Die Neufassung § 50i EStG oder: Zurück auf Start

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt

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Kaum eine Vorschrift des deutschen Steuerrechts wurde in den letzten Jahren so intensiv diskutiert und kritisiert wie § 50i EStG. Vor allem der weit überschließende Wortlaut des Absatzes 2 führte dazu, dass geplante Umwandlungen oder Nachfolgeregelungen bei Familienunternehmen mit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft als Obergesellschaft seit 2014 nicht mehr umgesetzt wurden.

Hintergrund

Anlass der Einführung des § 50i EStG war die Rechtsprechung des BFH, nach der Wirtschaftsgüter abkommensrechtlich nicht mehr – wie dies bis dahin die Auffassung der Finanzverwaltung war (vgl. BMF-Schreiben vom 16.04.2010, BStBl. I 2010 S. 354 = DB0350421, Tz. 2.2.1.) – der Betriebsstätte der fiktiv gewerblichen Mitunternehmerschaft zuzuordnen waren, sondern deren Gesellschaftern (vgl. BFH vom 28.04.2010 – I R 81/09, BStBl. II 2014 S. 754 = DB 2010 S. 1322; vom 04.05.2011 – II R 51/09, BStBl. II 2014 S. 751 = DB 2011 S. 2070; vom 24.08.2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014 S. 764 = DB 2011 S. 2413 m. Anm. Heger). Somit unterliegen diese bei einem im DBA-Ausland ansässigen Gesellschafter grundsätzlich nicht mehr der deutschen Besteuerung.

Um zu vermeiden, dass Anteile, die bereits vor der Einführung des § 50i EStG in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft überführt worden sind, gar steuerfrei entstrickt werden können, schloss Absatz 2 aus, dass nachfolgende Umwandlungen, Einbringungen, Überführungen oder Übertragungen oder ein Strukturwandel zum Buchwert erfolgen konnten. Somit war Ziel des § 50i Abs. 2 EStG die nachträgliche Sicherung der Besteuerung der stillen Reserven bei Wegzugsgestaltungen. Allerdings setzte § 50i Abs. 2 EStG nicht voraus, dass der Steuerpflichtige in einem DBA-Staat ansässig ist.

Trotz der Kritik im Schrifttum (vgl. z.B. Rödder, DB 2015 S. 1422; Lüdicke, FR 2015 S. 128; Roderburg/Richter, IStR 2015 S. 227) an dem weit überschießenden Gesetzeswortlaut des § 50i Abs. 2 EStG erfolgte zunächst keine Reaktion durch die Finanzverwaltung oder den Gesetzgeber. Das BMF-Schreiben vom 26.09.2014 (BStBl. I 2014 S. 1258 = DB0671843; ersetzt das o.g. BMF-Schreiben vom 16.04.2010) enthielt lediglich Ausführungen zum Anwendungsbereich des § 50i Abs. 1 EStG. Ursache war wohl, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 50i Abs. 2 EStG das BMF-Schreiben bereits inhaltlich verabschiedet war. Die zunächst angedachte gesetzliche Beschränkung des § 50i Abs. 2 EStG durch das Zollkodexanpassungsgesetz Ende 2014 wurde nicht umgesetzt. In der Folge wollten insbesondere die Landesfinanzverwaltungen, die sich mit Anträgen auf Erteilung verbindlicher Auskünfte konfrontiert sahen, die Inlandsfälle durch ein BMF-Schreiben von dem Anwendungsbereich des § 50i Abs. 2 EStG ausnehmen. Aufgrund eines wohl politischen Drucks sollte jedoch eine gesetzliche Lösung einer Verwaltungslösung vorgezogen werden. Die entsprechenden Arbeiten des BMF im Sommer/Herbst 2015 verliefen ergebnislos. Das BMF-Schreiben vom 21.12.2015 (BStBl. I 2016 S. 7 = DB 2016 S. 21) ermöglichte der Finanzverwaltung im Billigkeitswege die Suspendierung von § 50i Abs. 2 EStG auf Antrag bei Inlandsfällen, wobei direkte, unentgeltliche Übertragungen einer § 50i-Beteiligung auf Körperschaften, wie Stiftungen, weiterhin gemäß § 50i Abs. 2 Satz 2 EStG nur zu gemeinen Werten möglich sein sollten (BMF vom 21.12.2015, a.a.O., Tz. 2.2). Das BMF-Schreiben enthielt keine Aussage zur zeitlichen Anwendung. Letztlich blieb es unklar, ob eine verwaltungsinterne Regelung den zu weit geratenen Anwendungsbereich von § 50i Abs. 2 EStG rechtssicher regeln konnte.

Neufassung des § 50i EStG

Diese Bedenken wurden nun aufgegriffen und § 50i EStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 (BGBl. I 2016 S. 3000) neugefasst.

Die Entschärfung

Die Anwendung des § 50i Abs. 1 EStG wurde auf diejenigen Fälle zurückgenommen, in denen der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts vor dem 01.01.2017 eingetreten ist. Für spätere Vorgänge gelten die allgemeinen Regeln des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG etc.

Durch die Änderung wird der Wortlaut der Vorschrift in Einklang mit ihrer eigentlichen Zielsetzung gebracht, nämlich Steuergestaltungsstrategien über § 20 UmwStG zur Umgehung des Tatbestands des § 50i Abs. 1 EStG zu verhindern. Absatz 2 ordnet daher an, dass bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen nach § 20 Abs. 1 UmwStG, die Wirtschaftsgüter und Anteile enthalten, die vor dem 29.06.2013 in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft übertragen oder überführt worden sind, diese zwingend mit dem gemeinen Wert angesetzt werden müssen.

Der Ansatz des gemeinen Werts bezieht sich zudem nun nicht auf die Sachgesamtheit, sondern nur auf die betroffenen Wirtschaftsgüter und Anteile im Sinne des Absatzes 1.

Soweit sonst durch Umwandlungen und Einbringungen im Sinne des UmwStG oder durch Überführungen oder Übertragungen deutsche Besteuerungsrechte eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, gelten die allgemeinen Entstrickungsregelungen. § 6 Abs. 3 EStG wurde daher entsprechend ergänzt.

Wegfall der Wirkung als Entstrickungsblocker

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, die durch § 50i EStG bewirkte Sicherung des deutschen Besteuerungsrechts im Wege des Treaty Overrids abzuschaffen. Ab dem 01.01.2017 soll es vielmehr zur allgemeinen Entstrickungsbesteuerung kommen und zwar unabhängig davon, ob ein Wegzug in einen EU-Mitgliedsstaat oder in einen Drittstaat erfolgt. Einzige Voraussetzung ist, dass deutsche Besteuerungsrechte vollständig oder nur anteilig ausgeschlossen oder beschränkt werden.

Zeitliche Anwendung

Die Neufassung des § 50i Abs. 2 EStG ist gemäß § 52 Abs. 48 EStG erstmals für Einbringungen anzuwenden, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2013 geschlossen worden ist. Damit ersetzt die Neufassung den alten § 50i Abs. 2 EStG rückwirkend und umfassend. Mit BMF-Schreiben vom 05.01.2017 (DB 2017 S. 35) wurde auch das BMF-Schreiben vom 21.12.2015 aufgehoben.

Würdigung

Der Gesetzgeber hat die überschießende Wirkung des § 50i Abs. 2 EStG nach nun drei Jahren der Unsicherheiten zurückgedreht, so dass diese Vorschrift in der alten Fassung nie zur Anwendung kommen wird. Dieser Neustart ist grundsätzlich zu begrüßen, wobei der Wegfall der Entstrickungsblockerwirkung ab dem 01.01.2017 etwas überrascht. Sehr wichtig ist, dass nun geplante Umwandlungen und Nachfolgeregelungen bei Familienunternehmen mit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft als Obergesellschaft, soweit sie sich auf das Inland beziehen, grundsätzlich verlässlich zu Buchwerten durchgeführt werden. Die bisherige Unsicherheit einer Billigkeitsmaßnahme ist somit entfallen.

Auch kann bei Nachfolgeplanungen wieder eine Stiftung in Betracht gezogen werden. Bei einer angedachten Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine gemeinnützige Stiftung ist zu beachten, dass diese grundsätzlich nicht mehr zu Buchwerten erfolgen kann (vgl. OFD Frankfurt/M. vom 27.07.2016 = DB 2016 S. 1966).

Eine Nachbesserung des § 50i EStG wird jedoch nicht ausbleiben können: die Vorschrift unterscheidet derzeit nicht danach, wohin ein Wegzug erfolgt. Somit kommt es bei einem Wegzug in einen EU-Mitgliedsstaat grundsätzlich auch zur Entstrickung. Damit sind Gesellschafter einer Personengesellschaft gegenüber Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft benachteiligt, da letztere bei einem Wegzug in einen EU-Mitgliedsstaat grundsätzlich die Stundungsregelung des § 6 Abs. 5 AStG in Anspruch nehmen können. Die unionsrechtlichen Bedenken (hier: Verletzung der Niederlassungsfreiheit) liegen m.E. auf der Hand. Somit ist nach der Änderung auch wieder vor der nächsten Änderung.

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