Organschaft zwischen Schwestergesellschaften einer ausländischen Muttergesellschaft nach der EuGH-Rechtsprechung

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, audit law gmbh, Rechtsanwalts-gesellschaft, Stuttgart Rechtsanwalts-gesellschaft, Stuttgart

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, audit law gmbh, Rechtsanwalts-gesellschaft, Stuttgart

Drei europäische Staaten haben das EuGH-Urteil vom 12.06.2014 (Rs. C-40/13 „SCA Group Holding BV“, DB0664044) zur ertragsteuerlichen Organschaft zwischen niederländischen Schwestergesellschaften einer EU-/EWR-Muttergesellschaft bereits umgesetzt. Nach der Rechtsauffassung des EuGH macht es die Niederlassungsfreiheit erforderlich, eine Gruppen-besteuerung zwischen den Tochtergesellschaften einer gemeinsamen EU-/EWR-Muttergesellschaft zuzulassen. In Frankreich gilt dies aufgrund gesetzlicher Neuregelung für ab dem 31.12.2014 endende Wirtschaftsjahre (vgl. Walter, GmbHR 2015 S. 182). Die Niederlande haben das Urteil im Vorgriff auf eine gesetzliche Neuregelung durch Verwaltungsregelung umgesetzt (Hop/Vogel, IStR-Länderbericht 2015 S. 14). In Spanien gilt ab 2015 eine gesetzliche Neuregelung (vgl. Behrenz/López Brenes, IStR-Länderbericht 2014 S. 78). Auch in Österreich werden die Konsequenzen aus dem Urteil erörtert (Tratlehner, SWI 12/2014 S. 559). Es steht zu erwarten, dass Deutschland darauf vertraut, dass der Gewinnabführungsvertrag das europäische Recht außen vor hält.

Das dürfte täuschen, da ein Gewinnabführungsvertrag zivilrechtlich ohne Beteiligungsverhältnis abgeschlossen werden kann, auch wenn das wegen der restriktiven deutschen Organschaftsvorschriften in der Praxis bisher nicht vorkommt (vgl. HB Steuerboard vom 14.07.2014; Walter, DB 2014 S. 2016). Damit steht einem Gewinnabführungsvertrag zwischen Schwestergesellschaften nichts mehr im Wege.

Begründung einer steuerlichen Organschaft

Eine steuerliche Organschaft verlangt jedoch nach der geltenden gesetzlichen Regelung die vertikale Konsolidierung, wie sie vor allem durch das Erfordernis der finanziellen Eingliederung angelegt ist. Andererseits wird eine Organschaft bei nur mittelbarer Eingliederung auch dann möglich, wenn der Organträger selbst unmittelbar Teil der Beteiligungskette oder einer Organschaftskette ist.

Mittelbare Beteiligung als Lösungsansatz zur Umsetzung des EuGH-Urteils?

Auf der Suche nach einem Ansatzpunkt dafür, das EuGH-Urteil auf der Grundlage des geltenden Rechts zumindest bei einer gemeinsamen EU-/EWR-Muttergesellschaft umzusetzen, bietet sich das Merkmal der mittelbaren Beteiligung an. Legt man für diese Fälle das Tatbestandsmerkmal teleologisch extendiert so aus, dass es nicht auf ein direktes Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft ankommt, vielmehr der „Umweg“ über die gemeinsame Muttergesellschaft genügt, sofern die Tochtergesellschaften in diese selbst finanziell eingegliedert sein könnten, ist die entscheidende Hürde genommen. Da die Einkommenszurechnung zu der inländischen Betriebsstätte einer Schwestergesellschaft erfolgt, wird das deutsche Steueraufkommen nicht beeinträchtigt. Die Grundprinzipien des Organschaftssystems im Übrigen bleiben gewahrt.

Auf der Grundlage des geltenden Organschaftsrechts könnte so die Vorgabe des EuGH umgesetzt werden, auch wenn der deutsche Gesetzgeber nicht tätig wird. Tochtergesellschaften inländischer Muttergesellschaften bleiben jedoch mit dieser Auslegung außen vor, indes dürfte eine derartige Inländerdiskriminierung zulässig sein. Das Gestaltungsrisiko gilt es zu bedenken. Man wird eine Organschaft unmittelbar zwischen Schwestergesellschaften einer EU-/EWR-Muttergesellschaft nur anstreben, wenn der Weg über eine inländische Betriebsstätte/Niederlassung nicht möglich oder nicht erwünscht ist.

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