In der norddeutschen Tiefebene, genauer: der schleswig-holsteinischen Prüfungspraxis, zeigen sich neuerlich Tendenzen, bei Beteiligungserwerben interne Gemeinkosten als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln. Das fußt ersichtlich auf Verlautbarungen, welche – erklärtermaßen als „persönliche Meinung“ und „nicht in dienstlicher Eigenschaft“ – von Mitgliedern der schleswig-holsteinischen Finanzverwaltung herrühren (Dirk Krohn, „Kosten für den Vermögensübergang“ – Ein unterschätztes Prüfungsfeld im Rahmen von aktuellen Betriebsprüfungen, DB 2018 S. 1755; Markus Ettinger, Interne Anschaffungsnebenkosten beim Erwerb von Kapitalgesellschaftsanteilen, Ubg 2017 S. 41). Deren Auffassung wurde andernorts nicht rezipiert. Sie ist zu Recht isoliert geblieben. Eine entsprechende Verwaltungs- oder Prüfpraxis ist bislang bundesweit unbekannt. Wie man hört, wird derzeit aber versucht, andere Landesfinanzverwaltungen von der neuen Idee zu begeistern. » weiterlesen
Archiv der Kategorie: Gosch, Dietmar
Überlängen beim Bundesverfassungsgericht
Am 03.12.2011 ist das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in Kraft getreten – kurz: das „ÜVerfdG“. Das Gesetz betrifft alle Gerichte und somit – das aber erst nach langer, kontroverser Diskussion im Gesetzgebungsverfahren – auch das BVerfG. Der Gesetzgeber hat für diese Einbeziehung eine von anderen Gerichten abweichende Sonderbehandlung in § 97a bis § 97e BVerfGG geschaffen: § 97a Abs. 1 Satz 1 BVerfGG gebietet beim Bundesverfassungsgericht die „Ahndung“ durch Entschädigung „infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens“. Konkrete Folgen ergeben sich aus der Einbeziehung des BVerfG in den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren allerdings praktisch nicht. Die Einbeziehung des BVerfG ist eher Kosmetik denn Inhalt, mehr Schein als Sein. Die mit etlichen Verfahrenshindernissen ausgelobte Entschädigung von 1.200 Euro pro Jahr der Verzögerung ist maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein, und die ansonsten grundsätzlich noch mögliche Anrufung des EGMR ein stumpfes Schwert. Doch immerhin: Dass man beim BVerfG anhängige Verfahren überhaupt einbezogen hat, bezeugt im Ergebnis eine gute Absicht, ein Bekenntnis zur Gleichbehandlung vor dem Gesetz, das eben auch vor dem höchsten Gericht nicht haltmacht. » weiterlesen
Die Steuertugend, der Intermediär und die Vereinsmitgliedschaft
Die Welt im allgemeinen, die Wirtschafts- und die Steuerwelt im Besonderen, sie ist dabei, sich zu drehen, ja auf den Kopf gestellt zu werden, international wie national. Das, was gemeinhin als Paradigmenwechsel propagiert wird, zieht sich durch jegliche Sparten. Das Modell der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit, der steuerlichen Effizienzgestaltung, letztere vom BVerfG und vom BFH vielfach gesichert und betont, beginnt sich zu verflüchtigen und wendet sich hin zu einer Tugendhaftigkeit des Verhaltens. » weiterlesen
Eine neuentdeckte Zugriffsquelle: Abzugsteuern auf Lizenzvergütungen kraft Registereintragung? Viel Lärm um nichts?
Man raunt in beteiligten Verkehrskreisen, die deutsche Finanzverwaltung – genauer das BZSt – habe eine Entdeckung gemacht und festgestellt, dass es nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG bis dato unerkannte Schätze zu heben gebe, nämlich bei der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Rechten. Sind solche Rechte in ein inländisches Register eingetragen, dann seien daraus generierte Erträge im Inland zu versteuern. Sie unterfielen der beschränkten Steuerpflicht, gleichviel, von wem sie erwirtschaftet würden, also auch in tiefgestaffelten Konzernen, und gleichviel wo, ob im Inland oder aber im Ausland. Folge sei die Pflicht zur Einbehaltung von Abzugsteuern nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG. „Hintergründig-ursächlicher“ Auslöser für die fiskale „Entdeckung“ scheint bei alledem die ertragrealisierende Trump‘sche US Tax Reform aus dem Jahre 2018 zu sein, konkret die sog. „Transition Tax“ oder auch „Repatriation Tax“. » weiterlesen
Darf das Umwandlungssteuerrecht „prinzipienlos“ sein?
Der Staat, das Gemeinwesen, besteuert seine Bürger, um sich die nötigen Mittel für die öffentlichen Haushalte zu beschaffen. Er wird dadurch in die Lage versetzt, seinen Aufgaben gerecht zu werden. Der Bürger refinanziert vice versa vermittels der Steuern seine Teilhabe an besagtem Gemeinwesen. Das beschreibt die „Idealfunktion“ des Steuerstaates. Davon ist die Realität allerdings, was höchst bedauerlich ist, mehr denn je entfernt. » weiterlesen
Rechtsberatung in Zeiten „universalisierbarer Handlungsmaximen“?
Am 04.04.2019 hieß es in der FAZ: Zwei ehemalige britische Aktienhändler sollen in Bonn wegen Cum-Ex-Geschäften vor Gericht kommen. Eine entsprechende Anklage der Staatsanwaltschaft Köln sei beim Landgericht Bonn eingegangen. Komme es zum Hauptverfahren, sei dies der erste deutsche Prozess, in dem die Strafbarkeit der Steuerdeals grundsätzlich geklärt werden könne. Die beiden Angeklagten hatten als Kronzeugen die Ermittlungen erheblich vorangebracht. Zudem stehe ein erster Haftungsprozess an – vor dem LG Frankfurt, ausgelöst durch den Insolvenzverwalter der Maples Bank und gerichtet gegen Freshfields wegen Falschberatung und eines Schadens von 95 Mio. €. Auch das Handelsblatt berichtete darüber (HB vom 03.04.2019 S. 31). » weiterlesen