Mitarbeiterbeteiligungen werden in Deutschland bisher kaum gefördert, obwohl sich Politik und Wissenschaft über den Nutzen von Mitarbeiterbeteiligungen einig sind. Mit dem sogenannten Fondsstandortgesetz (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen [Fondsstandortgesetz – FoStoG] vom 20. Januar 2021) soll es nun vor allem Start-ups steuerlich erleichtert werden, internationale Talente durch attraktive Beteiligungsmöglichkeiten zu gewinnen. Allerdings erfährt der Gesetzentwurf bereits vor Beschluss erhebliche Kritik.
Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen nach dem Fondsstandortgesetz
Der Gesetzentwurf enthält zwei Komponenten. Zum einen soll der Freibetrag für den steuerfreien Erwerb vergünstigter Mitarbeiterbeteiligungen von 360 € auf 720 € erhöht werden. Zum anderen ist erstmalig eine Stundungsregelung für die Lohn- und Einkommensteuer bei unentgeltlichem oder verbilligtem Erwerb von bestimmten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vorgesehen.
Der Freibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen (§ 3 Nr. 39 EStG) wird zum ersten Mal seit 2009 (!) erhöht. Zum Vergleich: in Österreich gibt es eine Förderung von bis zu 4.500 € pro Jahr, in Großbritannien von bis zu 3.500 € und in Spanien sogar von bis zu 12.000 €.
Die geplante Stundungsregelung (im neuen § 19a EStG) soll es erlauben, bei verbilligtem Erwerb von bestimmten Kapitalbeteiligungen, wie z.B. GmbH-Geschäftsanteilen und Aktien, die sonst darauf entfallende Lohn- und Einkommensteuer bis zu zehn Jahre später zu zahlen. Dies gilt aber nur dann, wenn der entsprechende Vermögensvorteil zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Eine frühere Besteuerung wird ausgelöst, wenn der Mitarbeiter das Arbeitgeberunternehmen verlässt, oder die Beteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Begünstigt sind kleine und mittlere Unternehmen gemäß der KMU-Definition der Europäischen Kommission, deren Gründung nicht mehr als zehn Jahre zurückliegt. Der zu versteuernde Arbeitslohn kann für die Ermittlung des Steuersatzes auf fünf Jahre verteilt werden (Progressionsmilderung nach § 34 Abs. 1 EStG), wenn seit der Übertragung der Vermögungsbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind. Im Falle von Veräußerungsverlusten aus der Beteiligung reduziert sich die nachzuzahlende Steuer entsprechend.
Kritik
Mit dem Gesetzentwurf soll sogenannten Start-ups der internationale Wettbewerb um Talente erleichtern werden. Tatsächlich ist es so, dass insbesondere in den USA ein Großteil der Vergütung für Mitarbeiter von Start-ups in Optionen und ähnlichen Beteiligungsinstrumenten besteht. Dies ermöglicht den Unternehmen eine liquiditätsschonende Gestaltung von Vergütungspaketen, die bei erfolgreicher Entwicklung des Unternehmens für die Mitarbeiter zu einem signifikanten Gewinn führen können. Das amerikanische Steuerrecht kennt insofern zahlreiche privilegierende Regelungen für die Besteuerung von solchen Mitarbeiterbeteiligungen.
In Deutschland ist insbesondere die Gewährung von Aktienoptionen bisher steuerlich hochgradig unattraktiv, da bei Ausübung der Optionen Einkommensteuer auf den Ausübungsgewinn zu zahlen ist. Da die aufgrund der Optionen erworbenen Aktien in der Regel nicht sofort verkauft werden dürfen, ist die Steuerbelastung für die Mitarbeiter kaum zu bewältigen. Dies hat dazu geführt, dass in Deutschland vor allem virtuelle Optionen vereinbart werden, die der echten Option wirtschaftlich nachgebildet sind, aber nicht zum Erwerb von Aktien führen. Solche virtuellen Beteiligungen sind aber gerade in psychologischer Hinsicht nicht annähernd so attraktiv wie echte Optionen, da sie nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am „eigenen“ Unternehmen führen. Auch für die Unternehmen sind virtuelle Beteiligungen schwierig, weil sie, je nach Ausgestaltung im Einzelnen, auch schon vor Ausübung die Gewinn- und Verlustrechnung belasten können.
Insofern ist die im Fondsstandortgesetz vorgelegte Stundungsregelung grundsätzlich positiv zu sehen. Der Gesetzentwurf wird dennoch stark kritisiert: der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nannte ihn sogar ein „Manifest der Mutlosigkeit“. Kritisiert wird vor allem, dass der Freibetrag immer noch im internationalen Vergleich zu niedrig sei. Außerdem sei der Kreis der begünstigen Unternehmen zu eng gefasst. Gerade erfolgreich wachende Start-ups oder Start-ups, die bereits länger als zehn Jahre bestehen, fallen aus dem Anwendungsbereich der Regelung heraus, obwohl auch sie im internationalen Wettbewerb um Talente stehen. Dass bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die gestundete Steuer sofort anfällt, wird ebenfalls kritisiert. Denn dies hindert faktisch die freie Fluktuation von Mitarbeitern und belastet den Mitarbeiter insbesondere bei Kündigungen durch das Unternehmen erheblich.
Grundsätzliche Überlegungen zu einer Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen
Aus der Perspektive des Praktikers lässt sich der oben genannten Kritik nur zustimmen. Die Strukturierung von Mitarbeiter- oder Managementbeteiligungen ist in Deutschland eine Wissenschaft für sich. Das deutsche Steuerrecht steht einer attraktiven Ausgestaltung von Mitarbeiterbeteiligung an vielen Stellen im Wege. Der Entwurf des Fondsstandortgesetzes hat nun ein Thema angefasst, nämlich die Optionsbesteuerung. In der Praxis werden davon aber nur wenige Aktienoptionsprogramme profitieren.
Sinnvoll wäre es gewesen, eine generelle Stundungsregelung bei Entgeltumwandlung in Mitarbeiterbeteiligungen vorzusehen. So ist es derzeit z.B. nicht möglich, bereits bestehende Bonusansprüche oder Teile des laufenden Gehaltes steuerneutral in ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm zu überführen. Das Problem des sogenannten „Dry Income“ hat der Gesetzgeber ja auch an anderer Stelle gesehen und durch Stundungsregelungen begünstigt, wie z.B. im Umwandlungssteuerrecht oder bei Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen.
Außerdem müsste auch das Verhältnis der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit bei Mitarbeiterbeteiligungen eindeutig geregelt werden. Seit Jahren versuchen Finanzämter Erlöse aus Mitarbeiter- und Managementbeteiligungen der Besteuerung als Arbeitslohn zu unterwerfen. Erst nach und nach schieben die Finanzgerichte dieser Praxis einen Riegel vor. Einkünfte aus einer echten Kapitalbeteiligung können nur als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert werden. Für eine Besteuerung als Arbeitslohn ist nur dort Raum, wo entweder kein Arbeitslohn gezahlt wird und die Beteiligung damit eindeutig an die Stelle einer Tätigkeitsvergütung tritt, oder wenn und soweit die Beteiligung verbilligt erworben wird. Eine gesetzliche Klarstellung ist insofern einfach und wünschenswert.
Fazit
Es bleibt zu hoffen, dass die Diskussion um das Fondsstandortgesetz eine Debatte um eine grundsätzliche Neugestaltung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen in Gang setzt. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern und auch im internationalen Wettbewerb um Mitarbeiter ist es Unternehmern praktisch kaum zu vermitteln, dass Deutschland weder eine eindeutige Rechtslage in Bezug auf die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen hat, noch eine hinreichende Förderung von solchen Beteiligungen vorsieht.