Mit Wirkung vom 01.01.2020 ist das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen in Kraft getreten. Das Gesetz setzt die Änderungsrichtlinie (EU) 2018/822 zur Amtshilferichtlinie (Directive on Administrative Cooperation – kurz: DAC 6) in nationales Recht um. Damit besteht ab dem 01.07.2020 die Pflicht, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) innerhalb von 30 Tagen eine grenzüberschreitende Steuergestaltung mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Mitteilungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 € geahndet werden kann. Zwar gilt das Gesetz für Steuergestaltungen nach dem 30.06.2020, allerdings werden auch Fälle erfasst, bei denen der erste Schritt der Gestaltung nach dem 24.06.2018 und vor dem 01.07.2020 umgesetzt wurde. „Altfälle“, die in den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes fallen, müssen dem BZSt innerhalb von zwei Monaten nach dem 30.06.2020 mitgeteilt werden. Bei unterlassener Mitteilung droht für „Altfälle“ allerdings kein Bußgeld. Wesentliche Voraussetzung für die Mitteilungspflicht ist das Vorliegen eines Kennzeichens (sog. „hallmark“). Daneben sieht das Gesetz für bestimmte Fälle vor, dass ein Hauptvorteil der Gestaltung die Erlangung eines steuerlicher Vorteils sein muss (sog. „main-benefit-test“).
Mitteilungspflicht für Fondsmanager und -investoren
Auch Fondsmanager und -investoren müssen damit rechnen, künftig ihre Gestaltungen nach DAC 6 gegenüber dem BZSt offenzulegen. Die Mitteilungspflicht trifft grundsätzlich den sog. Intermediär, also diejenige Person, die die Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet. Im Rahmen eines typischen Private Equity oder Venture Capital Fonds ist regelmäßig der Fondsmanager als Intermediär anzusehen, aber auch die Rechts- oder Steuerberater, die für den Fondsmanager beratend tätig sind.
Sofern der sog. Nutzer die Steuergestaltung allerdings selbst konzipiert hat, kein Intermediär in der EU ansässig ist oder der Intermediär nicht von seiner berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde, trifft eine Mitteilungspflicht den Nutzer selbst, bei einem Fonds also typischerweise den Fondsinvestor.
Typische Gestaltungen bei Private Equity und Venture Capital Fonds (Auswahl)
Einige für Private Equity und Venture Capital Fonds voraussichtlich relevante Kennzeichen dürften die standardisierte Dokumentation bzw. Struktur oder die Umwandlung in nicht bzw. niedrig besteuerte Einkünfte sein. Beiden Fällen ist gemein, dass sie meldepflichtig sind, wenn auch der „main-benefit-test“ erfüllt ist. Um ein Bußgeld und mögliche Reputationsschäden sicher zu vermeiden, sollten die Kennzeichen eher weit ausgelegt werden. Der „main-benefit-test“ dürfte wohl nur schwer abgelehnt werden können, da der Steuervorteil nur ein Hauptvorteil der Gestaltung sein muss.
Steuerliche „Entprägung“ eines Fonds als Steuergestaltung?
Die steuerliche „Entprägung“ einer Fondsgesellschaft (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) ist ein typisches Gestaltungsmittel für Private Equity und Venture Capital Fonds, um z.B. auf Fondsebene die gewerbliche Prägung der an sich vermögensverwaltenden Tätigkeit des Fonds (vgl. dazu das BMF-Schreiben vom 16.12.2003, BStBl. I 2004 S. 40 = DB 2004 S. 103) zu vermeiden und auf Ebene des dahinterstehenden Fondsinitiators die Besteuerung der Gewinnbeteiligung nach dem Teileinkünfteverfahren (§§ 18 Abs. 1 Nr. 4, 3 Nr. 41 EStG, sog. „Carry-Besteuerung“) sicherzustellen. Der „Entprägung“ dürfte eine standardisierte Struktur i.S.v. § 138e Abs. 1 Nr. 2 AO zugrunde liegen. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass hierdurch eine Umwandlung in nicht oder niedrig besteuerte Einkünfte vorliegt (vgl. § 138e Abs. 1 Nr. 3b AO). Andererseits handelt es sich dabei auch um eine vom Gesetz vorgesehene Gestaltungsmöglichkeit, die in der vom Gesetz intendierten Form eingesetzt wird. Offen ist in diesem Zusammenhang daher derzeit, ob das BMF von der Befugnis nach § 138d Abs. 3 Satz 3 AO Gebrauch machen und Fallgruppen bestimmen wird, die nicht als Steuervorteil i.S.v. § 138d Abs. 3 AO anzusehen sind.
Einsatz von sog. Blockergesellschaften als Steuergestaltung?
Auch für den Einsatz sog. Blockergesellschaften im Rahmen von Portfolioinvestitionen scheint eine Mitteilungspflicht nicht ausgeschlossen zu sein. Ob hier neben einer standardisierten Struktur auch das Kennzeichen der Transaktion mit einem zwischengeschalteten Unternehmen ohne wirtschaftliche Tätigkeit i.S.v. § 138e Abs. 1 Nr. 3c AO angenommen werden kann, ist aber zweifelhaft, da sie nach dem Wortlaut für eine zirkuläre Vermögensverschiebung genutzt werden muss.
Mitteilung gegenüber der zuständigen Behörde
Die Meldung gegenüber dem BZSt oder der zuständigen Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaates sollte regelmäßig dazu führen, dass eine Registriernummer sowie Offenlegungsnummer(-n) erteilt werden, die z.B. der Fondsmanager an den Fondsinvestor weiterleiten muss, damit dieser sie in der Steuererklärung angibt.
Ausblick
Im Hinblick auf den zunächst sehr weiten Anwendungsbereich einiger Kennzeichen dürfte die Finanzverwaltung gehalten sein, diese zu konkretisieren, um mehr Klarheit zu schaffen und die Handhabbarkeit zu gewährleisten.
Fondsmanager und -investoren sollten bei Auflegung eines Fonds und künftigen Gestaltungsmaßnahmen frühzeitig beginnen, ihre Mitteilungspflichten zu überwachen und zu koordinieren, da die Mitteilungsfrist bereits zu laufen beginnt, wenn
- die Steuergestaltung umgesetzt wird,
- der Nutzer zu deren Umsetzung bereit ist oder
- der erste Schritt zur Umsetzung gemacht wurde.
Aufgrund der EU-weiten Umsetzung von DAC 6 dürften sich künftig auch wesentliche Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Kennzeichen und des „main-benefit-test“ nach einzelstaatlichem Recht stellen und auch die Frage, wer Nutzer einer bestimmten Steuergestaltung im Rahmen von mehrstöckigen Fondsstrukturen ist.