Die Zulässigkeit steuerlicher Teilwertabschreibungen auf Darlehen einer (inländischen) Muttergesellschaft an ihre (ausländische) Tochtergesellschaft für Zeiträume vor Inkrafttreten von § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG, d.h. vor dem Veranlagungszeitraum 2008, ist ein Betriebsprüfungs-Dauerbrenner. Die Thematik ist Gegenstand mehrerer Finanzgerichtsverfahren. Auch der BFH hatte sich schon mit dem Problem zu befassen. Das jüngst veröffentlichte BFH-Urteil (Urteil vom 24.06.2015 – I R 29/14, RS1123002) bringt für den Steuerpflichtigen erfreuliche Klarheit.
Worum geht es?
Bis zur Änderung des § 8b Abs. 3 KStG (a.F.) durch das JStG 2008 waren Teilwertabschreibungen auf Darlehen einer Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft keine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderungen. Dies hatte der BFH entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden (BFH vom 14.01.2009 – I R 52/08, DB 2009 S. 711). Der Gesetzgeber half dem für die Zukunft ab. Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 sind Gewinnminderungen bei Darlehen von Gesellschaftern, diesen nahe stehenden Personen und rückgriffsberechtigten Dritten nach § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG (mit Ausnahme des Escapes durch Erbringen eines Drittvergleichs) ausgeschlossen.
Die Finanzverwaltung lehnt eine Einkommensminderung bei Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen an ausländische Tochtergesellschaften für Veranlagungszeiträume vor 2008 weiterhin ab. Rechtsgrundlage hierfür sei § 1 AStG (BMF-Schreiben vom 29.03.2011). War eine Teilwertabschreibung Folge davon, dass ein Darlehen unbesichert begeben worden war, sei das nicht fremdüblich und rechtfertige eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG.
BFH-Entscheidung vom 17.12.2014
In seiner ersten Entscheidung (Urteil vom 17.12.2014 – I R 23/13, DB 2015 S. 465) näherte sich der BFH der Thematik von abkommensrechtlicher Seite her. Ist ein DBA nach Maßgabe des OECD-MA gestaltet und enthält es eine dem Grundsatz des dealing-at-arm’s-length-Prinzips des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechende Regelung, sei eine Gewinnkorrektur statthaft, falls miteinander verbundene Unternehmen Bedingungen vereinbaren, die voneinander unabhängige Unternehmen nicht vereinbart hätten. Einer Korrektur zugänglich seien also nur die Preise, nicht aber die Konditionen. D.h. nur der Zinssatz kann für den Fall einer fehlenden Besicherung über § 1 AStG, der insoweit unilateral die Anwendung von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA ermöglicht, berichtigt werden, nicht aber die fehlende Besicherung des Darlehens. Folge ist, dass im Umfang der Teilwertabschreibung eine Korrektur nach § 1 AStG nicht in Betracht kommt. In dem Schluss(ab)satz dieses Urteils deutet der BFH an, dass die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG (auch) damit zusammenhänge, ob ein Konzernrückhalt bei Darlehensbegebung zunächst bestanden jedoch später (im Zeitpunkt der Abschreibungen) entfallen sei. Was ist damit gemeint?
Interpretation der Finanzverwaltung und Kritik
Diese Urteilsaussage wurde von Teilen der Verwaltung so verstanden, als habe der BFH Folgendes sagen wollen: Bei fortbestehendem Rückhalt im Konzern als fremdüblicher, werthaltiger Sicherheit ist davon auszugehen, dass die darlehensnehmende Tochtergesellschaft ihre wirtschaftlichen Verpflichtungen weiterhin stets erfüllen werde. Daher sei für eine Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG schon mangels dauernder Wertminderung kein Raum.
Diese Auslegung ist allerdings angreifbar. Dem BFH ging es nicht darum, dem Konzernrückhalt eine „immerwährende“ Besicherung zu entlehnen, sondern nur darum, für den Konzern-Fall die Kreditbedingungen zu justieren. Sie differenziert auch nicht zwischen dem Konzern-Außenverhältnis und dem Konzern-Innenverhältnis. Dass ein konzernfremder Dritter keine Teilwertabschreibung auf seine Darlehensforderung gegen eine Tochtergesellschaft vornehmen darf, wenn die Muttergesellschaft die Zahlungsfähigkeit der Tochtergesellschaft im Außenverhältnis tatsächlich sicherstellt bzw. solange die Tochtergesellschaft ihre Verpflichtungen im Außenverhältnis erfüllt, mag zutreffend sein. Ein Konzernrückhalt hat aus Sicht des ungesicherten Drittgläubigers der Tochtergesellschaft den Charakter einer Kreditsicherheit. Dies gilt jedoch nicht für Darlehen der Muttergesellschaft an ihre Tochtergesellschaft.
Dass die Muttergesellschaft im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft aufkommt, lässt noch keine Rückschlüsse auf die Rückzahlung von Darlehensverbindlichkeiten durch die Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft zu. Vielmehr ist wirtschaftlich von Folgendem auszugehen: Wenn die Tochtergesellschaft auf die Inanspruchnahme des Konzernrückhalts angewiesen ist, um Drittgläubiger zu befriedigen, wird sie ihre Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Muttergesellschaft nicht bedienen können.
Klarstellung durch den BFH
Das am 09.09.2015 veröffentlichte BFH-Urteil (vom 24.06.2015 – I R 29/14, RS1123002) bestätigt erfreulicherweise in aller Deutlichkeit, dass die o.g. von Teilen der Verwaltung vertretene Auslegung des Rückhalts im Konzern für konzerninterne Darlehensbeziehungen nicht zutrifft. Eine Korrektur eines nicht dem Fremdvergleich standhaltenden Darlehenszinses bei Darlehensverhältnissen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft sei nach Maßgabe des dealing-at-arm’s-length-Grundsatzes des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nach deutschem Steuerrecht möglich. Die Korrekturmöglichkeit erfasse aber nicht die Abschreibung. Soweit nichts Neues. Dann stellt der BFH klar: Der Konzernrückhalt lässt keinen Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch eine Tochtergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs aus dem gewährten Darlehen zu – oder anders ausgedrückt: der Konzernrückhalt schließt eine Teilwertabschreibung nicht aus.
Zusammenfassung
Die Klarstellungsentscheidung des BFH hat Bedeutung für die Gestaltungsberatung (z.B. Strukturierung von Finanzierungen), aber besonders für die Abwehrberatung. Sie dürfte die „Durchsetzung“ von Teilwertabschreibungen in Betriebsprüfung und Finanzprozess „erleichtern“.