Depotumschichtungen und Verschmelzungen können zu Erbschaft- und Schenkungsteuer führen

StB/Dipl.-Kfm./LL.M. Ricardo Fischnaler ist Director bei der WTS Steuer-beratungsgesell-schaft mbH in Köln.

Mit fünf Urteilen, jeweils vom 22.01.2020 (II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18 und II R 41/18), hat der II. Senat des BFH zu der Frage Stellung genommen, ob Umschichtungen innerhalb eines Wertpapierdepots (sog. Aktivtausch) zu jungem Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. führt, das erbschaft- und schenkungsteuerlich nicht begünstigt und somit voll steuerpflichtig ist. Diese Frage hat der II. Senat des BFH in allen Streitfällen bejaht und damit die profiskalische Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt.

Sachverhalt

Alle fünf Streitfälle hatten gemeinsam, dass Unternehmensanteile erbschaftsteuerlich begünstigt übertragen wurden und sich im Betriebsvermögen Wertpapiere (z.B. Bundesanleihen, Bundesobligationen, Fondsanteile und Stückaktien) befanden, die innerhalb der letzten beiden Jahre vor dem Übertragungsstichtag durch Verkäufe und Neuanschaffungen umgeschichtet wurden. Hierbei wurden die Neuanschaffungen aus den Veräußerungserlösen sowie aus weiteren betrieblichen Mitteln finanziert. Da sowohl Wertpapiere (§ 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG) als auch Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) zum Verwaltungsvermögen gehören, wurde letztlich Verwaltungsvermögen in anderes Verwaltungsvermögen innerhalb der Zwei-Jahresfrist vor Übertragungsstichtag getauscht (sog. Aktivtausch).

In allen Streitfällen qualifizierte die Finanzverwaltung die innerhalb der Zwei-Jahresfrist getätigten Neuanschaffungen als junges und damit voll steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen. Mit den o.g. Urteilen hat der BFH nun die Auffassungen der Finanzverwaltung sowie der Finanzgerichte bestätigt.

Entscheidungsgründe des BFH

1. Wirtschaftsgutbezogene Betrachtung des jungen Verwaltungsvermögens

Nach Auffassung des BFH ist für die Frage, ob sich Verwaltungsvermögen weniger als zwei Jahre im Betriebsvermögen befand und damit nicht begünstigtes junges Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. vorliegt, jedes einzelne Wirtschaftsgut gesondert zu betrachten. Eine Saldierung oder eine gruppenbezogene Betrachtung sei nicht vorzunehmen. Aus welchen Mitteln die Zukäufe von neuen Wertpapieren finanziert wurde sei irrelevant. Daher führe auch die Finanzierung von Wertpapieren aus betrieblichen Mitteln innerhalb des Zwei-Jahreszeitraums zu jungem Verwaltungsvermögen.

2. Kein Vorliegen von Missbrauch im Einzelfall erforderlich

Die Auffassung der Kläger, § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG sei teleologisch dahin zu reduzieren, dass nur aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen eingelegtes Verwaltungsvermögen erfasst werde, teilte der BFH nicht. Ebenso wenig überzeugte den BFH die Auffassung, dass Umschichtungen von „alten“ Wertpapieren in „neue“ Wertpapiere wegen fehlender Missbrauchsgefahr begünstigungsunschädlich seien und nur Einlagen aus dem Privatvermögen zu Missbräuchen führen können. Eine einzelfallbezogene Missbrauchsprüfung sei bei wörtlicher Auslegung der Vorschrift und unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht möglich. Auch wenn Umschichtungen innerhalb des Verwaltungsvermögens betriebswirtschaftlich sinnvoll und angezeigt sind, können diese dennoch grundsätzlich zu jungem Verwaltungsvermögen führen, sofern sie innerhalb der Zwei-Jahresfrist vor dem Übertragungsstichtag vorgenommen werden.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidungen des BFH sind für die Fälle von großer Bedeutung, in denen in einem Zeitraum von zwei Jahren vor einem Erbfall oder einer Schenkung Verwaltungsvermögen innerhalb eines Betriebs umgeschichtet wird. Die Bedeutung dürfte unter Berücksichtigung der vom BFH getroffenen Grundsätze nicht ausschließlich auf Umschichtungen innerhalb eines Wertpapierdepots begrenzt sein. Vielmehr dürften grundsätzlich sämtliche Umschichtungen innerhalb verschiedener „Verwaltungsvermögensarten“, wie z.B. fremden Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Kunstgegenstände, Edelmetalle, Oldtimer usw. oder Wertpapiere, zu jungem Verwaltungsvermögen führen, sofern die Umschichtungen innerhalb des kritischen Zwei-Jahreszeitraums erfolgen.

Zwar sind die Urteile zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz vor der Erbschaftsteuerreform 2016 ergangen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Grundsätze des BFH auch für Erbfälle und Schenkungen seit dem 01.07.2016 entsprechend anzuwenden sind, da die Regelung zum jungen Verwaltungsvermögen im Rahmen der Erbschafsteuerreform 2016 inhaltlich unverändert geblieben ist.

Mit dem Urteil vom 22.01.2020 (II R 41/18) hat der BFH zudem entschieden, dass auch der Erwerb von Verwaltungsvermögen durch eine Aufwärtsverschmelzung zu jungem Verwaltungsvermögen bei der übernehmenden Gesellschaft führt, wenn die Verschmelzung innerhalb von zwei Jahren vor einem Erbfall oder einer Schenkung erfolgt. Denn die bis zur Verschmelzung abgelaufene Zurechnungszeit der verschmolzenen Gesellschaft kann nicht bei der übernehmenden Gesellschaft angerechnet werden. Darüber hinaus sei es unerheblich, dass sich die verschmolzene Gesellschaft zu 100% im Betriebsvermögen der übernehmenden Gesellschaft befand. Diesbezüglich bleibt allerdings abzuwarten, wie der BFH Fälle ab dem 01.07.2016 beurteilen wird, da im Rahmen der Erbschafsteuerreform 2016 die sog. Verbundbetrachtung (§ 13b Abs. 9 ErbStG) eingeführt wurde. Die Finanzverwaltung geht derzeit wohl davon aus, dass auch verbundinterne Umstrukturierungen zu jungem Verwaltungsvermögen führen können (R E 13b.29 Abs. 4 Satz 1). Unter Berücksichtigung des Verbundgedankens dürften verbundinterne Umstrukturierungen jedoch sinnvollerweise nicht zu jungem Verwaltungsvermögen führen.

Da junges Verwaltungsvermögen nicht begünstigt und somit voll steuerpflichtig ist, bedarf es einer frühzeitigen Planung, um junges Verwaltungsvermögen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. So könnte z.B. junges Verwaltungsvermögen vor dem Übertragungsstichtag veräußert und der Erlös erst nach dem Übertragungsstichtag reinvestiert werden. Zwar würden die Erlöse aus der Veräußerung dann nicht begünstigte Finanzmittel, allerdings auch nicht „junge“ Finanzmittel, darstellen. Auf diese Weise könnten die Finanzmittel grundsätzlich im Rahmen der Schuldenverrechnung, um einen Freibetrag i.H.v. 15% (sog. Finanzmitteltest) sowie um einen sog. Kulanzpuffer i.H.v. 10% reduziert werden.

Sollte junges Verwaltungsvermögen nicht vermieden werden können, besteht noch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der sog. Investitionsklausel, die allerdings nur in Erbfällen und unter gewissen Voraussetzungen anwendbar ist. Insbesondere bedarf es hierfür eines im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorgefassten Plans des Erblassers.

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