwa FG Hessen vom 15.11.2012 – 11 K 3175/09, DB0589241; vgl. dazu Amann, StR kompakt, DB0590315; FG Münster vom 11.12.2013 – 6 K 3045/11 F, EFG 2014 S. 753). Endgültige Klarheit dürfte sich aber erst nach Entscheidung der beim BFH anhängigen Verfahren I R 3/13, I R 14/14 und I R 34/14 ergeben.