Gewerblich geprägte Personengesellschaft – Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wirkt auch im Steuerrecht

RA Gerald Herrmann, Associate bei P+P Pöllath + Partners, München

Auch eine nicht gewerblich tätige Personengesellschaft kann als sogenannte gewerblich geprägte Personengesellschaft Einkünfte aus § 15 EStG generieren, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter ausschließlich Kapitalgesellschaften sind und auch nur solche zur Geschäftsführung befugt sind. (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Für den Fall, dass die maßgebliche Gesellschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, war nach bisheriger Rechtsprechung des BFH unter Umständen eine Qualifikation als gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne dieser Vorschrift auch dann möglich, wenn einer der Gesellschafter eine natürliche Person war. Der BFH hat nun in einem bisher wenig beachteten Beschluss vom 22.09.2016 – IV R 35/13 (DB 2016 S. 2700) festgestellt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit mindestens einer natürlichen Person als Gesellschafter keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein kann.

Hintergrund

Grundsätzlich richtet sich die Qualifikation der Einkünfte einer Personengesellschaft nach der Tätigkeit der Gesellschaft.

Der Gesetzgeber hat aber in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die Einkünfte einer Personengesellschaft unabhängig von deren tatsächlicher Tätigkeit als gewerblich eingestuft, wenn diese kapitalgesellschaftsähnlich strukturiert ist. Diese wird als gewerblich geprägte Personengesellschaft bezeichnet.

Hierdurch soll sichergestellt werden, dass kapitalgesellschaftsähnlich strukturierte Personengesellschaften wie zum Beispiel die GmbH & Co. KG bereits aufgrund ihrer Gesellschaftsstruktur zwingend gewerbliche Einkünfte erzielen. Denn auch bei solchen liegt in wirtschaftlicher Hinsicht – ebenso wie bei den Körperschaften, die kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen – keine persönliche Haftung einer natürlichen Person vor.

Eine solche gewerblich geprägte Personengesellschaft liegt vor, wenn es sich

  • um eine Personengesellschaft handelt, die selbst keine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt,
  • nur Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und
  • ausschließlich diese oder gesellschaftsfremde Dritte zur Geschäftsführung befugt sind.

Diese Voraussetzungen müssen jeweils kumulativ vorliegen.

Die Frage, wer persönlich haftender Gesellschafter ist, bestimmt sich ausschließlich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.

Sachverhalt

Klägerin war vorliegend eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der eine Aktiengesellschaft sowie zwei natürliche Personen Gesellschafter waren.

Hierbei war im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass ausschließlich die Aktiengesellschaft zur Geschäftsführung der Gesellschaft befugt sein sollte. Auch sollte nur diese für die Gesellschaftsverbindlichkeiten unbeschränkt haften. Die Haftung der natürlichen Personen war auf die Kapitaleinlage beschränkt. Dies wurde gesellschaftsvertraglich vereinbart und wurde tatsächlich im Außenverhältnis durch eine jeweils individualvertragliche Haftungsbeschränkung erreicht.

Die Klägerin hatte im streitigen Veranlagungszeitraum Verluste aus der Anschaffung von Wertpapieren erlitten und begehrte die Feststellung negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt stufte die Einkünfte aber als solche aus Kapitalvermögen ein, d.h. es verneinte eine gewerbliche Prägung.

Entscheidung des BFH

Der BFH folgte nun in seinem Beschluss (BFH vom 22.09.2016 – IV R 35/13, DB 2016 S. 2700) der Vorinstanz (FG Hessen vom 03.07.2013 – 8 K 2647/06) und wies die Revision zurück.

Die Entscheidung beruht im Wesentlichen darauf, dass vorliegend auch natürliche Personen Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts waren und diese bei einer rein gesellschaftsrechtlichen Betrachtung aufgrund der jetzt anerkannten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Somit sind nicht ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter, was aber für die Einstufung als gewerblich geprägte Personengesellschaft zwingend ist.

Die Frage, wer persönlich haftender Gesellschafter ist, ist nach Auffassung des BFH rein nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen. Nach alter Rechtsauffassung des BGH war eine gesellschaftsrechtliche Beschränkung der Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen möglich. Denn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde nach dieser Ansicht lediglich als Schuldverhältnis der Gesellschafter untereinander mit einem zusätzlichen Sondervermögen in Form des Gesamthandvermögens angesehen. Nicht die Gesellschaft selbst, sondern die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit seien Vertragspartner. Dementsprechend werde bei Verträgen mit der Gesellschaft, also nach dieser Ansicht den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, auch nur dieses Sondervermögen verpflichtet. Eine darüber hinausgehende Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen bedürfe einer weiteren, besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtung. Diese erfolge zwar in der Rechtspraxis meist zusammen mit der Verpflichtung des Sondervermögens, könne aber durch einen ausdrücklichen Hinweis einseitig verhindert werden. Dies sei nun aufgrund der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht mehr möglich. Denn nun sei stets die Gesellschaft als solche Vertragspartnerin. Deren Gesellschafter haften aber dann unmittelbar aus Gesetz persönlich und unbeschränkt analog § 128 HGB für die Gesellschaftsverbindlichkeiten.

Dementsprechend könne als Folge auch die frühere Rechtsprechung des BFH (vgl. nur BFH vom 11.12.1986 – IV R 222/84, RS0739905; vom 17.12.1992 – IX R 7/91, DB 1993 S. 1496), nach der in solchen Fällen der damals möglichen gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine gewerblich geprägte Personengesellschaft vorlag, nicht aufrechterhalten werden.

Nach den Feststellungen des BFH ist demnach eine Einstufung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht mehr möglich, sobald diese eine natürliche Person als Gesellschafter hat.

Da der BFH vorliegend eine rein gesellschaftsrechtliche Betrachtungsweise vornimmt, ist die im vorliegenden Fall zusätzlich individualvertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkung der natürlichen Personen auf das Gesellschaftsvermögen nicht von Bedeutung.

Zusammenfassung

Mit dieser Entscheidung wird letztlich die bisherige Rechtsprechung des BFH konsequent an die geänderte gesellschaftsrechtliche Einstufung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH angepasst.

Der BFH folgt hierbei dem seit längerem in der Literatur ganz herrschend vertretenen Ansatz, wonach eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der eine natürliche Person beteiligt ist, keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein kann. Er bestätigt ausdrücklich sowohl die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als auch das Festhalten an einer rein gesellschaftsrechtlichen Betrachtung bei der Frage wer persönlich haftender Gesellschafter im Sinne dieser Vorschrift ist.

Dies gilt für alle Gesellschaften bürgerlichen Rechts, eine Übergangsregelung oder Vertrauensschutz für Altfälle ist nicht vorgesehen. Insofern ist daher eine Überprüfung bestehender Gesellschaftsstrukturen unerlässlich.

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