Wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist umsatzsteuerpflichtig

RA/FAStR Thomas Streit, LL.M. Eur., Partner bei KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER Rechtsanwaltsgesell-schaft mbH, München

Abmahnungen sind meist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. In der Vergangenheit hat der Abmahnende vom Abgemahnten meist den Ersatz des Nettobetrags der aufgewandten Anwaltskosten verlangt. Diese Zahlung hat der Abmahnende als nicht steuerbar eingestuft. Entsprechend hat er keine Umsatzsteuer abgeführt. Dies ändert sich nun. Wie aus einer aktuellen BFH-Entscheidung hervorgeht (BFH vom 21.12.2016 – XI R 27/14, DB 2017 S. 946; vgl. dazu auch Werth, StR kompakt, DB1237374), sieht der BFH in diesem Aufwendungsersatz ein Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung: Die Leistung besteht aus Sicht des BFH darin, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung vermieden wird. Der Aufwendungsersatz, den der Abgemahnte an einen Mitbewerber zahlt, sei insbesondere kein nicht steuerbarer Schadensersatz. Unternehmer, die Mitbewerber auf Basis des UWG abmahnen, müssen nunmehr die umsatzsteuerrechtlichen Folgen beachten.

Sachverhalt

Der Entscheidung des BFH lag kurz gefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin  mahnte in den Streitjahren Wettbewerber wegen fehlerhafter Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf Basis des UWG ab und machte einen Unterlassungsanspruch geltend. Dies geschah unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts. Die abgemahnten Mitbewerber erstatteten der Klägerin die entstandenen Rechtsanwaltskosten ohne Umsatzsteuer. Das Finanzamt beurteilte die Abmahnungen der Klägerin als umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die abgemahnten Wettbewerber. Das FG Münster gab der Klage statt (FG Münster vom 03.04.2014 – 5 K 2386/11 U). Es verneinte einen Leistungsaustausch. Die Klägerin habe den Mitbewerbern keinen verbrauchsfähigen Vorteil zugewandt. Der BFH hob das Urteil des FG Münster auf. Er wies die Klage ab.

Rechtliche Würdigung des BFH

Der BFH sieht in der Abmahnung eine umsatzsteuerpflichtige Leistung der Klägerin an den jeweils abgemahnten Mitbewerber. Entgelt sei der Ersatz der Anwaltskosten.

Damit von einer Leistung i.S.d. Umsatzsteuerrechts ausgegangen werden kann, muss zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach dem Rechtsverhältnis, das der Leistung zugrunde liegt. Nach Ansicht des BFH genügt es dabei regelmäßig, wenn der Unternehmer als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig wird und einen Aufwendungsersatz erhält.

Der BFH bejahte dies im vorliegenden Fall. Bevor ein Unternehmer gegen unlautere Wettbewerbshandlungen eines Mitbewerbers vorgeht, soll er diesen gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG abmahnen und ihm Gelegenheit geben, die Auseinandersetzung durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung zu beenden. Der abmahnende Unternehmer kann hierfür gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.

Bereits in der Vergangenheit hatte der BFH entschieden, dass ein Abmahnverein eine steuerpflichtige Leistung erbringe. Im vorliegenden Fall könne nichts anderes gelten. Die Abmahnung dient nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte i.d.R. dem Interesse beider Parteien. Sie soll die Auseinandersetzung auf einfache, kostengünstige Weise vorprozessual beenden. So soll ein Rechtsstreit vermieden werden. Folglich habe die Klägerin ihren Mitbewerbern einen konkreten Vorteil verschafft. Dieser führe zu einem Verbrauch i.S.d. Mehrwertsteuerrechts.

Folgen für die Praxis

Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers wird eine erhaltene Abmahnung wohl kaum als wirtschaftlicher Vorteil erscheinen. Der durchschnittliche Empfänger einer Abmahnung wird diese sicher eher als Belastung denn als wirtschaftlichen Vorteil betrachten. So wird auch eine Mahnung nicht als steuerpflichtige Leistung eingestuft (vgl. Abschn. 1.3 Abs. 6 Satz 2 UStAE). Doch auch diese Mahnung dient letztlich der Vermeidung einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung. Auch wenn diese Entscheidung nur schwer zu überzeugen vermag, werden Unternehmer nicht umhinkommen, sie zu beachten. Der Abmahnende muss Umsatzsteuer auf die Aufwendungen, die er vom Abgemahnten erstattet erhält, an sein Finanzamt abführen. Ferner muss er dem Abgemahnten eine entsprechende Rechnung ausstellen. Erhält der Abgemahnte keine ordnungsgemäße Rechnung, hat er hinsichtlich der Zahlung, die er zu leisten hat, ein zivilrechtliches Zurückbehaltungsrecht. Unklar ist noch, wie die Finanzverwaltung mit Abmahnungen nach dem UWG umgehen wird, die in der Vergangenheit erfolgt sind.

Ob diese Rechtsprechung aus dem Bereich des UWG auch auf andere Bereiche wie beispielsweise das Markenrecht oder das Urheberrecht übertragbar ist, erscheint äußerst zweifelhaft. Abmahnungen in diesen Bereichen dienen der Abwehr eines Eingriffs des Abgemahnten in das geistige Eigentum des Abgemahnten. Abmahnende wollen dem Rechteverletzer sicher keinen Vorteil verschaffen. Eine Entscheidung des BFH zu Abmahnungen in diesen Bereichen existiert bislang nicht. Ebenso wenig existieren entsprechende Verwaltungsanweisungen. Eine klare Abgrenzung wäre wünschenswert.

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