Entwarnung bei der Besteuerung von Managementbeteiligungen: BFH bestätigt Besteuerung als Veräußerungsgewinn

Dr. Barbara Koch-Schulte, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Partnerin, P+P Pöllath + Partners, München

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Nun endlich hat der BFH die Besteuerung von Erlösen aus Managementbeteiligungen als Veräußerungsgewinne bestätigt (Urteil vom 04.10.2016 – IX R 43/15, RS1227663). Damit hat er der Praxis der Finanzverwaltung, solche Einkünfte als Arbeitslohn zu besteuern, eine klare Absage erteilt. Die Entscheidung des BFH war in der Private Equity-Praxis mit Spannung erwartet worden, denn es handelt sich um die erste höchstrichterliche Entscheidung zu einer typischen Managementbeteiligung im Zusammenhang mit Private Equity-Investments.

 

 

Sachverhalt

In dem entschiedenen Sachverhalt hatte ein Manager im Jahr 2003 Anteile an der Holdinggesellschaft der Arbeitgebergruppe des Managers erworben. Im Jahr 2004 waren diese Anteile im Rahmen eines Exits an Dritte verkauft worden. An- und Verkauf hatten unstreitig zum jeweiligen Verkehrswert der Managementbeteiligung stattgefunden. Die vertraglichen Regelungen enthielten einen Leaver Scheme, der zwischen Good-Leaver, Bad-Leaver und Bad-Bad-Leaver unterschied. Im Einzelnen enthielt der Leaver Scheme folgende Regelungen:

  • Abfindung in Höhe der Einlage: Pflichtverletzung, Unzumutbarkeit des Verbleibens oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aus wichtigem Grund („Bad Bad Leaver“).
  • Abfindung in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a. seit Einlageleistung: Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Beteiligten, Ausschluss wegen Vermögensverfalls oder Beendigung des Anstellungsverhältnisses auf Wunsch des Beteiligten („Bad Leaver“).
  • variable, erfolgsabhängige Abfindung, mindestens in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a.: Tod des Beteiligten, Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber unabhängig vom Grund („Good Leaver“).

Für den Good Leaver galt außerdem über fünf Jahre ein sog. Vesting, d.h. der Anteil der variablen Abfindung stieg über die Zeit an, der Anteil der Einlagerückzahlung ging entsprechend zurück.

Das FG Köln hatte den Sachverhalt in der ersten Instanz (Urteil vom 20.05.2015 – 3 K 3253/11, vgl. hierzu Koch-Schulte, DB 2015 S. 2166) umfassend gewürdigt und dabei keinen hinreichenden Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis gesehen. Im Rahmen der Revision rügte das Finanzamt nun insbesondere, dass die Beteiligungsmöglichkeit nur handverlesenen Arbeitnehmern angeboten worden sei und sich das tatsächliche Verlustrisiko des Klägers aus der Managementbeteiligung aufgrund seiner Insiderkenntnisse zum Beteiligungsunternehmen in Grenzen gehalten habe.

Managementbeteiligung als Sonderrechtsverhältnis

Der IX. Senat des BFH hat die Entscheidung des FG Köln nun vollumfänglich bestätigt und sich dabei insbesondere auf die Rechtsprechung des VI. Senats zur Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen gestützt (vgl. insbesondere BFH vom 17.06.2009 – VI R 69/06, DB 2009 S. 2186). Danach fließt aus einer Mitarbeiterbeteiligung nicht deshalb Arbeitslohn zu, weil die Beteiligung nur von einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern erworben werden kann. Dies ist einer Mitarbeiterbeteiligung naturgemäß immanent. Nach Meinung des BFH stellt die Kapitalbeteiligung ein Sonderrechtsverhältnis dar, das selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen kann. Auch das eher schwache Argument des Finanzamtes zum angeblich wegen des Insider-Wissens nicht bestehenden Verlustrisikos weist der BFH klar zurück.

Maßgeblichkeit von Marktpreis und Verlustrisiko

Die bloße Kausalität des Arbeitsverhältnisses für den Erwerb der Beteiligung ist allein also nicht maßgeblich, wenn – wie unstreitig festgestellt – die Beteiligung zum Marktpreis erworben und verkauft wird und ein effektives Verlustrisiko besteht. Auch die bestehenden Ausschlussrechte aus der GbR im Fall einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen entgegen der Auffassung des Finanzamtes für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Arbeitslohn zugewendet wird.

Leaver Scheme und Vesting sind unschädlich

Mit dieser Aussage geht der IX. Senat über die bisherige Rechtsprechung zu Mitarbeiterbeteiligungen hinaus. Der BFH bestätigt damit, dass die Vereinbarung eines sogenannten Leaver Schemes für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch das insofern vorgesehene Vesting unschädlich für die steuerliche Qualifizierung der Mitarbeiterbeteiligung sind. Dies ist deshalb von großer Bedeutung für die Beratungspraxis, weil die Finanzverwaltung in der jüngeren Vergangenheit dazu übergegangen war, insbesondere das Bestehen eines sogenannten Leaver Schemes als Grund für die Besteuerung als Arbeitslohn heranzuziehen. Sie stützte sich insofern auf das BFH-Urteil vom 05.11. 2013 (VIII R 20/11, DB 2014 S. 396), das für den Fall eines Genussrechts die Differenzierung des Rückvergütungspreises je nachdem, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet wird, als klares Indiz für das Vorliegen von Arbeitslohn bestimmt hatte.

Diese Entscheidung des VIII. Senats lässt sich jedoch auf die Besteuerung einer klassischen Managementbeteiligung nicht übertragen, wie nun der IX. Senat bestätigt hat. Zum einen begründet ein sogenannter Leaver Scheme lediglich die Option zum Rückkauf von Anteilen bei Beendigung des Dienstverhältnisses und stellt keine zwingende Abfindung der Managementbeteiligung dar. Zum anderen sehen auch übliche Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen eine Differenzierung zwischen Buchwertabfindung und Verkehrswertabfindung vor. Die vorliegenden Abfindungsregelungen im Leaver-Fall nehmen dies lediglich auf.

Fazit: Beschränkung der Besteuerungspraxis

Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt der BFH vollumfänglich die marktübliche Gestaltungspraxis von Managementbeteiligungen und schiebt damit der Finanzverwaltung bei der Besteuerung als Arbeitslohn einen Riegel vor. Dies wird bei vielen Managern für große Erleichterung sorgen, die insbesondere in den letzten drei bis vier Jahren zum Teil nachträglich mit ihren Erlösen einer Vollbesteuerung unterworfen wurden. Das insofern von der Finanzverwaltung entwickelte „Geschäftsmodell“ hatte für die betroffenen Steuerpflichtigen mitunter dramatische Folgen, da sie zum Teil erheblichen Steuer- und Zinsnachforderungen ausgesetzt waren, ohne dass eine tragende Rechtsgrundlage für diese Besteuerungspraxis erkennbar war. Mit seiner Entscheidung stellt der BFH für viele Betroffene das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder her.

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