Nach § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG sind die Ergebnisse von in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten in die steuerliche Gewinnermittlung zu übernehmen. Ob Grund- und Sicherungsgeschäfte einzeln zu bewerten sind, oder vielmehr Bewertungseinheiten zur Absicherung „finanzwirtschaftlicher Risiken“ zu bilden sind, knüpft an die handelsbilanzielle Bilanzierungspraxis an, die auf Grund der Einführung des § 254 HGB im Rahmen des BilMoG vom 25. 5. 2009 eine gesetzliche Grundlage aufweist. Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 25. 8. 2010 (DB 2010 S. 2024) erstmals zu Einzelaspekten von Bewertungseinheiten im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung Stellung genommen.
Bei dem BMF-Schreiben handelt es sich um den Abdruck eines mit dem Bundesverband deutscher Banken e.V. geführten Schriftwechsels.
Spezialmaßgeblichkeit für Bewertungseinheiten
§ 254 HGB stellt darauf ab, das Vermögensgegenstände und Schulden, schwebende Geschäfte oder mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende Transaktionen (= Grundgeschäfte) zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderung oder Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten (= Sicherungsgeschäften) zusammengefasst werden. Die handelsbilanzielle Behandlung ist dann auch für die steuerliche Gewinnermittlung konkret maßgeblich. Zu beachten ist, dass die Bindung an die handelsbilanzielle Behandlung nicht nur für die Bildung einer Bewertungseinheit, sondern auch hinsichtlich der Fortführung und Auflösung greift. Ist in der Handelsbilanz die Bildung einer Bewertungseinheit unterblieben, bleibt es hierbei auch für die steuerliche Gewinnermittlung. Im Übrigen stellt das BMF-Schreiben klar, dass § 6a EStG-Pensionsrückstellungen und Rückdeckungsversicherung einer Bewertungseinheit nicht zugänglich sind. Die konkrete Maßgeblichkeit erstreckt sich auch auf die Übernahme einer in der Handelsbilanz gebildeten Drohverlustrückstellung (§ 5 Abs. 4a Satz 2 EStG).
Bilanzielle Abbildung einer Bewertungseinheit
Die Finanzverwaltung spricht sich hinsichtlich der bilanziellen Abbildung für den Vorrang der Nettomethode aus. Das Handelsrecht kennt zwei Methoden, die zu demselben Ergebnis führen (die Gesetzesbegründung zu § 254 HGB spricht von einem Wahlrecht). Die Methoden unterscheiden sich hinsichtlich des saldierten (= Nettomethode) bzw. unsaldierten (=Durchbuchungsmethode) Ansatzes von Wertveränderungen von Grund- und Sicherungsgeschäft in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Das BMF-Schreiben ist im Ergebnis aber offen formuliert, im Zweifel ist daher auch die Durchbuchungsmethode möglich.
Verdrängung des steuerlichen Bewertungsvorbehalts (§ 5 Abs. 6 EStG) für das Ergebnis einer laufenden Bewertungseinheit
In dem BMF-Schreiben vom 25. 8. 2010 stellt die Finanzverwaltung zutreffend fest, dass auf Grund der Bezugnahme des Gesetzeswortlauts auf die Ergebnisse in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gebildeter Bewertungseinheiten, der § 5a Abs. 1a Satz 2 EStG den steuerlichen Bewertungsvorbehalt (§ 5 Abs. 6 EStG) verdrängt. D.h. die Vorschriften zu steuerlich nicht abziehbaren Aufwendungen oder steuerfreien Erträgen gelangen nicht zur Anwendung (das BMF-Schreiben nennt § 3 Nr. 40 EStG sowie § 8b Abs. 1 – 6 KStG und § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG). Dies soll unabhängig davon gelten, ob das Ergebnis eines Micro-, Macro- oder Portfolio-Hedge in die steuerliche Gewinnermittlung zu übernehmen ist.
Das von der Finanzverwaltung vertretene Ergebnis ist für die Praxis von erheblicher Relevanz. So ist an den Fall zu denken, dass eine deutsche Muttergesellschaft ein unter § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG fallendes Fremdwährungsdarlehen an eine ausländische Tochtergesellschaft gegen Währungsschwankungen durch Einbezug in ein gegenläufiges Sicherungsgeschäft absichert. Innerhalb des Kompensationsbereichs der Bewertungseinheit erfolgt dann keine Separierung der unter § 8b KStG fallenden Bestandteile der Bewertungseinheit (hier Gewinnminderungen nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG). Denn innerhalb des Kompensationsbereichs ist der Verlust aus dem Fremdwährungsdarlehen mit dem Gewinn aus dem Sicherungsgeschäft zu verrechnen. Dieses Ergebnis ist dann auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.
Realisierung von Grund- oder Sicherungsgeschäft beendet die Bewertungseinheit
Für die bei Auflösung der Sicherungsbeziehung erzielten Ergebnisse sollen nach der Verwaltungsauffassung allerdings die allgemeinen Gewinn- und Einkommensermittlungsvorschriften und die Vorschriften über die Verlustverrechnung gelten. D. h. wird im o.g. Sachverhalt aus der Rückzahlung des Fremdwährungsdarlehen ein Verlust erzielt, würde dieser der Abzugsbeschränkung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG unterliegen. Zu einer Verrechnung mit dem aus dem fortbestehenden Sicherungsgeschäft nicht realisierten Gewinn käme es nicht.
Die Verwaltungsauffassung stellt den Zweck des § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG in Frage und berücksichtigt nicht, dass § 254 HGB nach ganz h. M. bis zum Ende der Bewertungseinheit anzuwenden ist (so auch die Gesetzesbegründung zum BilMoG, BT-Drucks. 16/10067 S. 59). Für die Abrechnung der Bewertungseinheit im Fall der Auflösung des Sicherungszusammenhangs handelt es sich bei Grund- und Sicherungsgeschäft noch um Komponenten der Bewertungseinheit so dass bei Beendigung der Sicherungsbeziehung letztmals die für Bewertungseinheiten geltenden Bilanzierungsgrundsätze anzuwenden sind (so auch der Entwurf des HFA des IDW zur handelrechtlichen Bilanzierung von Bewertungseinheiten, IDW-FN 2010, 396). Dies bedeutet, dass auch das aus der Abrechnung resultierende handelsbilanzielle Ergebnis über § 5 Abs. 1a Satz 2 EStG für die steuerliche Gewinnermittlung konkret maßgeblich ist. Für den effektiven Teil der Bewertungseinheit kommt eine steuerwirksame Auflösung von Grund- und Sicherungsgeschäft und eine Separierung der bspw. von § 8b KStG erfassten Bestandteile der Bewertungseinheit nicht in Betracht.