Von der enttäuschten Hoffnung auf einfache und verständliche Steuergesetze

Steuergesetze können gut verständlich und einfach sein; sie können, aber meist sind sie es nicht. Ein Beispiel für eine kurze und für jedermann nachvollziehbare Gesetzesformulierung ist § 4 Abs. 4 EStG: „Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind“. Die Vorschrift ist schon recht alt, sie findet sich gleichlautend bereits im Einkommensteuergesetz aus dem Jahre 1934 und ist seltsamerweise ein unverändert schlanker Absatz einer Norm, die im Laufe der Jahre stets zugenommen hat. 1982, als Ludwig Schmidt die 1. Auflage seines Einkommensteuergesetzes herausgab, hatte § 4 EStG sechs Absätze und umfasste in der Beck‘schen Textausgabe weniger als zwei Seiten, heute hat die Vorschrift zehn Absätze und umfasst mehr als fünf Druckseiten. » weiterlesen

SE en vogue

Was haben Allianz, BASF und die Porsche Automobil Holding gemeinsam? Alle Drei tragen das Rechtskleid der Societas Europaea (SE) und sind damit im besten Sinne en vogue. Nachweislich einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie über die Umsetzung und Auswirkungen des Statuts der Europäischen Gesellschaft (SE) waren im Frühjahr 2009  369 SEs innerhalb der EU/des EWR registriert, darunter 91 in Deutschland. » weiterlesen

EU zwischen „Rettungsschirm“ und Diskussion über nationale Souveränität

Jürgen Brandt, Richter am Bundesfinanzhof, München

Die aktuelle Finanzkrise und die dagegen getroffenen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zeigen in besonderer Weise die Intensität, den die fortschreitende Weiterentwicklung des gemeinsamen Marktes inzwischen erreicht hat. Sie machen aber zugleich deutlich, wie viel an nationaler Souveränität inzwischen auf die Europäische Union übergegangen ist oder zumindest von ihr – ungeachtet der demokratischen Mitwirkungsrechte in den jeweiligen Mitgliedstaaten – präjudiziert werden kann, wenn man nur an die erheblichen Einschnitte in staatliche Leistungen durch diejenigen Staaten wie Griechenland und aktuell Irland denkt, die unter dem sog. „Rettungsschirm“ anderer europäischer Staaten Stützungsmaßnahmen in Anspruch nehmen müssen. » weiterlesen

Zur rückwirkenden Organschafts-begründung nach Einbringung einer Mehrheitsbeteiligung

Neben der Frage nach der Fortführung etwaig bestehender Gewinnabführungsverträge ist in Umwandlungsfällen für Zwecke der rückwirkenden Begründung von Organschaftsverhältnissen insbesondere das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung der (potentiellen) Organgesellschaft zu Beginn ihres Wirtschaftsjahres in den übernehmenden Rechtsträger relevant. Finanzielle Eingliederung liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 S. 1 KStG vor, sofern der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres kraft seiner Beteiligung mit ununterbrochener Stimmrechtsmehrheit beteiligt ist. Umstritten ist, ob die in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 7, 8 UmwStG 1995 bzw. nunmehr in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 5, 6 UmwStG geregelten Rückwirkungsfiktionen eine auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurückreichende finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den übernehmenden Rechtsträger begründen können. Nach Ansicht der Finanzverwaltung und Teilen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei der finanziellen Eingliederung um eine Voraussetzung tatsächlicher Art, die dementsprechend rückbeziehungsfeindlich ist. Nach ganz herrschender Auffassung im Schrifttum stellt sich die finanzielle Eingliederung indes als Tatbestandsmerkmal rechtlicher Natur dar und wird hiernach von den umwandlungssteuerlichen Rückwirkungsfiktionen erfasst. » weiterlesen

Richtlinien-Entwurf zur CCCTB kommt!

Bisher ist die Diskussion um die Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) nur auf der fachlichen Ebene der EU geführt worden. Es war ungewiss, ob und wie sich die politische Ebene der EU-Kommission zu diesem Projekt positioniert. Insbesondere konnte der für das Projekt zuständige Kommissar die weitere Entwicklung nicht allein vorantreiben, vielmehr war dazu eine Entscheidung der Kommission insgesamt erforderlich. Zum Zeitpunkt des Workshops zur CCCTB am 20. 10. 2010 in Brüssel stand eine solche Entscheidung noch aus. » weiterlesen

Die Berücksichtigung „finaler“ Verluste aus EU-Betriebsstätten bei der Gewerbesteuer – ein Paradoxon?

Mit zwei Urteilen vom 9. 6. 2010 hat der BFH zu der Frage einer ausnahmsweisen Berücksichtigung EU-ausländischer Betriebsstättenverluste auf Seiten inländischer Stammhäuser Stellung genommen. Mit Überraschung wurde in der Fachwelt die Entscheidung des BFH aufgenommen, die ggf. erforderliche inländische Berücksichtigung finaler Verluste aus EU-Betriebsstätten gleichfalls auf die Gewerbesteuer zu beziehen (BFH-Urteil vom 9. 6. 2010 – I R 107/09, DB 2010 S. 1733). Nach Auffassung des BFH sollen die gemeinschaftlichen Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang zu einem Abzug der finalen Auslandsverluste auch bei der Gewerbesteuer führen. Eine Hinzurechnung nach § 9 Nr. 3 GewStG habe zu unterbleiben, um eine der gewerbesteuerlichen Berücksichtigung von Inlandsverlusten entsprechende Behandlung finaler Betriebsstättenverluste herbeizuführen. Vor dem Hintergrund des – wenn auch oftmals in der steuerwissenschaftlichen Diskussion sehr pauschal bemühten – Inlandsbezugs der Gewerbesteuer vermag dieses Ergebnis zunächst merkwürdig erscheinen. » weiterlesen

Geburtsfehler der steuerlichen E-Bilanz

Der Geburtsfehler der steuerlichen E-Bilanz liegt in der unklaren Zielsetzung begründet, die mit ihr verfolgt wird. Liest man die §§ 5b und 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG unvoreingenommen und im Zusammenhang mit der Begründung zum Bürokratieabbaugesetz, so drängt sich der Eindruck auf, dass mit der Neuregelung das Ziel verfolgt wurde, die Verpflichtung zur  papierbasierten Einreichung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung durch eine elektronische Übermittlung zu ersetzen.  » weiterlesen

Italienische Steueramnestien – eine Erfolgsgeschichte?

Das Ende der letzten italienischen Steueramnestie liegt nun fast sechs Monate zurück. Der Begriff „scudo fiscale“ (steuerlicher Schutzschild) lässt erahnen, worin der Vorteil für Steuersünder lag: Im Ausland illegal gehaltenes Vermögen konnte gegen eine Abgeltungsleistung in Höhe von 5% (50% auf einen fiktiven Zinsertrag von 2% für die letzten fünf Jahre vor dem 31.  12. 2008) straffrei nach Italien zurückgeführt werden, entweder faktisch oder auch nur formal (über den Erklärungsweg); die Herkunft der rückgeführten Vermögen interessierte die „Agenzia delle Entrate“ (Einnahmeagentur) nicht. Es war die dritte Steueramnestie innerhalb von zehn Jahren, erneut lanciert vom italienischen Finanz- und Wirtschaftsminister Giulio Tremonti. Auffällig ist, dass diese dritte und vorerst wohl letzte Amnestie besonders attraktiv ausfiel. Dies überrascht umso mehr, da nach Ablauf der Regelungen von 2001 und 2003 eigentlich keine weitere vorgesehen war.

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