Erbbaurechte können wie Grundstücke Gegenstand eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts sein, wenn sie innerhalb von zehn Jahren angeschafft und veräußert werden. Im Gegensatz zu Grundstücken können Erbbaurechte allerdings nicht nur angeschafft, sondern vom Grundstückseigentümer durch Bestellung auch „erschaffen“ werden. Die Bestellung ist jedoch keine Anschaffung. Daher ist die Übertragung eines zugunsten des Steuerpflichtigen erst bestellten Erbbaurechts nicht als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig, auch wenn zwischen Bestellung und Übertragung weniger als zehn Jahre liegen. Vor dem BFH ist nunmehr der Versuch gescheitert, ein privates Veräußerungsgeschäft unter Einbeziehung des Grundstückseigentümers, der das Erbbaurecht bestellt hat, zu konstruieren und in dessen vorheriger Anschaffung des Grundstücks zugleich auch die Anschaffung des Erbbaurechts zu erkennen.
Nämlichkeit – Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Objekt
Das steuerpflichtige Veräußerungsgeschäft ist ein mehraktiger Tatbestand: es setzt die Anschaffung und Veräußerung des nämlichen Objekts voraus. Dazu muss das veräußerte Objekt mit dem angeschafften Objekt identisch sein (Nämlichkeit). Der BFH versteht die Nämlichkeit als Identität im wirtschaftlichen Sinne; Kriterien dafür sind die Gleichartigkeit, die Funktionsgleichheit und die Gleichwertigkeit des Objekts. Kompliziert kann sich die Nämlichkeit bei der Veräußerung von Erbbaurechten darstellen. Als gegenüber dem Grundstück selbstständiges Wirtschaftsgut können Erbbaurechte als solche taugliches Objekt privater Veräußerungsgeschäfte sein. Im Hinblick auf die Nämlichkeit problematisch ist zum Beispiel, wenn der Inhaber des einen Rechts das andere erwirbt, das Erbbaurecht aufhebt und anschließend das Grundstück veräußert (vgl. dazu Specker, Steuerboard vom 25.09.2013).
In einem vom BFH (Urteil vom 08.11.2017 – IX R 25/15, DB 2018 S. 742) behandelten Fall hatten die Eigentümerin des Grundstücks, eine grundstücksverwaltende GbR, und die Klägerin als Inhaberin des Erbbaurechts beide Rechte zeitgleich an einen Erwerber verkauft. Sieben Jahre zuvor hatte die GbR zeitgleich mit dem Kauf des unbebauten Grundstücks der Klägerin ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit von 20 Jahren bestellt. Dafür wurde ein monatlich zahlbarer Erbbauzins vereinbart. Die Klägerin errichtete auf dem Erbbaugrundstück ein Restaurant-Gebäude, das sie anschließend vermietete. Hier stellte sich die Frage, ob die Klägerin als Inhaberin des Erbbaurechts ein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht hat, obwohl das Erbbaurecht durch Bestellung zu ihren Gunsten erst entstanden war.
Bestellung eines Erbbaurechts ist keine entgeltliche Anschaffung
Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft kann bei der Klägerin nur vorliegen, wenn sie das identische (nämliche) Wirtschaftsgut entgeltlich angeschafft und entgeltlich veräußert hat. Entgeltlich veräußert hat sie das Erbbaurecht. Dieses ihr von der GbR sieben Jahre zuvor bestellte Erbbaurecht hatte sie jedoch nicht entgeltlich angeschafft. Denn für eine „Anschaffung“ muss das Erbbaurecht im Zeitpunkt der Übertragung bereits vorhanden, also vorher bestellt sein. Die Bestellung selbst kann dagegen keine Anschaffung sein. Daneben fehlte es aber auch an der Entgeltlichkeit des Vorgangs. Zwar war die Klägerin zur Zahlung des laufenden Erbbauzinses verpflichtet. Diese Zahlungen stellen jedoch keine Anschaffungskosten dar, sondern ein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks. Denn als befristetes, verdinglichtes Nutzungsrecht ist das Erbbaurecht wirtschaftlich mit einer Miete oder Pacht vergleichbar. Für eine entgeltliche Anschaffung eines Erbbaurechts muss daher – neben dem laufenden oder einmalig zu zahlenden Erbbauzins – ein zusätzliches Entgelt gezahlt werden. Im Ergebnis hat die Klägerin das von ihr veräußerte Erbbaurecht also weder angeschafft noch entgeltlich erworben. Bis hierhin bestand Einigkeit in der rechtlichen Beurteilung durch den BFH und die Vorinstanz.
In der Anschaffung des Grundstückseigentums ist die Anschaffung des Erbbaurechts nicht mit enthalten
Allerdings ist dem Veräußerer, der ein Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben hat, die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelung gelangte das FG Köln als Vorinstanz (Urteil vom 25.03.2015 – 3 K 1265/12) doch noch zur Steuerpflicht. Das FG ging – soweit nachvollziehbar – von einem unentgeltlichen Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin aus. Dann hätte aber zumindest der Rechtsvorgänger das Erbbaurecht anschaffen müssen. Die GbR hatte das Erbbaurecht aber nicht angeschafft, sondern als Eigentümerin erst bestellt. Das FG überbrückte die fehlende Anschaffung des Erbbaurechts mit einer sachenrechtlichen Argumentation: Da im „Vollrecht“ am Grundstück – dem Eigentum – das Erbbaurecht als dingliches Nutzungsrecht enthalten sei, werde dieses im Falle der Bestellung aus dem Eigentum lediglich abgespalten, aber nicht erst hergestellt. Mit dem Kauf des Grundstücks habe die GbR – darin enthalten – auch das Erbbaurecht angeschafft; eine Anschaffung, die sich sodann die Klägerin als unentgeltliche Erwerberin des Erbbaurechts zurechnen lassen müsse. Mit dieser sachenrechtlichen Argumentation stellte das FG auch die „Nämlichkeit“ zwischen der (zugerechneten) Anschaffung des Grundstückseigentums und der Veräußerung des Erbbaurechts her.
Dies konnte den BFH nicht überzeugen. Er erkannte keine Anschaffung des Erbbaurechts durch die Grundstückseigentümerin (die GbR), vielmehr nur eine Erschaffung des Erbbaurechts durch Bestellung. Die Vorstellung, in der Anschaffung des Grundstückseigentums sei die Anschaffung des Erbbaurechts mit enthalten, lehnte der BFH ab. Im Gegenteil sah der BFH in dem Eigentum und dem Erbbaurecht zwei eigenständige Wirtschaftsgüter, die weder gleichartig noch funktionsgleich sind. Sie können daher auch nicht im Sinne einer wirtschaftlichen Identität „nämliche“ Objekte sein.
Beim Erwerb eines Grundstücks und anschließender Bestellung eines Erbbaurechts wird ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft im Hinblick auf das Erbbaurecht also vermieden. Soweit man darin eine Besteuerungslücke sieht, kann diese wegen der klaren Konturen des Anschaffungsbegriffs wohl nur der Gesetzgeber schließen.