Im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 strebt die Bundesregierung unter anderem eine Neustrukturierung der Verlustverrechnung an. Konkrete Schritte hierzu sucht man bisher vergeblich. Entweder sind die Beschränkungen beim Verlustabzug zu lockern oder das Imparitätsprinzip im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zu reaktivieren.
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP vom Oktober 2009 stellt auf Seite 6 eine Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung in Aussicht. Konkrete Überlegungen, wie dieses wichtige Ziel in Angriff genommen werden soll, sind bisher nicht bekannt. Dabei sind entsprechende Maßnahmen überfällig.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden die Verlustverrechnungsmöglichkeiten für Unternehmen in Deutschland massiv beschränkt. Vordergründig bekannt sind die Einschränkungen beim Verlustabzug, das heißt im Rahmen der interperiodischen Verlustverrechnung (§ 10d EStG). So betrug der Verlustrücktrag im Jahr 1990 noch 10 Mio. DM und war für zwei Jahre möglich, seit dem Jahr 2001 ist er auf 511.500 € und ein Jahr beschränkt. Im Jahr 2004 wurde die sogenannte Mindestbesteuerung im Rahmen des Verlustvortrags eingeführt, wonach Verluste, die den Sockelbetrag von 1 Mio. € übersteigen, nur zu 60% mit laufenden Gewinnen verrechenbar sind.
Gleichzeitig wurden die Möglichkeiten zur Verlustvorsorge im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung beschnitten. Begonnen hat alles mit dem Verbot zur Passivierung von Drohverlustrückstellungen für steuerliche Zwecke (1997). Hinzugekommen sind das Abzinsungsgebot für Rückstellungen (1999), das Verbot zur Vornahme von Teilwertabschreibungen bei lediglich vorübergehender Wertminderung (1999) sowie mehrfache Einschränkungen bei Abschreibungen auf Gebäude und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (seit 2001). Die im Rahmen des Konjunkturpakets I erfolgte Wiedereinführung der degressiven Abschreibung endet in diesem Jahr.
Einschränkungen bei der bilanziellen Verlustvorsorge und Begrenzungen des Verlustabzugs widersprechen sich diametral. Dieser Befund gilt generell und nicht nur in Zeiten einer Krise. Bleibt es bei den Begrenzungen der bilanziellen Verlustvorsorge, sind die Mindestbesteuerung im Rahmen des Verlustvortrags (§ 10d EStG) ‑ auch mit Wirkung für die Gewerbesteuer ‑ zu beseitigen und die zeitlichen und betragsmäßigen Beschränkungen des Verlustrücktrags zu lockern. Diese Maßnahme wäre die wünschenswerte Option. Bleibt es dagegen bei den Begrenzungen des Verlustabzugs, ist das Imparitätsprinzip im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zu stärken bzw. zu reaktivieren. Hierbei geht es um die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen, die Zulässigkeit von Drohverlustrückstellungen sowie die Bewertung von (Schuld-) Rückstellungen in Höhe ihres Erfüllungsbetrags nach den Preisverhältnissen im Erfüllungszeitpunkt (und nicht wie heute am Bilanzstichtag). In diesem Fall sollte das durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz reformierte Handelsrecht für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sein.