Derzeit prüft die Finanzverwaltung verstärkt Managementkapitalbeteiligungen daraufhin, ob Erlöse daraus als Arbeitslohn zu qualifizieren sind. In diesem Zusammenhang sind vor allem zwei Fragen relevant:
(1) Hat der Manager wirtschaftliches Eigentum an der Beteiligung erworben?
(2) Wird die Kapitalbeteiligung durch das Arbeitsverhältnis überlagert?
Dabei werden beide Themen in der Regel nebeneinander behandelt und geprüft. Dies ist systematisch jedoch nicht zutreffend, wie eine Entscheidung des FG Münster (FG Münster vom 15.07.2015 – 11 K 4149/12 E) zeigt.
Prüfungssystematik des FG Münster
Auch das FG Münster prüft in seiner Entscheidung vom 15.07.2015 (11 K 4149/12 E) die Überlagerungsthese und dann das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum für die streitgegenständliche Managementbeteiligung ohne Berücksichtigung der systematisch gebotenen Rangfolge. Die Regelungen der Satzung der Gesellschaft, an welcher der Kläger beteiligt war, und die separat geschlossene Aktionärsvereinbarung enthielten Verfügungsbeschränkungen, Mitverkaufspflichten im Falle eines Mehrheitsverkaufs des Hauptgesellschafters, sowie einen sogenannten Leaver-Scheme. Außerdem durfte der Kläger die Anteile nicht direkt erwerben, sondern musste sie auf einen vom Hauptgesellschafter eingesetzten Treuhänder übertragen, der die Rechte aus den Anteilen vollumfänglich und ohne Weisungsrecht des Klägers ausüben durfte.
Überlagerung der Kapitalüberlassung durch das Arbeitsverhältnis
Zunächst prüft das FG, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers die Kapitalüberlassung durch den Kläger verdrängt. Dabei stützt es sich insbesondere auf die jüngere Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH zur Besteuerung von Genussrechten (BFH vom 21.10.2014 – VIII R 44/11, RS1045720; vom 11.02.2015 – VIII R 4/12, RS1169066). Bei seiner Gesamtwürdigung des Sachverhaltes kommt das FG zu dem Ergebnis, dass allein die Tatsache, dass für die Anteile im Verkauf an einen fremden Dritten eine erhebliche Rendite erzielt wurde (das eingesetzte Kapital erzielte ein Multiple von 29,7), ausreiche, um Arbeitslohn zu indizieren. Für den Finanzinvestor habe außerhalb des Arbeitsverhältnisses kein erkennbarer Anlass bestanden, den Kläger an einer solchen Rendite teilhaben zu lassen.
Dass alleine die Höhe des realisierten Fremdverkaufswertes in diesem Fall Arbeitslohn indizieren soll, erscheint mehr als zweifelhaft und ist durch die bisherige Rechtsprechung des BFH nicht gedeckt. So lange der Erlös für den Verkauf der Anteile frei am Markt verhandelt wurde und dem inneren Wert der Anteile entspricht, kann die Höhe des Erlöses kein Indiz für Arbeitslohn sein, insbesondere, wenn auch der Hauptgesellschafter diesen Erlös auf seine Anteile realisiert hat. Es fehlt hier die Auseinandersetzung mit den weiteren Vertragsbedingungen der Beteiligung und der konkreten Marktsituation.
Erwerb wirtschaftlichen Eigentums
Im zweiten Teil der Entscheidung prüft das FG Münster dann, ob der Kläger überhaupt wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen erworben hat. Dies wird mit dem Hinweis auf die eingeschränkte Rechtsposition des Klägers in Bezug auf die Ausübung von Stimm- und Weisungsrechten über die Treuhand verneint. Auch aus diesem (weiteren) Grund kommt das FG zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit den Veräußerungsgewinnen Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erzielt hat.
Fazit
Die parallele Begründung des Ergebnisses zum einen durch die Überlagerungsthese, zum anderen durch das Fehlen wirtschaftlichen Eigentums, überzeugt nicht.
Die Frage, welche Einkunftsart im Vordergrund steht und die andere überlagert, ergibt sich aus einem Konflikt von Besteuerungstatbeständen. Das Erfordernis einer Gesamtwürdigung des Sachverhaltes besteht im vorliegenden Fall deshalb, weil das Gesetz für das Verhältnis von § 19 EStG zu § 20 EStG keine Subsidiaritätsregelung enthält. Einen Konflikt zwischen Besteuerungstatbeständen gibt es aber nur, wenn zunächst die Voraussetzungen beider Besteuerungstatbestände durch denselben Sachverhalt verwirklicht werden. Das heißt, bei Prüfung müssen sowohl die Voraussetzungen des § 19 EStG als auch des § 20 EStG verwirklicht sein.
Um aber Einkünfte aus Kapitalvermögen realisieren zu können, hätte zunächst geklärt werden müssen, ob der Kläger überhaupt Kapitalvermögen besaß. Wenn der Kläger aber nie wirtschaftlicher Eigentümer der veräußerten Anteile war, ist das Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen denklogisch ausgeschlossen. Insofern hätte die Prüfung mit der Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums beginnen müssen und wäre dann auch damit beendet gewesen. Wäre wirtschaftliches Eigentum gegeben gewesen, hätte weiterhin untersucht werden müssen, ob außerdem die Voraussetzungen für die Annahme von Arbeitslohn vorliegen. Erst wenn beides bejaht wird, ist eine Gesamtwürdigung des Sachverhaltes mit der Frage durchzuführen, welche Einkunftsart im Vordergrund steht.
Insofern erscheint die Begründung der Entscheidung des FG Münster in diesem Fall jedenfalls angreifbar.