BFH verschärft die Gefahren für die ertragsteuerliche Organschaft erheblich

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, audit law Rechts-anwaltsgesell-schaft und TAXGATE Steuer-beratungs-gesellschaft, beide Stuttgart

Konnte man kürzlich noch die erfreulichen Urteile des BFH vom 10.05.2017 zur Organschaftspause (I R 51/15, DB 2017 S. 2267, dazu Heil, Steuerboard vom 12.10.2017) und zur Verknüpfung der Mindestlaufzeit mit der Einkommenszurechnung zum Ende des Wirtschaftsjahres mit erleichterter fiktiver Rückbeziehung bei einer Umwandlung (I R 19/15, DB 2017 S. 2264; vgl. zu beiden Urteilen die Anm. von Walter, GmbHR 2017 S. 1222 und 1226) begrüßen, schwingt mit dem am 08.11.2017 veröffentlichten BFH-Urteil vom 10.05.2017 (I R 93/15, DB 2017 S. 2650) das Pendel nun auf die Gegenseite. Der BFH schloß sich leider der fiskalisch orientierten Kommentierung an. In der Praxis drohen somit teure Anpassungen vor allem älterer Gewinnabführungsverträge sowie eine noch stärkere laufende Überwachung von Organschaften.

Variable Ausgleichszahlungen erschwert

Konnte man sich mit einer GmbH als Organschaftgesellschaft bei Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter bisher vergleichsweise großzügig verhalten und wegen entsprechender Äußerungen der Finanzverwaltung auf relativ sicherem Grund fühlen, ist nun alles anders. Der BFH betont, dass die Frage der tatsächlichen Durchführung der Gewinnabführung eigenständig anhand der steuerrechtlichen Regelungszwecke und Sachgesetzlichkeiten auszulegen und anzuwenden sei. Die fehlende gesellschaftsrechtliche Regelung der Ausgleichszahlung bei einer GmbH hindere die vollständige Anwendung der aktienrechtlichen Regelungen zu Ausgleichszahlungen nicht. Dazu gehöre, dass neben einem festen Ausgleich ein etwaiger variabler Ausgleich am Ergebnis des Organträgers orientiert ist, nicht aber am (schwankenden) Gewinn der Organgesellschaft. Eine beliebige Aufteilung des von der Organgesellschaft erzielten Einkommens in Gewinnabführung und Ausgleichszahlung sei zweck- und systemwidrig und lasse die Organschaft scheitern.

Vorbehaltlich einer vertieften Analyse des Urteils scheinen damit alle Ausgleichsregelungen unzulässig, die sich irgendwie am Gewinn der Organgesellschaft orientieren, auch wenn es sich nur um Zuschläge zu einem festen Ausgleich handelt. Sofern ein Gewinnabführungsvertrag derartige Regelungen enthält, sollte er schnellstmöglich angepasst werden.  Dies gilt selbst für den Fall, dass das BMF erneut eine Nichtanwendung des Urteils verfügen sollte, weil gerade Organschaften im öffentlich-rechtlichen Bereich in großem Umfang betroffen sind. Nur ein schwacher Trost mag dabei sein, dass eine Organschaftspause nach den vorgenannten Urteilen vom gleichen Tag eine Organschaft in der Mindestlaufzeit nun nicht mehr generell und rückwirkend scheitern lässt.

Verlustübernahme in Altverträgen

Das Urteil betrifft ferner sog. Altverträge, die noch nicht auf den mit Wirkung ab 15.12.2004 angefügten § 302 Abs. 4 AktG verweisen. Lt. BFH wird für die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags verlangt, dass eine dem Erfordernis der Verlustübernahme genügende Regelung während der gesamten Laufzeit vorliegt. Es sei erforderlich, dass ein Gewinnabführungsvertrag an geänderte zivilrechtliche Bezugsnormen angepasst werde. Dass eine Vorschrift wie die des § 302 Abs. 4 AktG im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Streitfall noch nicht galt, negiert der BFH mit dem Postulat einer Anpassungsobliegenheit. Bei Dauerrechtsverhältnissen sei es grundsätzlich Sache der Vertragsparteien, die Übereinstimmung der vertraglichen Abmachungen mit den gesetzlichen Vorgaben im Zeitablauf sicherzustellen. Der Lebenswirklichkeit der Unternehmen und ihrer Berater läuft diese Aussage jedoch zuwider. Der Senat betont ferner erneut, dass die begünstigende BMF-Regelung die Rechtsprechung nicht bindet. Trost mag nur bieten, dass offen blieb, innerhalb welcher zeitlicher Grenzen ein unzureichender Vertrag anzupassen ist.

Handlungserfordernis

Bei einer GmbH als Organgesellschaft sollten Gewinnabführungsverträge mit einer am Gewinn der Organgesellschaft orientierten Ausgleichszahlung sowie Altverträge ohne Verweis auf § 302 Abs. 4 AktG trotz der damit verbundenen Kosten und Umstände unverzüglich angepasst werden, sofern keine Absicherung durch eine verbindliche Auskunft vorliegt.

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