Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb: Abschreibung auf Restnutzungsdauer und Wahlrecht zur Abschreibungsmethode

StB Dipl.-Kfm. Dipl.-Bw. (FH) Henrik Sundheimer, LL.M., KPMG AG, Köln

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Mit dem Erwerb eines Mitunternehmeranteils wird, da eine Personengesellschaft für steuerliche Zwecke transparent ist, regelmäßig kein eigenständiges Wirtschaftsgut, sondern lediglich ein Anteil an den Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft erworben. Ein den Buchwert des übernommenen Kapitalkontos übersteigender Kaufpreis spiegelt die in den Wirtschaftsgütern der Personengesellschaft enthaltenen stillen Reserven sowie einen unter Umständen vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwert wider (vgl. Eckl, BB 2015 S. 562). Diese sind in einer positiven Ergänzungsbilanz als Mehrwert zur Gesamthandsbilanz zu aktivieren und gewinnmindernd abzuschreiben (vgl. BFH vom 30. März 1993 – VIII R 63/91, DB 1993 S. 1803). Fraglich ist, wie die in der Ergänzungsbilanz aktivierten Mehrwerte fortzuschreiben sind (vgl. Tiede, in: HHR, EStG/KStG, § 15 EStG, Rn. 505); insbesondere welche Nutzugsdauer und welche Abschreibungsmethoden maßgeblich sind. Mit Urteil vom 20. November 2014 hat sich der BFH zu dieser Frage geäußert (IV R 1/11 – DB 2015 S. 348, vgl. dazu auch Bode, DB0691718).

Sachverhalt

In dem genannten Urteil ging es um eine Personengesellschaft, die den Bau und Betrieb eines Containerschiffes zum Gegenstand hatte. Das Containerschiff wurde in der Gesamthandsbilanz linear abgeschrieben. An der Gesellschaft waren eine Vielzahl von Kommanditisten beteiligt, wovon im Streitjahr einige ihre Anteile verkauften.

Die von den Erwerbern gezahlten Kaufpreise überstiegen die Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Kommanditisten, so dass die übersteigenden Mehrwerte in jeweils gesonderten positiven Ergänzungsbilanzen erfasst wurden. Die Mehrwerte wurden allein dem Containerschiff zugeordnet und korrespondierend zu der Abschreibung des Schiffs in der Gesamthandsbilanz abgeschrieben.

Im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung entschied die Finanzverwaltung, dass nicht die Restnutzungsdauer wie in der Gesamthandsbilanz anzunehmen, sondern auf die tatsächlich zu erwartende Restnutzungsdauer abzustellen sei. Dies sei immer dann der Fall, wenn die Restnutzungsdauer in der Gesamthandsbilanz und die tatsächlich zu erwartende Restnutzungsdauer erheblich voneinander abweichen.

Der Einspruch blieb erfolglos, worauf Klage beim zuständigen Finanzgericht eingereicht wurde. Dieses gab der Klage statt (FG Niedersachsen vom 20.10.2009 – 8 K 323/05, DB0350125 = EFG 2010 S. 558, vgl. dazu auch Scharfenberg, DB0350315) und entschied, dass ein in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierter Mehrwert analog der in der Gesamthandsbilanz zu Grunde gelegten Abschreibungsmethode und Restnutzungsdauer abzuschreiben sei.

Begründung

Der IV. Senat des BFH erteilt dieser Auffassung dahingehend eine Absage, dass sich die Restnutzungsdauer für die in einer Ergänzungsbilanz erfassten Mehrwerte nicht nach der Behandlung in der Gesamthandsbilanz richten kann. Vielmehr sei für die Ergänzungsbilanz die Restnutzungsdauer des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs maßgeblich. Nur so sei sichergestellt, dass die Gesellschafter einer Personengesellschaft einem Einzelunternehmer gleichgestellt werden. Dies sei Sinn und Zweck einer Ergänzungsbilanz. Der Fall einer positiven Ergänzungsbilanz sei auch nicht mit dem Fall einer negativen Ergänzungsbilanz vergleichbar, da die Auflösung des Korrekturpostens bei einer negativen Ergänzungsbilanz – im Gegensatz zu einer positiven Ergänzungsbilanz – zu hohes Abschreibungspotential korrigieren soll. Darüber hinaus seien dem Anteilserwerber die Abschreibungsmethoden zu gewähren, die auch einem Einzelunternehmer bei Anschaffung eines Wirtschaftsguts zustehen.

Die Entscheidung steht nach Auffassung des IV. Senats des BFH nicht im Gegensatz zu dem bislang verfolgten Grundsatz der Einheitlichkeit der Gesellschaftsbilanz, da die Ergänzungsbilanz hiervon nicht erfasst werde. Daher ist nach Auffassung des IV. Senats des BFH, wie beim Einzelunternehmer, der ein Wirtschaftsgut erwirbt, die tatsächlich erwartete Restnutzungsdauer zum Zeitpunkt der Anschaffung neu zu schätzen und das Wirtschaftsgut über den entsprechenden Zeitraum abzuschreiben. Ebenfalls besteht zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, die Abschreibungsmethode neu zu wählen.

Hinweise für die Praxis

Mit seinem Urteil hält der IV. Senat des BFH zwar weiterhin am Grundsatz der Einheitlichkeit der Gesellschaftsbilanz fest, stellt aber klar, dass sich diese Einheitlichkeit nicht auch auf die Ergänzungsbilanz erstrecke. Damit hat sich der BFH im Zusammenhang mit dem in der Literatur kontrovers diskutierten Thema, wie die bei einem Anteilserwerb in einer positiven Ergänzungsbilanz zu aktivierenden Anteile am Vermögen der Personengesellschaft abzuschreiben sind, klar positioniert.

Da die tatsächlich zu erwartende Restnutzungsdauer eines im Rahmen des Anteilserwerbs miterworbenem Wirtschaftsgutes regelmäßig größer sein wird als die verbleibende Restnutzungsdauer in der Gesamthandsbilanz, wird sich das Urteil wohl meist nachteilig für den Erwerber auswirken.

Die neuerliche Wahl der Abschreibungsmethode dürfte ebenfalls regelmäßig keine Vorteile für den Steuerpflichtigen bringen, da die degressive Abschreibungsmethode nicht mehr für Wirtschaftsgüter angewandt werden darf, die nach dem 31. Dezember 2010 hergestellt oder angeschafft wurden (§ 7 Abs. 2 EStG). Etwas anderes könnte jedoch bei Vorliegen von geringwertigen Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 2, Abs. 2a EStG) im Zeitpunkt des Erwerbs der Mitunternehmeranteile gelten.

Auch nach dem Urteil des BFH ist weiterhin fraglich, ob die Abschreibungsmethode und die Restnutzungsdauer in der positiven Ergänzungsbilanz abweichend von der Gesamthandsbilanz angewendet werden können. Nach m.E. sollte dies nicht der Fall sein, da auch die positive Ergänzungsbilanz lediglich als Korrekturposten zur Gesamthandsbilanz zu verstehen ist. Dies impliziert auch die Aussage des BFH zur negativen Ergänzungsbilanz im besprochenen Urteil. Würde man die Abschreibungswahlrechte und Restnutzungsdauer in der positiven Ergänzungsbilanz neu ausüben bzw. bewerten, so ergäbe sich im Vergleich zur negativen Ergänzungsbilanz eine Divergenz. Für eine Behandlung der Ergänzungsbilanzen als Korrekturposten zur Gesamthandsbilanz spricht nach m.E. auch die Tatsache, dass in Ergänzungsbilanzen keine Wirtschaftsgüter enthalten sind. Es ist zu hoffen, dass der BFH sich zu den hier aufgeworfenen Bedenken in seiner künftigen Rechtsprechung konkretisierend äußern wird und diesbezüglich seine Rechtsauffassung ändert. Insofern ist zu empfehlen, entsprechende Bescheide durch Rechtsmittel offen zu halten.

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