Keine einschränkende Auslegung bei Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz

StBin Dipl.-Kffr. Dr. Katrin Dorn, Partnerin, und StB Frank Niesmann, MÖHRLE HAPP LUTHER mbB, München bzw. Hamburg

Der BFH hat mit Urteil vom 08.12.2021 (I R 30/19) entschieden, dass der Ausschluss oder die Beschränkung des nationalen Besteuerungsrechts kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. ist. Nach diesem Urteil ist § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. (heutiger § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG) nicht dahingehend auszulegen, dass die Besteuerung von stillen Reserven in Geschäftsanteilen aufgrund einer unentgeltlichen Anteilsübertragung auf einen beschränkt Steuerpflichtigen unterbleibt, wenn das deutsche Besteuerungsrecht nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Damit findet § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG a.F. (heutiger § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG) unabhängig vom Umfang der (tatsächlichen) deutschen Besteuerungsrechte Anwendung, soweit die in der Regelung genannten Voraussetzungen vorliegen. » weiterlesen

Tax Compliance Praxis: Ein Blick auf die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags gem. § 10 Abs. 3 AStG nach aktuellem und neuem Recht

StB André Fest, Counsel bei POELLATH, München

Die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG) in der Struktur eines Private Equity Fonds nimmt einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert ein. Dies liegt daran, dass die Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung bereits bei geringsten Beteiligungsquoten zur Anwendung kommen können – vorausgesetzt, die ausländische Zwischengesellschaft erzielt überwiegend passive Einkünfte. Soweit die Regelungen nach §§ 7 ff. AStG greifen, stellt sich unweigerlich die Frage nach der Art der Einkünfteermittlung. Die Antwort liefert § 10 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AStG nach aktuellem und neuem Recht. » weiterlesen

Update zur Hinzurechnungsbesteuerung – Neues zum ATAD-Umsetzungsgesetz

RA Laura Baaske, Associate bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Das BMF hat einen überarbeiteten Referentenentwurf vom 24.03.2020 zur Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directive („ATAD – RL“) an die Verbände zirkuliert. Einige der darin enthaltenen Änderungen der Hinzurechnungsbesteuerung sowie der für die Praxis teils erheblichen Anpassungen des ersten Entwurfs vom 10.12.2019 werden nachfolgend überblicksartig dargestellt und bewertet. » weiterlesen

Hinzurechnungsbesteuerung: Geplante Anpassungen durch das ATADUmsG

StB Dipl.-Fw. (FH) Raphael Baumgartner, P+P Pöllath + Partners Rechtsanwälte und Steuerberater mbB, München

Die geplanten Änderungen des deutschen Steuerrechts durch das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directive (kurz: ATADUmsG) könnten zu gravierenden Auswirkungen führen. Ein wesentlicher Bestandteil des am 10.12.2019 veröffentlichten Referentenentwurfs des ATADUmsG sind die geplanten Anpassungen im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung. Trotz der nur sehr kurzen Frist zur Stellungnahme von knapp drei Tagen, wurden die geplanten Anpassungen von den Verbänden (u.a. des BDI) scharf kritisiert. Im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens und damit vor der unausweichlichen Anpassung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung wäre eine tiefergehende fachliche Diskussion über den Referentenentwurf sinnvoll und wünschenswert. Nach dem geplanten Entwurf wären die angepassten Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung ansonsten rückwirkend ab dem 01.01.2020 anzuwenden. » weiterlesen

Aller guten Dinge sind drei – Rechtsprechungsänderung bei der Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG, DBA-Sperrwirkung und Konzernrückhalt

StB Tobias Deschenhalm, P+P Pöllath und Partners, München

In drei Parallelentscheidungen hat der BFH seine Neuausrichtung zur steuerlichen Behandlung bei gewinnmindernden Ausbuchungen sowie Teilwertabschreibungen von grenzüberschreitenden Forderungen zwischen Konzerngesellschaften dargestellt (Urteile vom 27.02.2019 – I R 73/16, DB 2019 S. 1120; I R 51/17, DB 2019 S. 1999; I R 81/17, DB 2019 S. 2221). Mit den Urteilen ändert der BFH bisher gefestigt geglaubte Rechtsprechungsgrundsätze und richtet die steuerlichen Regelungen für Konzernfinanzierungsfragen neu aus. In rechtlicher Hinsicht hat sich der BFH in allen drei genannten Urteilen identisch geäußert, lediglich in Bezug auf den Sachverhalt liegen geringfügige Unterschiede vor. Daher wird in der nachfolgenden Urteilsdiskussion lediglich auf das Verfahren I R 73/16 näher eingegangen. » weiterlesen

Ist der AStG-Hinzurechnungsbetrag stets gewerbesteuerpflichtig?

RA/StB Dr. Christian Böing, LL.M., Senior Manager bei PwC, Düsseldorf

RA/StB Dr. Christian Böing, LL.M., Senior Manager bei PwC, Düsseldorf

Die Frage ist simpel und die Antwort gerade in Outbound-Sachverhalten von elementarer Bedeutung. Denn die Hinzurechnungsbesteuerung führt im Ergebnis dazu, dass die gewerblichen Einkünfte des qualifizierten unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters (z.B. einer deutschen Konzernmutter) um bestimmte passive Einkünfte ihrer niedrig besteuerten ausländischen Konzerngesellschaften – den sog. Hinzurechnungsbetrag – erhöht und diese auf das deutsche Besteuerungsniveau hochgeschleust werden. Dadurch soll die Verlagerung solcher Einkünfte ins niedrig besteuernde Ausland vermieden werden. Faktisch werden jedoch ebenso Einkünfte originärer, nicht verlagerter Auslandsfunktionen erfasst (z.B. angestammte ausländische Finanzcenter). » weiterlesen

Großbritannien und die Niederlande als Steueroasen?

WP/StB Dr. Martin Lenz ist Partner und Leiter National Tax bei der KPMG AG, Frankfurt/M.

Die Hinzurechnungsbesteuerung soll die missbräuchliche Verlagerung von Steuersubstrat in Niedrigsteuerländer verhindern. Der „Lehrbuch-Fall“ spielt in einer Steueroase – nicht hingegen in einer westlichen Industrienation. Doch künftig können auch Investitionen in Großbritannien und in den Niederlanden von der Hinzurechnungsbesteuerung betroffen sein: Grund dafür sind sinkende KSt-Sätze.

Die Tendenz in einigen europäischen Staaten geht hin zu einer Senkung der KSt-Sätze. So wurde beispielsweise in Großbritannien kürzlich angekündigt, den KSt-Satz ab dem 1. 4. 2012 auf 24% zu senken. Zudem soll der KSt-Satz schrittweise bis 2014 auf 22% gemindert werden. Bereits im Jahr 2011 wurde der KSt-Satz in den Niederlanden auf 25% abgesenkt, wobei die ersten 200.000 € mit einem geminderten Steuersatz von 20% versteuert werden. Damit gelten Großbritannien und die Niederlande per se als „Niedrigsteuerland“ i. S. der Hinzurechnungsbesteuerung.

Nach den Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung werden die Einkünfte einer ausländischen Zwischengesellschaft dem inländischen Anteilseigner hinzugerechnet. Eine Zwischengesellschaft ist definiert als eine Gesellschaft, die von Inländern beherrscht wird, passive Einkünfte erzielt und deren Einkünfte niedrig besteuert sind. Dabei sieht das AStG die Grenze der Niedrig­besteuerung bei einer Ertragsteuerbelastung von weniger als 25%. Von dem nominalen Steuersatz geht dabei eine Indizwirkung aus. » weiterlesen

Zur „Lex Mikrochirurgie“ im Jahressteuergesetz 2010

Im Nachgang zur „Lex Malta“ in der letzten Woche möchte ich mich mit Ihnen gerne über die Hintergründe von „Lex Mikrochirurgie“ austauschen. Auch bei dieser Regelung geht es um den Zugriff des deutschen Fiskus auf im Ausland erwirtschaftetes Einkommen. Anders als die Hinzurechnungsbesteuerung, die auf das Einkommen niedrigbesteuerten, ausländischen Kapitalgesellschaft zugreift, geht es heute um das von gewerblichen oder freiberuflichen Dienstleistern in einer ausländischen Betriebsstätte erzielte passive Einkommen. Allein die Begrifflichkeit zeigt, zu welchen Absurditäten das deutsche Steuerrecht fähig ist. » weiterlesen