Gewinn aus dem privaten (Weiter-)Verkauf von Eintrittskarten nicht steuerbar

Dipl.-Fw. Ass. jur. Tobias Völkel ist Regierungsrat bei der Finanzverwaltung Baden-Württemberg. Zuvor war er mehrere Jahre als RA in einer renommierten Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei in München tätig. Er gibt ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder.

Der Handel mit (kontingentierten) Eintrittskarten für Großereignisse wie z.B. Fußballspiele, Konzerte oder Festivals auf Sekundärmärkten erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Durch den Verkauf zu einem Vielfachen des ursprünglichen Kaufpreises werden mitunter hohe Gewinne erzielt, die auf Seiten der Finanzbehörden Begehrlichkeiten wecken. Das FG Baden-Württemberg hat nun mit Urteil vom 02.03.2018 (5 K 2508/17) entschieden, dass ein Veräußerungsgewinn aus dem privaten (Weiter-)Verkauf von Eintrittskarten nicht der Besteuerung unterliegt.

Sachverhalt

Die Kläger hatten über die offizielle UEFA-Website im April 2015 zwei Karten für das Champions-League-Finale 2015 in Berlin zugeteilt bekommen. Die Anschaffungskosten betrugen 330 €. Nachdem feststand, dass das Finale ohne deutsche Beteiligung stattfinden würde, entschlossen sich die Kläger – entgegen ihrer ursprünglichen Absicht – zum Verkauf der Karten über eine (ausländische) Online-Ticketplattform. Aus dem Verkauf erzielten sie nach Abzug der Gebühren einen Veräußerungserlös i.H.v. 2.907 €.

Diesen Sachverhalt legten sie gegenüber der Finanzverwaltung offen und setzten in ihrer Einkommensteuererklärung einen Gewinn i.H.v. 0 € an. Abweichend hiervon erfasste das Finanzamt sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 2.577 €.

Entscheidung des Gerichts

Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass der Veräußerungsgewinn aus dem Weiterverkauf der Eintrittskarten nicht der Besteuerung unterliegt. Nach Auffassung des Gerichts liege weder ein privates Veräußerungsgeschäft (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) vor, noch sei ein Gewinn aus der Veräußerung eines Wertpapiers (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG) anzusetzen.

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegen private Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern (als Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte) der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt und es sich nicht um Gegenstände des täglichen Gebrauchs handelt. Zwar hätten die Kläger mit dem Verkauf der Finalkarten innerhalb eines Jahres ein Wirtschaftsgut veräußert. Allerdings unterfallen Eintrittskarten als sog. kleine Inhaberpapiere (vgl. § 807 BGB) nach Auffassung des Gerichts nicht (mehr) dem Anwendungsbereich des § 23 EStG, sondern den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Denn mit Einführung des UntStRefG 2008 seien sämtliche „Wertpapiere“, zu denen das Gericht auch die Eintrittskarten rechnete, aus dem Tatbestand des § 23 EStG gänzlich ausgelagert worden. Dieses Auslegungsergebnis sei nach Dafürhalten des Gerichts auch verfassungsrechtlich geboten. Denn derzeit gebe es keine Mechanismen, die eine Besteuerung entsprechender privater Veräußerungsgewinne hinreichend sicherstellen. Eine Besteuerung nach § 23 EStG wäre mithin aufgrund eines bestehenden Vollzugsdefizits verfassungswidrig (vgl. BVerfG vom 09.03.2004 – 2 BvL 17/02, DB 2004 S. 628).

Mit Verweis auf die enumerativen Einkünfteerzielungstatbestände des § 20 Abs. 2 EStG lehnte das Gericht sodann auch eine Besteuerung als Kapitaleinkünfte ab. Denn bei den Eintrittskarten handele es sich nicht um eine Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, da der darin enthaltene Anspruch nicht auf Geld, sondern auf Zutritt zu einer Veranstaltung gerichtet sei.

Weiterer Verfahrensgang und Kritik

Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Az.: IX R 10/18). Der BFH wird nun zu klären haben, ob Eintrittskarten als „Wertpapiere“ einzuordnen sind und diese daher dem Anwendungsbereich des § 23 EStG gänzlich entzogen sind. Sollte er dies verneinen, käme es für die Frage der Besteuerung darauf an, ob die Eintrittskarten als „Gegenstände des täglichen Gebrauchs“ gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG von der Besteuerung ausgenommen sind.

Ob der BFH der Argumentation des FG in Hinblick auf eine verfassungsrechtlich gebotene restriktive Auslegung des § 23 EStG folgen wird, ist mehr als fraglich. Zum einen ist die Besteuerung etwaiger Gewinne aus der Veräußerung von Eintrittskarten, im Vergleich zu anderen in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfassten Wirtschaftsgütern, nicht schwieriger zu ermitteln und eine generelle Verfassungswidrigkeit der Norm wird allgemein nicht vertreten. Zum anderen ist im JStG 2018 für Umsatzsteuerzwecke eine Dokumentationspflicht für Betreiber von Online-Marktplätzen geplant, welche u.a. Angaben über Verkäufer und die Höhe der Umsätze vorsieht. Mit einer europaweiten Regelung ist dann ab dem Jahr 2021 zu rechnen (vgl. Beschluss der Europäischen Kommission vom 05.12.2017). Die so erlangten Informationen könnten – vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung – auch für Zwecke der Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte genutzt werden. Dies würde jedenfalls für die Zukunft den Einwand eines strukturellen Vollzugdefizits entschärfen.

Fazit

Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg unterliegt der Gewinn aus dem nicht nachhaltig betriebenen (Weiter-)Verkauf von Eintrittskarten nicht der Besteuerung. Im Gegenzug sind etwaige Verluste aus dem Verkauf steuerlich nicht abzugsfähig. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ist der Beratungspraxis zur Vermeidung steuerstrafrechtlicher Risiken zu raten, vergleichbare Sachverhalte gegenüber den Finanzbehörden offen zu legen.

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