Der BFH hat in seinem Beschluss vom 25.04.2018 (IX B 21/18, DB 2018 S. 1190) erstmals erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der steuerlichen Nachzahlungszinsen nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO erhoben. Der gesetzlich geregelte Zinssatz von 0,5% pro Monat, d.h. 6% p.a., begegne ab dem Veranlagungszeitraum 2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln. Damit positioniert sich der BFH im Sinne vieler kritischer Stimmen in der Literatur. Ein Zinssatz von 6% p.a. wird in einer über Jahre andauernden Niedrigzinsphase nicht den wirtschaftlichen Realitäten gerecht und verschafft dem Staat eine nicht zu rechtfertigende Einnahmequelle. » weiterlesen
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Zur Steuerbarkeit von Erstattungszinsen
Steuernachforderungen und Steuererstattungsansprüche werden nach geltendem Recht verzinst (§ 233a AO). Die steuerliche Behandlung dieser Zinszahlungen ist umstritten und weist eine deutliche Schieflage zu Lasten des Stpfl. auf. Zahlt der Stpfl. wegen einer Steuernachzahlung Zinsen an das FA, so ist dieser Betrag nicht steuerlich abzugsfähig. Er teilt das Schicksal der Einkommen- und sonstigen Personensteuern (§ 12 Nr. 3 EStG). Erhält der Stpfl. Zinsen auf eine Steuererstattung, so könne dieser Betrag – wie der BFH in seiner Entscheidung vom 15. 6. 2010 – VIII R 33/07 (DB 2010 S. 1970) zutreffend argumentiert hat – nicht steuerbar sein. Zinszahlungen – gleich in welcher Richtung – müssten steuerlich gleichbehandelt werden. Die gesetzgeberische Grundentscheidung strahle auch auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung solcher Steuern aus. Der Gesetzgeber hat diese konsequente Rspr. rückwirkend korrigiert und im JStG 2010 auch die in den Vorjahren zugeflossenen Erstattungszinsen der ESt unterworfen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG). Die Frage, ob diese rückwirkende Rspr.-Korrektur verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, ist unter den Finanzgerichten umstritten; sowohl das FG Münster (Beschluss vom 27. 10. 2011 – 2 V 913/11 E) als auch das FG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 27. 1. 2012 – 1 V 226/11) haben verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. » weiterlesen
Steuerfreies Erwerbseinkommen – ein längst überholtes Privileg der Abgeordneten
Die Vorschrift ist unscheinbar, und wer sie unbefangen und ohne nähere Kenntnis liest, wird ihre Begünstigungsdimension kaum erahnen können: Gemäß § 3 Nr. 12 EStG sind die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlten Bezüge steuerfrei, wenn sie entweder kraft Gesetzes oder von der Bundes- oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Rund 48.000 € erhält ein Bundestagsabgeordneter aufgrund dieser Bestimmungen jährlich an steuerfreien Zuwendungen. In welcher Höhe tatsächlich Aufwand anfällt, spielt keine Rolle. Seit langem überwiegen in der Steuerrechtswissenschaft die Stimmen, die dieses Privileg für verfassungswidrig halten und fordern, Abgeordnete sollten wie jeder Normalbürger ihre Bezüge voll versteuern und Aufwendungen, die sie im Zusammenhang mit der Mandatswahrnehmung zu tragen haben (viele Aufwendungen wie z. B. Reisen trägt ohnehin der Steuerzahler) als Werbungskosten geltend machen. Mit Spannung wurde deshalb die Entscheidung des BVerfG über zwei Verfassungsbeschwerden gegen das Abgeordnetenprivileg erwartet. » weiterlesen
Verbösernde Gleichheit – Steuerberatungskosten weiter nicht abziehbar
„Sonderausgaben sind …Steuerberatungskosten“ hieß es ganz lapidar in § 10 Abs. 1 Nr. 6 der bis 2005 geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes. 2006 hat der Gesetzgeber diese Vorschrift abgeschafft. Nicht etwa, weil er der Auffassung war, die Steuergesetze seien nun so einfach geworden, dass sie ohne Hilfe von Steuerberatern aus sich heraus verständlich wären, sondern weil er einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nachkommen musste, der beanstandet hatte, dass beschränkt Steuerpflichtige nicht in den Genuss dieses Abzugstatbestands kamen. Der Gesetzgeber hat die Abzugsmöglichkeit daraufhin ganz beseitigt, statt sie auch auf Steuerausländer auszudehnen. » weiterlesen