Werden Mitunternehmeranteile im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich auf den Rechtsnachfolger übertragen, so verhindert § 6 Abs. 3 EStG die Aufdeckung stiller Reserven durch eine zwingende Buchwertfortführung. Ziel der Vorschrift ist, die wirtschaftliche Einheit „Betrieb“ zu erhalten und den unentgeltlichen Betriebsübergang in der Generationennachfolge von steuerlichen Belastungen zu verschonen. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen mit übertragen wird. Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 19.04.2018 (15 K 1187/17, RS1272376; vgl. hierzu Graw, StR kompakt, DB1272323) entschieden, dass die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils auch dann zu gewähren sein kann, wenn der Übertragende taggleich eine im Sonderbetriebsvermögen gehaltene wesentliche Betriebsgrundlage veräußert.
Hintergrund und Rechtsprechung des BFH
Nach früherer Rechtsprechung des BFH war erforderlich, dass das wirtschaftliche Eigentum an allen funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen, inkl. denen des Sonderbetriebsvermögens, in einem einheitlichen Vorgang übertragen wird. Zeitgleiche oder in zeitlichem Zusammenhang vollzogene Buchwertausgliederungen nach § 6 Abs. 5 EStG sowie Entnahmen oder Veräußerungen wesentlicher Betriebsgrundlagen schlossen die Buchwertfortführung aus und führten zu einer Aufdeckung der im Betrieb verhafteten stillen Reserven.
Von dieser Auffassung ist der BFH mit Urteil vom 02.08.2012 (IV R 41/11, DB 2012 S. 2375) abgerückt und hat entschieden, dass die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG auch dann zu gewähren ist, wenn funktional wesentliche Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zur Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert ausgegliedert werden. Der Normzweck beider Vorschriften schließe ein Nebeneinander nicht grundsätzlich aus. Einem Missbrauchsrisiko werde durch Sperrfristen vorgebeugt. Eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 3 EStG komme daher nur in Betracht, wenn die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der entsprechenden Sachgesamtheit und damit die Einkünfteerzielung der betreffenden Personengesellschaft durch Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern in einer Weise berührt wird, dass es wirtschaftlich zu einer Zerschlagung des Betriebs und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe kommt. Nur in dieser Konstellation wird der Normzweck des § 6 Abs. 3 EStG, die Existenz der übertragenen Sachgesamtheit als Wirtschaftseinheit zu sichern, verfehlt.
Entscheidung des FG Düsseldorf
Das FG Düsseldorf hatte nun über den Fall einer Betriebsaufspaltung zu entscheiden. Die Miteigentümer eines an die Betriebs-GmbH vermieteten Grundstücks hielten ihre jeweilige Beteiligung an der GmbH als wesentliche Betriebsgrundlage im Sonderbetriebsvermögen. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrug einer der Miteigentümer seinen Miteigentumsanteil unentgeltlich auf seinen Sohn. Zeitgleich übertrug er einen Teil seiner Geschäftsanteile an der Betriebs-GmbH ebenfalls unentgeltlich auf seinen Sohn und veräußerte die weiteren Geschäftsanteile an der GmbH an einen Dritten.
Das FG Düsseldorf hält die Buchwertfortführung des § 6 Abs. 3 EStG für die Übertragung des Miteigentumsanteils für anwendbar und knüpft in den Entscheidungsgründen an die jüngere Rechtsprechung des BFH an. Diese sei zwar nicht unmittelbar auf den vorliegenden Fall übertragbar, da es sich nicht um eine buchwertneutrale Ausgliederung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG, sondern um einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang handle. Dennoch ergäbe sich aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 EStG, dass die Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage des Sonderbetriebsvermögens die Buchwertfortführung hinsichtlich der Übertragung des Mitunternehmeranteils nicht grundsätzlich ausschließe. Vielmehr komme es unter Berücksichtigung des Normzwecks maßgeblich darauf an, dass die Veräußerung wirtschaftlich nicht zu einer Zerschlagung der betrieblichen Einheit führt. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Denn die Betriebsaufspaltung habe nicht geendet, sondern bestand auch nach den Übertragungsvorgängen fort. Für dieses Ergebnis spreche auch, dass es im Rahmen der Veräußerung gerade zu einer Besteuerung der in dem veräußerten Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven kommt. Wenn aber schon die steuerneutrale Ausgliederung eines Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 EStG unschädlich für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG sei, dann müsse dies erst Recht im Rahmen der steuerpflichtigen Veräußerung eines Wirtschaftsguts gelten.
Einordnung und Fazit
Das Urteil ist zu begrüßen. Es setzt die am Sinn und Zweck orientierte jüngere Rechtsprechung des BFH zu § 6 Abs. 3 EStG konsequent fort. Die von der früheren Rechtsprechung (vor 2012) vorgenommene einschränkende Auslegung der Vorschrift findet keine Stütze im Wortlaut der Norm und lässt sich auch durch ihren Zweck nicht rechtfertigen. Richtigerweise hat das FG Düsseldorf daher entschieden, dass die zeitgleiche Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens für die Buchwertfortführung nicht per se schädlich ist und hat stattdessen die „Zerschlagungsprüfung“ auf entsprechende Sachverhalte ausgedehnt. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH das Urteil bestätigt. Die Revision wird beim BFH unter IV R 14/18 geführt.