Veräußerung von obligationsähnlichen Genussrechten – Bestandsschutz für Altbestand?

StB Dr. Simone Wick, KPMG AG, Köln

StB Dr. Simone Wick, KPMG AG, Köln

Mit Einführung der sogenannten „Abgeltungsteuer“ ab dem Veranlagungszeitraum 2009 wurde die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen völlig neu geregelt. Die Berechnung, Einbehaltung und Abführung der pauschalen KapESt durch die Kreditinstitute soll abgeltende Wirkung haben. Einkünfte aus Kapitalvermögen sollen im Regelfall nicht mehr der Teil der Veranlagung sein.

Neuerungen gab es in diesem Zusammenhang auch bei Einkünften aus der Veräußerung von Wertpapieren. Diese unterliegen seit 2009 unabhängig von der Haltedauer stets der Besteuerung. Ausgenommen sind vom Grundsatz her alle „Altbestände“, also Wertpapiere, die vor dem 31. 12. 2008 erworben wurden. Ausnahmen hiervon betreffen vor allem die sogenannten Finanzinnovationen (wie z.B. Garantiezertifikate oder auch Zerobonds). Diese unterlagen bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer bei Verkauf, Einlösung oder Endfälligkeit der Besteuerung nach § 20 EStG a. F.

So der in der Theorie einfache Grundsatz. In der Praxis ist aber die Entscheidung, welche steuerlichen Konsequenzen bei dem jeweiligen Wertpapier zu ziehen sind, nicht immer eindeutig. So herrscht z. B. Uneinigkeit, ob bestimmte Wertpapiere unter die Bestandsschutzregeln für Altbestände fallen oder nicht. Aktuelles Beispiel ist die steuerliche Behandlung von obligationsähnlichen Genussrechten. Diese zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass mit ihnen keine Beteiligung am Liquidationserlös einer Gesellschaft verbunden ist. BFH und BMF hatten kürzlich Gelegenheit, ihre jeweilige Auffassung zur Besteuerung dieser Wertpapiere darzulegen. » weiterlesen

Das neue BFH-Urteil TA Luft II

WP StB Prof. Dr. Ulrich Prinz, Partner bei KPMG, Köln

WP/StB Prof. Dr. Ulrich Prinz, KPMG, Köln

Seit Jahren wird im BFH um das Verhältnis rechtlicher zu wirtschaftlicher Verursachung einer rückstellungsbegründenden Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag gerungen. Einvernehmlich gilt: ein „Sonderrecht“ für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen besteht nicht, die rechtli­chen/wirtschaftlichen Konkretisierungserfordernisse sind lediglich eigenständig auf die besonde­ren Belange öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen anzuwenden. Der I. Senat des BFH hat nun in seinem Urteil vom 6. 2. 2013 (I R 8/12, DB 2013 S. 1087) zu einer öffentlich-rechtlichen Anpassungsverpflichtung nach der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24. 7. 2002) eine bemerkens­werte Akzentverschiebung vorgenommen und bewegt sich damit ausdrücklich – durch Nennung im Leitsatz – auf die Sichtweise des IV. Senats zu. Die TA Luft II-Entscheidung des BFH wird in die „Rückstellungsannalen“ eingehen. » weiterlesen

Neue Gestaltungsmöglichkeit bei Arbeitnehmer-Aktienoptionen

RA/StB Dr. Barbara Koch-Schulte, P+P Pöllath + Partners

RA/StB Dr. Barbara Koch-Schulte,  Counsel bei P+P Pöllath + Partners, München

Manchmal meint es der BFH ja doch gut mit den Stpfl. So geschehen am 18. 9. 2012, als der 6. Senat sein Urteil (VI R 90/10, DB 2013 S. 212) zur Verwertung von Arbeitnehmer-Aktienoptionen bei Übertragung auf eine GmbH sprach. Wie immer stellt sich dabei jedoch die Frage, was in der Praxis von einer solchen Entscheidung übrig bleibt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH und als solcher erfolgreich tätig. Daher gewährte ihm sein Arbeitgeber mit Vertrag vom 29. 10. 2002 Optionen für den Erwerb von 15.000 Stückaktien der A-AG zum Preis von 0,65 € je Aktie. Die Optionen konnten zwischen dem 1. 1. 2004 und dem 10. 1. 2005 ausgeübt werden. Der Optionsvertrag berechtigte den Kläger, seine Rechte und Pflichten daraus auf die von ihm zu 100% gehaltene Z-GmbH zu übertragen. Die Z-GmbH (in 2000 gegründet) hielt in den Jahren 2002 bis 2005 auch Anteile an der Arbeitgebergesellschaft des Klägers und Anteile an einem Geldmarktfonds. Andere Verfügungen über das Optionsrecht waren unzulässig. Mit Schreiben vom 29. 11. 2002 übertrug der Kläger seine Optionen auf die Z-GmbH. Dafür hatte die Z-GmbH 0,10 € pro zu erwerbender Aktie zu zahlen (Kurswert der A-Aktie zu diesem Zeitpunkt 1,84 €). Am 9. 1. 2004 übte die Z-GmbH die Optionen aus (Kurswert je Aktie 5,41 €). Am 15. 1. 2004 überwies die Z-GmbH den Betrag von 1.500,00 € aus dem Erwerb der Optionen an den Kläger. Das Finanzamt erfasste in 2004 einen Betrag von 71.400,00 € als Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit. Dieser Betrag entspricht exakt dem Gewinn aus der Ausübung der Optionen abzüglich des gezahlten Basispreises von 0,65 € pro Aktie. » weiterlesen

Der Begriff der wesentlichen Beteiligung (§ 17 EStG) wird veranlagungszeitraumbezogen betrachtet

RA/WP/StB Jens Scharfenberg, Partner bei MDS MÖHRLE, Hamburg

§ 17 EStG regelt die Steuerpflicht des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die sich im Privatvermögen befinden. Voraussetzung der Steuerpflicht ist, dass die Beteiligung des Veräußerers innerhalb der letzten fünf Jahre bestimmte Wesentlichkeitsgrenzen überschritten hat. Die Beteiligungsgrenze lag bis einschließlich 1998 bei mehr als 25%. Mit Wirkung ab dem Vz. 1999 wurde sie auf mindestens 10% gesenkt, um dann ab dem Vz. 2002 erneut (auf mindestens 1%) gesenkt zu werden. Angesichts der wiederholten Verschärfungen entspricht es beinahe einer Gesetzmäßigkeit, dass die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt“ in den Übergangszeiträumen zu Streitigkeiten zwischen der Finanzverwaltung auf der einen und Stpfl. auf der anderen Seite führen musste. » weiterlesen

BFH erleichtert freiberufliche Praxiseinbringungen

WP StB Prof. Dr. Ulrich Prinz, Partner bei KPMG, Köln

WP/StB Prof. Dr. Ulrich Prinz, KPMG, Köln

Der VIII. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 4. 12. 2012 (VIII R 41/09, DB 2013 S. 381) wichtige Grundsätze zur Umstrukturierung von Freiberuflerpraxen aufgestellt. Der Streitfall spielt im Jahre 1997 und ist ein „Klassiker“: Ein Steuerberater führt eine Einzelpraxis mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die er unter Aufdeckung stiller Reserven (vor allem Mandantenstamm und Praxiswert) in eine Sozietät in Gestalt einer Freiberufler GbR ein­bringt; den Einbringungsgewinn versteuert er anschließend wohl mit dem damaligen „halben Steuersatz“ (§§ 18 Abs. 3, 16, 34 EStG). Die bis zum Einbringungsstichtag in der Einzelpra­xis entstandenen Forderungen (und auch Verbindlichkeiten) blieben außen vor und sollten mit jeweiligem Zahlungseingang verteilt über mehrere Jahre als laufende § 18-Einkünfte erfasst werden. Die Finanzverwaltung verlangt nach einer Außenprüfung stattdessen eine „Zwangs­entnahme“ der Forderungen in das Privatvermögen mit ihrem Teilwert. Dagegen wehrt sich der Steuerberater und bekommt nun vom BFH in Bestätigung der erstinstanzlichen Entschei­dung des FG Münster vom 23. 6. 2009 (1 K 4263/06 F, EFG 2009 S. 1915) Recht. » weiterlesen

Das häusliche Arbeitszimmer als Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit – eine unendliche Geschichte?

StB Dipl.-Kfm. Peter F. Peschke, P+P Pöllath + Partners, München

Alle Jahre wieder: Der BFH hat in seinem Beschluss vom 14. 12. 2012 (VI B 134/12, online veröffentlicht am 20. 2. 2013) den Werbungskostenabzug von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer eines Universitätsprofessors versagt. Demnach bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, weil das Wesensmäßige der Hochschullehrertätigkeit, nämlich die Lehre, in der Universität stattfinden müsse. Damit hat der BFH sein Urteil vom 27. 10. 2011 (VI R 71/10, BFHE 235 S. 448 = DB 2012 S. 263) für die Berufsgruppe der Hochschullehrer bestätigt. » weiterlesen

Private Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit

RA Dr. Nico Fischer, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, München

Die Abgrenzung von privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit ist regelmäßig Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerzahler und Finanzverwaltung. Dabei geht es i. d. R. um Fälle des Grundstücks- und Wertpapierhandels. In einem etwas exotischeren Fall hatte der BFH kürzlich über die steuerliche Einordnung des Erwerbs von gebrauchten Lebensversicherungen zu entscheiden.  In seiner Entscheidung über diesen Sonderfall hat der BFH die Bedeutung der qualitativen Kriterien für die Abgrenzung von Gewerbebetrieb und privater Vermögensverwaltung bekräftigt und das Abstellen auf bloß quantitative Merkmale abgelehnt. Gleichzeitig hat er eine Streitfrage bezüglich der gewerblichen Prägung en passant geklärt. » weiterlesen

Viele Kontrollen durch die Steuer-Identifikationsnummer

RA/FAStR Oliver Holzinger, Chefredakteur DER BETRIEB, Düsseldorf

Nach einem BFH-Urteil vom 18. 1. 2012 (Az. II R 49/10, DB0466227) ist die Zuteilung der bundesweit einheitlichen Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sonstigem Verfassungsrecht vereinbar. Das gilt auch hinsichtlich der dazu beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erfolgten Datenspeicherung. Die Steuer-ID erhält jeder bei einem Einwohnermeldeamt registrierte Bürger von Geburt an und ermöglicht viele neue Kontrollen. » weiterlesen