Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 18.08.2015 – I R 88/13 (DB 2016 S. 82) entschieden, dass eine Wertpapierleihe noch keinen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Aktien bewirkt, wenn sie dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition verschafft. Das kann nach Gesamtwürdigung aller Umstände der Fall sein, wenn der Entleiher (1) in wirtschaftlichem Sinne nicht über die Dividenden aus den verliehenen Aktien verfügen kann, (2) nicht die Stimmrechte auf der Hauptversammlung ausüben darf und zudem (3) auch nicht das in den Aktien verkörperte Kapital wirtschaftlich nutzen soll, etwa zur Zwischenfinanzierung anderer Vorhaben. In einem solchen Fall erlange der Entleiher lediglich eine „leere“ zivilrechtliche Eigentumshülle, die steuerlich kein wirtschaftliches Eigentum begründe und daher auch keine Zurechnung der Dividenden rechtfertige. Dividenden, die einem solch eine „leere“ Eigentumshülle innehabenden Entleiher ausbezahlt werden, sind steuerlich nicht als Kapitalerträge im Sinne des § 8b KStG freigestellt. » weiterlesen
Archiv der Kategorie: Gastbeiträge
Irrungen und Wirrungen bei der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel
Seit Inkrafttreten der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel (§ 6a GrEStG) im Jahr 2010 ranken sich diverse klärungsbedürftige Probleme um diese Vergünstigung. Über die Behandlung der offenen Zweifelsfragen konnte bislang weder im Schrifttum noch in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung Einigkeit erzielt werden. Erhebliche Rechtsunsicherheit ist die Folge. Der Kernpunkt der Streitigkeiten ist, dass sich der Umfang der Vergünstigung bei wortlautgetreuer Anwendung auf ein Minimum beschränken würde. Diverse – gleichwohl schutzbedürftige – Konstellationen wären nicht erfasst. So verwundert es wenig, dass sich der BFH mit einigen Fallgruppen konfrontiert sah. In einem Rundumschlag haben die Richter nun am 25.11.2015 das Bundesfinanzministerium aufgefordert, den anhängigen Verfahren beizutreten und Stellung zu beziehen. » weiterlesen
Kein Werbungskostenabzug für umgekehrte Familienheimfahrten bei einer befristeten Auswärtstätigkeit
Wieder einmal hat sich der BFH mit der Abgrenzung von beruflich veranlassten Werbungskosten zu privaten und daher steuerlich irrelevanten Aufwendungen beschäftigt. Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob sogenannte umgekehrte Familienheimfahrten auch unter den allgemeinen Werbungskostenbegriff fallen oder ob diese nur im Sonderfall einer doppelten Haushaltsführung steuerlich anerkannt werden. Während die Vorinstanz (FG Münster vom 28.08.2013 – 12 K 339/10, vgl. hierzu auch Wick, Steuerboard vom 18.07.2014) den Werbungskostenabzug für diese Fahrten bejahte, erteilte der BFH der steuerlichen Anerkennung mit Urteil vom 22.10.2015 – VI R 22/14 (RS1187753) eine Absage. Worüber hatte der Senat zu entscheiden? » weiterlesen
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
Mit dem am 9. Dezember 2015 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf soll das Besteuerungsverfahren modernisiert und in ein digitales Zeitalter überführt werden. Jedoch befasst sich der Gesetzesentwurf nicht nur mit den notwendigen Änderungen für eine digitale Kommunikation zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen, sondern enthält noch weitere beachtliche Änderungen, die ausschnittsweise im Folgenden erläutert werden sollen. » weiterlesen
Gebot der Stunde nach EuGH-Urteil: Umsatzsteuerbefreiung für sämtliche Investmentvermögen
Am 09.12.2015 erging das mit Spannung erwartete EuGH-Urteil in der Rechtssache Fiscale Eenheid (Rs. C-595/13) zur Umsatzsteuerbefreiung für „die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen“ gemäß der 6. Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Die erste, hier interessierende Vorlagefrage des niederländischen Gerichts betrifft die Reichweite der Definitionsbefugnis der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Begriffs der umsatzsteuerbefreiten „Sondervermögen“ (in der englischen Fassung: special investment funds). Insoweit folgt der EuGH dem Schlussantrag der Generalanwältin vom 20.05.2015 (vgl. hierzu Bujotzek, Steuerboard vom 27.07.2015; zu der zweiten Vorlagefrage betreffend den Begriff „Verwaltung“ vgl. Fischer, Steuerboard vom 26.08.2015): Sämtliche Investitionsvehikel, die einer besonderen staatlichen Aufsicht unterworfen sind, sind „Sondervermögen“ im Sinne der unionsrechtlichen Umsatzsteuerbefreiung. Die Definitionsbefugnis der Mitgliedstaaten ist insoweit durch die Harmonisierung des Aufsichtsrechts überlagert. » weiterlesen
Einbringungsgewinn II und Aufwärtsverschmelzung: Praktische Vernunft aus Hamburg
Zu Ehren des früheren Finanzministers Helmut Schmidt hat das FG Hamburg der praktischen Vernunft in einer komplizierten Steuerangelegenheit zum Durchbruch verholfen: Der Einbringungsgewinn II nach § 22 Abs. 2 UmwStG wird durch eine Aufwärtsverschmelzung nicht ausgelöst (FG Hamburg vom 21.05.2015 – 2 K 12/13, DB1050186, anhängig beim BFH: I R 48/15; vgl. hierzu auch Kreth, StR kompakt, DB1050188). » weiterlesen
Pensionskassen und gewerbliche Personengesellschaften – Da geht was!
Anbieter von kapitalgedeckten Altersvorsogeprodukten stehen vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinspolitik vor Herausforderungen. Sie suchen daher verstärkt nach alternativen Kapitalanlagen, um eine ausreichende Rendite erwirtschaften zu können. Dabei sind in den vergangenen Jahren u.a. Kapitalanlagen, die einen Private Equity-Investitionsansatz verfolgen, in den Blick geraten. Das Anlagespektrum reicht dabei von klassischem Private Equity Fonds über Real Estate Private Equity und Infrastruktur bis hin zu Energie-, Rohstoff- oder Timberfonds. All diesen Fonds ist gemeinsam, dass sie in der Regel als geschlossene Fonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft oder einer vergleichbaren ausländischen Rechtsform (insbesondere limited partnership) aufgelegt werden. » weiterlesen
Neues zum Familienheim: BFH gewährt Begünstigungstransfer bei unverzüglicher Selbstnutzung und späterer Erbauseinandersetzung
Nachdem der BFH die Begünstigungsvorschriften zum Familienheim zuletzt sehr restriktiv auslegte (vgl. z.B. zur Versagung der Begünstigung bei Übertragung eines Wohnungsrechts Viskorf, Steuerboard vom 01.09.2014), hat er jüngst entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zugunsten des Erwerbers eines Familienheims entschieden. Er gewährte einem Miterben die volle Begünstigung für ein Familienheim, obwohl die Erbauseinandersetzung nicht zeitnah zum Erbfall erfolgte (BFH, Urteil vom 23.06.2015 – II R 39/13, RS1123000). » weiterlesen