Nichtanwendungserlasse der Finanzverwaltung, in denen einer Judikatur des BFH die Gefolgschaft verweigert wird, sind für die Praxis aus Gründen beeinträchtigter Rechtssicherheit unschön, aber rechtsstaatlich i. d. R. hinzunehmen. Meist wird eine fiskalisch unerwünschte Rspr. zwar im BStBl. veröffentlicht, deren „Selbstbindung“ für die Verwaltungspraxis wird jedoch ausdrücklich begrenzt. Das BMF-Schreiben vom 12. 9. 2013 (IV C 6 – S 2241/10/10002 [2013/083721612], DB 2013 S. 2117) scheint einer „Sonderkategorie“ von Nichtanwendungserlassen anzugehören. Denn hier wird die „Entscheidung über die Veröffentlichung“ mehrerer BFH-Urteile „zunächst“ – an anderer Stelle heißt es „vorerst“ – zurückgestellt. Also: nicht die Veröffentlichung der Rspr., sondern die Entscheidung über deren BStBl.-Publikation und Anwendung wird aufgeschoben. Dadurch kommt wohl ein verwaltungsseitig besonderer Verdruss über die jüngere Rspr. des IV. Senats beim BFH zu wichtigen praxisrelevanten Einzelfragen der Mitunternehmerbesteuerung zum Ausdruck. Das Festhalten an Verwaltungspositionen, die der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Personengesellschaftsbesteuerung zentral zuständige IV. Senat des BFH ausdrücklich abgelehnt hat, wird sogar bekräftigt. Dies ist bemerkenswert. Ein späteres Nichtanwendungsgesetz bleibt also denkbar. Die Finanzverwaltung ist erkennbar auf „Konfrontationskurs“ zum IV. Senat. » weiterlesen
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Das neue BFH-Urteil TA Luft II
Seit Jahren wird im BFH um das Verhältnis rechtlicher zu wirtschaftlicher Verursachung einer rückstellungsbegründenden Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag gerungen. Einvernehmlich gilt: ein „Sonderrecht“ für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen besteht nicht, die rechtlichen/wirtschaftlichen Konkretisierungserfordernisse sind lediglich eigenständig auf die besonderen Belange öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen anzuwenden. Der I. Senat des BFH hat nun in seinem Urteil vom 6. 2. 2013 (I R 8/12, DB 2013 S. 1087) zu einer öffentlich-rechtlichen Anpassungsverpflichtung nach der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24. 7. 2002) eine bemerkenswerte Akzentverschiebung vorgenommen und bewegt sich damit ausdrücklich – durch Nennung im Leitsatz – auf die Sichtweise des IV. Senats zu. Die TA Luft II-Entscheidung des BFH wird in die „Rückstellungsannalen“ eingehen. » weiterlesen
BFH erleichtert freiberufliche Praxiseinbringungen
Der VIII. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 4. 12. 2012 (VIII R 41/09, DB 2013 S. 381) wichtige Grundsätze zur Umstrukturierung von Freiberuflerpraxen aufgestellt. Der Streitfall spielt im Jahre 1997 und ist ein „Klassiker“: Ein Steuerberater führt eine Einzelpraxis mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die er unter Aufdeckung stiller Reserven (vor allem Mandantenstamm und Praxiswert) in eine Sozietät in Gestalt einer Freiberufler GbR einbringt; den Einbringungsgewinn versteuert er anschließend wohl mit dem damaligen „halben Steuersatz“ (§§ 18 Abs. 3, 16, 34 EStG). Die bis zum Einbringungsstichtag in der Einzelpraxis entstandenen Forderungen (und auch Verbindlichkeiten) blieben außen vor und sollten mit jeweiligem Zahlungseingang verteilt über mehrere Jahre als laufende § 18-Einkünfte erfasst werden. Die Finanzverwaltung verlangt nach einer Außenprüfung stattdessen eine „Zwangsentnahme“ der Forderungen in das Privatvermögen mit ihrem Teilwert. Dagegen wehrt sich der Steuerberater und bekommt nun vom BFH in Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung des FG Münster vom 23. 6. 2009 (1 K 4263/06 F, EFG 2009 S. 1915) Recht. » weiterlesen
Wider den missbräuchlichen Gesamtplan bei Umstrukturierungen
Für die Gestaltungs- und Steuerrechtsdurchsetzungsberatung in Umstrukturierungsfällen ist ein wichtiges neues BFH-Urteil vom 9. 11. 2011 – X R 60/09 (DB 2012 S. 779 und DB0469717) zur Kenntnis zu nehmen, das im Einzelfall sehr hilfreich sein kann. Es geht um „Vorfeldmaßnahmen“ einer betrieblichen Umstrukturierung, die eine geplante Buchwertverknüpfung oder Zwischenwertaufstockung wegen Zurückbehalt einer wesentlichen Betriebsgrundlage u. U. gefährden können. Stets müssen für privilegierte Umstrukturierungen sämtliche zum Zeitpunkt der Einbringung zum Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil (einschl. Sonderbetriebsvermögen I und II) gehörende „funktional wesentliche Betriebsgrundlagen“ übertragen werden. Damit können in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang stehende oder gleichzeitig erfolgende Sondertransaktionen die Buchwertverknüpfungsmöglichkeit gefährden. » weiterlesen
Aktuelle Rückstellungserkenntnisse des Bundesfinanzhof
Kaum eine Betriebsprüfung bei kleinen, mittleren oder großen Gewerbetreibenden endet ohne intensive Diskussion über Rückstellungsthemen. Die Finanzverwaltung vermutet wegen des rückstellungsimmanenten Unsicherheitsmoments steuerminderndes Gestaltungspotenzial, welches sachgerecht „zurückgeschnitten“ werden soll. Entsprechend „begehrt“ sind einschlägige Erkenntnisse des BFH, die von Unternehmen, Beratern und Finanzverwaltung stets subtil und zeitnah für zurückliegende oder anstehende bilanzielle Vorsorgezwecke ausgewertet werden. » weiterlesen
Die Mysterien steuerlicher Rechnungsabgrenzung: Step-down-Gelder im Streit
Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) haben seit jeher besonderes Interesse in steuerlicher Rechtsprechung und Literatur gefunden. Dies gilt für aktive und passive RAP gleichermaßen, die in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 u. 2 EStG steuerbilanziell tatbestandssymmetrisch formuliert sind. Für die Handelsbilanz haben sie mit § 250 HGB eigene Grundlagen mit europäischen Wurzeln. RAP sind primär Ausfluss eines dynamischen Bilanzzwecks, der auf eine periodengerechte, willkürfreie Gewinnermittlung bei gleichzeitiger Beachtung von Vorsichts- und Realisationsgrundsätzen abzielt. RAP sind subsidiäre Bilanzposten eigener Art, keine Wirtschaftsgüter. Eine Bewertung gem. § 6 EStG erfolgt nicht.
Der Bundesfinanzhof und die ungarische Personengesellschaft
Der BFH befasst sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 25. 5. 2011 (I R 95/10, DB 2011 S. 6) mit interessanten international-steuerlichen Fragen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Ein klassischer internationaler Qualifikationskonflikt ist vom BFH zu lösen; transparentes und intransparentes Besteuerungskonzept bei Personengesellschaften stoßen aufeinander. » weiterlesen
Der Bundesfinanzhof und die IFRS
Die IFRS – International Financial Reporting Standards – sind ein angelsächsisch geprägtes Regelwerk internationaler Rechnungslegungsstandards für kapitalmarktorientierte Gesellschaften, die der Informationsverbesserung auf effizient und kostengünstig arbeitenden Kapitalmärkten dienen sollen. Transparente und vergleichbare Rechnungslegungsinformationen sind das Ziel. Das Mittel ist ein zwar prinzipienbasiertes, aber sehr fallgruppenorientiertes, umfangreiches Regelwerk mit teils hoher Unbestimmtheit (etwa bei der Ermittlung von fair values). Es kommt vor allem bei der Konzernrechnungslegung der Kapitalmarktunternehmen zur Anwendung. Durch das so genannte Komitologieverfahren wird aus den von einem privaten Standardsetzer – dem IASB in London – geschaffenen Regelungen Europarecht. » weiterlesen