Die Welt im allgemeinen, die Wirtschafts- und die Steuerwelt im Besonderen, sie ist dabei, sich zu drehen, ja auf den Kopf gestellt zu werden, international wie national. Das, was gemeinhin als Paradigmenwechsel propagiert wird, zieht sich durch jegliche Sparten. Das Modell der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit, der steuerlichen Effizienzgestaltung, letztere vom BVerfG und vom BFH vielfach gesichert und betont, beginnt sich zu verflüchtigen und wendet sich hin zu einer Tugendhaftigkeit des Verhaltens. » weiterlesen
Ethik in der Steuerrechtsauslegung
Fragen des Steuerrechts drehen sich im Kern immer darum, wer wieviel an den Staat zu zahlen hat. Der Staat greift mit dem Steuerrecht unmittelbar in die Vermögenssphäre seiner Bürger und Unternehmer ein. Nur das Strafrecht wird von den Betroffenen als noch schmerzhafter empfunden. Es ist daher nachvollziehbar, dass sich viele Menschen relativ schnell ein Urteil darüber zutrauen, ob Steuerzahlungen Dritter unethisch gering sein könnten. Letztlich basieren die Steuerzahlungen aber immer auf Steuergesetzen – eine Tatbestands-Rechtsfolgen-Verknüpfung, die der richterlichen Kontrolle unterliegt. Das wird im Eifer des Gefechts oftmals vergessen. Die kontrollierende dritte Gewalt hat sich ausschließlich am Gesetz zu orientieren, auch wenn die Öffentlichkeit zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Steuerzahlung „eindeutig“ zu gering ist. » weiterlesen
Geplantes Verbandssanktionengesetz: Künftig Strafverfahren gegen Unternehmen bei Steuervergehen
Am 16.06.2020 hat die Bundesregierung mit dem sogenannten „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ das Gesetzgebungsverfahren zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes initiiert. Hierdurch sollen erstmals Unternehmen – d.h. insbesondere Personen- und Kapitalgesellschaften – selbst Beschuldigte von Strafverfahren und Adressaten strafrechtlicher Sanktionen werden – statt wie bisher im Grundsatz „nur“ die individuell verantwortlichen natürlichen Personen. Anders als zum Teil erwartet (oder erhofft), hat der Bundesrat den Regierungsentwurf in seiner Sitzung am 18.09.2020 grundsätzlich begrüßt und nur Änderungsbedarf in einzelnen Punkten angemahnt. Die wohl mit Abstand meisten potenziellen Unregelmäßigkeiten dürften in Unternehmen auf dem Gebiet des Steuerrechts entstehen. Grund genug, sich mit den potenziellen Auswirkungen des Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) zu befassen. » weiterlesen
Beendet Elon Musk das Zeitalter freiberuflicher Tätigkeit?
„Was festgefügt und unveränderlich scheint, das kann sich ändern.“ (Angela Merkel in Ihrer Rede im Mai 2019 in Harvard). Dieser Denkspruch dürfte ganz besonders auf die Folgen der Digitalisierung zutreffen; diese dürften nicht zuletzt im Steuerrecht zu spüren sein. Offensichtlich und viel beschrieben ist dabei, dass die Steuerberatung selbst einem Digitalisierungsprozess unterworfen sein wird (elektronische Steuerakten; Datenauswertung durch KI, etc.). Nicht weniger spannend ist aber die Frage, wie sich das materielle Steuerrecht, die Auslegung und Interpretation der Steuergesetze selbst durch digitale Innovationen verändern wird. Dieser Themenkreis soll hier exemplarisch anhand der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit am Beispiel von Neuralink aufgeworfen werden. » weiterlesen
Zum Erfordernis des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs für die Betriebsvermögensverschonung von „Wohnungsunternehmen“
Mit Urteil vom 25.06.2020 (3 K 13/20 F) hat das FG Münster zu der Frage Stellung genommen, wann der für die Betriebsvermögensverschonung eines sog. „Wohnungsunternehmens“ i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG erforderliche wirtschaftliche Geschäftsbetrieb vorliegt und einer Gesamtbetrachtung eine Absage erteilt. » weiterlesen
Die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist teleologisch zu reduzieren
Das FG Münster hat in einem aktuellen Urteil vom 24.06.2020 (13 K 3029/18 F) entschieden, dass die Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG – die sog. „Körperschaftsklausel“ nach Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG – in gewissen Sachverhaltskonstellationen teleologisch einzuschränken ist. Damit hat es sich auf die Seite des FG München geschlagen, das – in einer sehr ähnlichen Konstellation – ebenfalls eine teleologische Reduktion befürwortet hatte (FG München vom 10.07.2019 – 7 K 1253/17; anhängig beim BFH: XI R 20/19; Weiss/Brühl, DB 2020 S. 914). » weiterlesen
Wie fördert man Steuerehrlichkeit?
Kein Mensch zahlt gerne Steuern. Gleiches gilt für Unternehmen. Doch ist das Zahlen von Steuern schlicht notwendig, um das Staatswesen, von dessen Funktionsfähigkeit alle profitieren, zu befähigen, seine Aufgaben wahrzunehmen. Das ist nachvollziehbar. Diese Nachvollziehbarkeit ist Voraussetzung für die Steuerehrlichkeit der zur Steuerzahlung Verpflichteten. Steuerehrlichkeit beruht auf insbesondere drei Faktoren: erstens der eigenen Haltung, zweitens des verantwortungsvollen Umgangs des Staates mit den eingenommenen Steuern und drittens der beobachteten Steuerehrlichkeit Anderer. » weiterlesen
Mitteilungspflichten bei mittelbaren Auslandsbeteiligungen – Klarstellung durch die Finanzverwaltung
Während die Mitteilungspflichten nach DAC 6 in aller Munde sind, darf dadurch der Blick auf die sonstigen Mitteilungspflichten, die in den letzten Jahren in der Abgabenordnung reichlich gediehen sind, nicht verloren gehen. Geradezu ein Klassiker sind die bereits zusammen mit dem Außensteuergesetz im Jahr 1972 eingeführten Mitteilungspflichten bei Auslandssachverhalten (§ 138 Abs. 2 AO). Die Vorschrift ist über die Jahre immer wieder erweitert und ergänzt worden. Im Blick soll heute vor allem die Mitteilungspflicht bei ausländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen stehen (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO). » weiterlesen