BFH zur Umsatzsteuer bei Mitgliedsrabatten für Supermarktkunden

RA Dr. Jan Schulz, LL.M. (London), Associate bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

In einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 18.12.2019 (XI R 21/18, DB 2020 S. 1154) befasst sich der BFH mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Mitgliedsrabatten für Kunden beim Einkauf im Supermarkt. Dabei kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Gewährung der Rabattberechtigung eine selbstständige Leistung darstellt, die dem Regelsteuersatz von 19 Prozent (derzeit auf 16 Prozent herabgesetzt) unterliegt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte an verschiedenen Standorten Bio-Supermärkte betrieben. Die Kunden der Bio-Supermärkte konnten entweder zum ausgewiesenen Normalpreis oder als Mitglied mit einem bestimmten Rabatt einkaufen. Neben diesem Rabatt sollten Mitglieder auch bei ausgewählten Partnerunternehmen Rabatte von bis zu 20 Prozent erhalten. Für die Mitgliedschaft zahlten Kunden einerseits eine einmalige Kaution, die sie am Ende ihrer Mitgliedschaft zurückerhalten sollten, und andererseits einen festen monatlichen Mitgliedsbeitrag. Der sog. Aufnahmevertrag, der die Vertragsbedingungen der Mitgliedschaft regelte, wurde unmittelbar zwischen dem Kunden und der Supermarktbetreiberin geschlossen.

Die Supermarktbetreiberin qualifizierte die Mitgliedsbeiträge der Kunden als Entgelt für steuerbare Nebenleistungen zu den Warenverkäufen im Bio-Supermarkt. Dort bot sie überwiegend Produkte an, die dem ermäßigten Steuersatz unterlagen, teilweise aber auch Produkte zum Regelsteuersatz. Entsprechend dem Verhältnis ihrer Warenverkäufe teilte sie die Mitgliedsbeiträge auf beide Steuersätze auf.

Nach einer Außenprüfung beurteilte das Finanzamt die Mitgliedsbeiträge als Gegenleistungen für eigenständige Leistungen, die gänzlich dem Regelsteuersatz unterliegen sollten, und setzte eine dementsprechend erhöhte Umsatzsteuer fest. Sowohl der Einspruch der Supermarktbetreiberin als auch die Klage vor dem FG blieben erfolglos.

Entscheidung des BFH

Im Ergebnis bestätigt der BFH die Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts und weist die Revision daher als unbegründet zurück.

1. Mitgliedschaft als selbstständige Leistung

Zunächst bestätigt der BFH die Auffassung, dass es sich bei der Mitgliedschaft um einen selbstständigen Leistungsgegenstand handelt. Dem Mitgliedsbeitrag des Kunden steht als Gegenleistung die Berechtigung zum verbilligten Erwerb der Waren gegenüber.

Die Auffassung der Supermarktbetreiberin, wonach es sich bei dem Mitgliedsrabatt zusammen mit dem Warenkauf um eine komplexe einheitliche Leistung handele, teilt der BFH nicht. Zum einen können die Mitgliedsbeiträge weder als Anzahlung für künftige Warenkäufe der Kunden, noch als Gutschein eingestuft werden, da die gezahlten Mitgliedsbeiträge nicht etwa später auf den Kaufpreis des Kunden angerechnet werden. Daher fehlt es an einem Zusammenhang zwischen der Zahlung des Kunden für seine Mitgliedschaft und dem Wert des später gewährten Rabatts auf den Kaufpreis. Zum anderen können Kunden die Waren der Supermarktbetreiberin auch ohne eine Mitgliedschaft zum regulären Kaufpreis erwerben.

2. Anwendbarkeit des Regelsteuersatzes

In Bezug auf die Höhe der Umsatzsteuer bestätigt der BFH, dass die Mitgliedsbeiträge dem Regelsteuersatz von 19 Prozent (derzeit 16 Prozent) unterliegen. In Bezug auf die Gewährung einer Rabattberechtigung ist kein Ermäßigungstatbestand erfüllt. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Berechtigung für einen Rabatt auf das gesamte Warensortiment bezieht, zu dem Waren sowohl zum ermäßigten Steuersatz als auch zum Regelsteuersatz gehören.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Eine besondere Relevanz hat das BFH-Urteil für Einzelhandelsunternehmen, die mit ihren Kunden einen Mitgliedsrabatt vereinbart haben und die erhaltenen Mitgliedsbeiträge bisher zum ermäßigten Steuersatz oder nur teilweise zum Regelsteuersatz versteuert haben. Legt man die Grundsätze des BFH-Urteils zugrunde, können betroffene Einzelhandelsunternehmen damit rechnen, dass Mitgliedsbeiträge für Rabattprogramme fortan zum Regelsteuersatz zu versteuern sind. Hierdurch können sich die wirtschaftlichen Kosten der angebotenen Rabattmodelle zulasten der Einzelhandelsunternehmen deutlich erhöhen.

Allerdings lässt der BFH in seinem Urteil ausdrücklich offen, wie der Fall zu entscheiden gewesen wäre, wenn sich die Rabattberechtigung ausschließlich auf solche Waren bezogen hätte, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Diesen Umstand betont der BFH ausdrücklich in der Pressemitteilung vom 20.05.2020 zu seinem Urteil. Darüber hinaus ist es auch unklar, ob der BFH eine einheitliche Leistung anerkannt hätte, wenn der Mitgliedsbeitrag mit dem späteren verbilligten Warenkauf verrechnet worden wäre – entweder als Zahlkarte oder in Form von Bonuspunkten.

Betroffene Einzelhandelsunternehmen sollten das BFH-Urteil zum Anlass nehmen, ihre Rabattmodelle auf mögliche umsatzsteuerliche Risiken zu überprüfen und ggf. an die Vorgaben des Urteils anzupassen.

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