Nichtanwendung von Steuergesetzen wegen behaupteter Europarechtswidrigkeit

Vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassene und im Bundesgesetzblatt verkündete Gesetze müssen von der vollziehenden Gewalt befolgt werden, selbst wenn Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen. Nur Gerichte können im Einzelfall Gesetze vorübergehend nicht anwenden, müssen aber dann das Gesetz dem BVerfG vorlegen, welches verbindlich über die Gültigkeit zu entscheiden hat (Art. 100 Abs. 1 GG). Die Bindung der Verwaltung an Parlamentsgesetze (Art. 20 Abs. 3 GG) und die alleinige Verwerfungskompetenz des BVerfG gehören zu den elementaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen, so dass es zunächst recht seltsam anmutet, wenn sich die Finanzverwaltung unter Hinweis auf Zweifeln an der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Europäischen Recht einseitig von der Gesetzesbindung löst. So geschehen im Fall des § 8c Abs. 1a KStG, der Ausnahmeregelung für den Verlustuntergang bei schädlichen Beteiligungserwerben (sog. Sanierungsprivileg). » weiterlesen

Die Entstrickung oder das denkbar große Stück vom Steuerkuchen

Mit dem am 13. 12. 2006 in Kraft getretenen Gesetz über die steuerlichen Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) wollte der Gesetzgeber u. a. sicherstellen, dass im Inland entstandene stille Reserven auch dann der deutschen Besteuerung unterliegen, wenn das betreffende Wirtschaftsgut zwischenzeitlich ins Ausland überführt wird. Ganz offensichtlich sorgt sich der deutsche Fiskus darüber, dass er möglicherweise gar nichts oder zu wenig von dem Kuchen abbekommt, den der Steuerpflichtige in Deutschland gebacken, dann aber ins Ausland verbracht hat. Und ganz ähnlich wie in den Kindertagen waren die Augen dabei größer als der Magen, was mitunter Bauchweh hervorrufen kann.

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Zinsschranke – empirische Relevanz und Rechtsunsicherheiten drängen zu gesetzlichen Korrekturen

Empirische Studien auf Basis von Handelsbilanzdaten und Unternehmensbefragungen belegen, dass die Zinsschranke eine Vielzahl von großen Konzernbetrieben erfasst. Den Studien zufolge schwankt die Zahl an betroffenen Unternehmen zwischen 561 und 1824 Unternehmen. Aufgrund von operativen Verlusten liegt die Fallzahl an Unternehmen, die eine effektive Mehrbelastung erfahren, zwischen 249 bis 835. Insbesondere das Grundstücks- und Wohnungswesen und der Dienstleistungssektor sind stark von der Zinsschranke betroffen. Im Handel und verarbeitenden Gewerbe wird eine vergleichsweise durchschnittlich bis hohe Relevanz der Zinsschranke identifiziert. » weiterlesen

Wie ist es um die Neustrukturierung der Verlustverrechnung bestellt?

Im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 strebt die Bundesregierung unter anderem eine Neustrukturierung der Verlustverrechnung an. Konkrete Schritte hierzu sucht man bisher vergeblich. Entweder sind die Beschränkungen beim Verlustabzug zu lockern oder das Imparitätsprinzip im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zu reaktivieren.

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Erweiterte MwSt-Pflicht öffentlich-rechtlicher Unternehmen

Öffentliche Kassen sind chronisch leer. Daher sehen sich immer mehr öffentlich-rechtliche Institutionen, wie Kommunen, Landkreise, Hochschulen und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) dazu gezwungen, ihre Leistungen gegen Entgelt anzubieten. Und sobald Geld fließt, ist das Finanzamt nicht mehr weit weg. Auch wenn die Einnahmen vielfach nicht die Kosten decken, muss geprüft werden, ob der Sachverhalt der Mehrwertsteuer unterliegt. Denn hier kommt es – anders als im Ertragsteuerrecht – nicht darauf an, ob ein Gewinn erzielt wird. Es genügt vielmehr die bloße Erzielung von Einnahmen. Die Heranziehung zur Mehrwertsteuer ist allerdings keinesfalls immer ein Nachteil. Nicht selten will z. B. eine Kommune sogar mit einer bestimmten Tätigkeit unter die Steuerpflicht fallen, da sie dann dazu berechtigt ist, eine Erstattung der ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (Vorsteuer) zu beantragen. » weiterlesen

Die Reform der Umsatzsteuer darf nicht aufgegeben werden

In der Debatte über die Reform der Umsatzsteuer haben Finanzministerium und Kanzleramt offenbar angedeutet, dass die geplante Überprüfung der Güter, für die der ermäßigte Satz gilt, entfallen könnte. Begründet wird das erstaunlicherweise mit dem Argument, bei dieser Reform handle man sich für ein recht mickriges Steuermehraufkommen erheblichen Ärger mit den betroffenen Lobbygruppen ein. Diese Begründung ist zwar von entwaffnender Ehrlichkeit, akzeptabel ist sie deshalb aber noch lange nicht. » weiterlesen