Eingeschränkter Vorsteuerabzug bei Unternehmensgründern

RA/StB Svetlana Heil, Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

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Bei der Gründung eines Unternehmens gilt es, bereits im Vorfeld viele rechtliche und wirtschaftliche Fragen zu klären. Hierzu zählen z.B. die Rechtsformwahl für das künftige Unternehmen, das Erstellen eines Businessplanes und die eigentliche Vorbereitung der späteren unternehmerischen Tätigkeit. Werden bei solchen Vorfeldentscheidungen Berater zu Hilfe gezogen, möchten die Gründer oder die spätere Gesellschaft die dadurch entstandenen Kosten steuerlich geltend machen. Inwieweit die (vermeintlich) künftigen Gesellschafter die entstandene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können, hatte kürzlich erneut der BFH zu klären (BFH vom 11.11.2015 – V R 8/15, DB 2016 S. 689).

Beratungsleistungen vor einer GmbH-Gründung

Im Urteilsfall hatte ein Angestellter eine Ein-Mann-GmbH gründen wollen. Diese GmbH sollte nach ihrer Gründung einen bestehenden Betrieb einer anderen Gesellschaft kaufen (Asset-Deal). Hierzu hatte sich der Steuerpflichtige von einer Unternehmensberatungsgesellschaft und einem Rechtsanwalt beraten lassen. Die Gründung der GmbH sowie der Unternehmenskauf scheiterten schließlich aus Finanzierungsgründen.

Für den Veranlagungszeitraum reichte der Steuerpflichtige bei seinem Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung ein und machte darin die auf die Beratungsleistungen entfallenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt lehnte die Veranlagung und den Vorsteuerabzug ab.

Entscheidung des BFH: Kein Vorsteuerabzug bei nicht übertragbaren Beratungsleistungen

Anders als die Vorinstanz (FG Düsseldorf vom 30.01.2015 – 1 K 1523/14 U, RS1046625; vgl. dazu Graw, StR kompakt, DB0694428) versagte der BFH den Vorsteuerabzug, weil der GmbH-Gründer kein umsatzsteuerlicher Unternehmer gewesen sei und die Beratungsleistungen auch nicht auf die künftige GmbH übertragbar seien.

Unternehmerstellung eines Gesellschafters

Zum Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nur berechtigt, wer umsatzsteuerlich als Unternehmer anzusehen ist. Beabsichtigt ein Gründer gegenüber seiner GmbH etwa nachhaltig eigene Dienstleistungen gegen Entgelt zu erbringen, wird er dadurch (auch schon vor GmbH-Gründung) zum Unternehmer und kann die Vorsteuer geltend machen. Plant er dagegen lediglich die Anteile an der künftigen GmbH zu halten, reicht das für eine Unternehmerstellung nicht aus und der eigene Vorsteuerabzug entfällt grundsätzlich.

Im Urteilsfall beabsichtigte der Gründer nicht, gegenüber der künftigen GmbH entgeltliche Leistungen zu erbringen. Deswegen verneinte der BFH die „eigene“ Vorsteuerberechtigung des künftigen Gesellschafters.

Ausnahme: Investitionsumsatz des Gesellschafters

Vor dem Hintergrund der Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts prüfte der BFH sodann, ob die Vorsteuerabzugsberechtigung doch nicht ausnahmsweise im Sinne der EuGH-Rechtsprechung gegeben ist. Danach kann die Vorsteuer auch dann geltend gemacht werden, wenn Gesellschafter vor Gründung und Eintragung der Gesellschaft bestimmte Investitionskosten für Zwecke der künftigen GmbH und im Hinblick auf deren wirtschaftliche Tätigkeit getragen haben (EuGH vom 29.04.2004 – Rs. C-137/02, Faxworld, RS0840956; vom 01.03.2012 – Rs. C-280/10, Polski Trawertyn, DB0469747; vom 13.03.2014 – Rs. C-204/13, Malburg, RS0849220; vgl. hierzu Müller, StR kompakt, DB0650569). Der EuGH sieht es als europarechtswidrig an, wenn weder die Gesellschaft noch die Gesellschafter ein Recht auf Vorsteuerabzug für Investitionskosten haben, die vor Gründung und Eintragung der Gesellschaft angefallen sind. Die Vorsteuerabzugsberechtigung nach der Rechtsprechung des EuGH setzt jedoch voraus, dass das Investitionsgut dem Vermögen der neu gegründeten Gesellschaft „zuwächst“.

Diese Ausnahme sah der BFH im Urteilsfall nicht als erfüllt an, weil die vom Gründer bezogenen Beratungsleistungen nicht übertragbar gewesen seien. Es hätten daher keine „übertragbaren Vermögenswerte“ bzw. „Investitionsgüter“ vorgelegen.

Im Ergebnis reduziert der BFH die EuGH-Rechtsprechung auf die einzige Frage, ob die erworbenen Vermögenswerte übertragbar sind. Er geht auch nicht weiter darauf ein, warum die bezogenen Beratungsleistungen nicht übertragbar seien. Es wird lediglich festgestellt, dass durch die Beratungsleistungen keine übertragbaren Vermögenswerte entstanden sind.

Praxishinweis

Das BMF hat sich bisher nicht zu dem Urteil geäußert und es auch noch nicht zur Veröffentlichung im BStBl. bestimmt. Ob der rechtlichen Würdigung des BFH zuzustimmen ist oder nicht, das Urteil wird in der Praxis vorerst jedenfalls beachtet werden müssen.

Die entscheidende Frage wird daher sein, wann eine Leistung derart übertragbar ist, dass sie in das Vermögen der neu gegründeten Gesellschaft übergehen kann. Eine unentgeltliche Überlassung zur Nutzung, ohne einen Vermögenszuwachs bei der Gesellschaft, wird angesichts der EuGH-Rechtsprechung jedenfalls nicht ausreichen.

In vielen Fällen kann der Problematik dadurch abgeholfen werden, dass unmittelbar nach der GmbH-Gründung zwischen den Gesellschaftern und der neu gegründeten GmbH eine Vertragsübernahme vereinbart wird. Es wird ein Überleitungsvertrag geschlossen, wonach die GmbH solche Beratungsverträge übernimmt, welche für ihre Zwecke und im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Gründer abgeschlossen worden sind. Soweit die Beratungsleistung noch nicht vollständig erbracht worden ist und auch keine Teilleistungen vorliegen, erkennt die Finanzverwaltung in solchen Fällen den neuen Vertragspartner (die GmbH) als Leistungsempfänger der gesamten Leistung an (A 3.5 Abs. 7a Satz 5 UStAE). Der GmbH steht dann auch der volle Vorsteuerabzug aus den Beratungsleistungen zu.

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