Übergang zu einer Gruppenbesteuerung: Steuerrisiko bei Bestehen eines passiven organschaftlichen „Super-Ausgleichspostens“?

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Im Zwölf-Punkte-Papier vom 14. 2. 2012 bekräftigt die Regierungskoalition ihre Absicht, eine moderne Gruppenbesteuerung anstelle der bisherigen ertragsteuerlichen Organschaft einzuführen. Diskutiert werden verschiedene Modelle, eine Systemumstellung soll nach einem Vorlauf von drei Jahren ab dem Jahr 2016 wirksam werden. Aus meiner Sicht ist nicht auszuschließen, dass die Umstellung im Einzelfall – in Abhängigkeit von der Formulierung einer gesetzlichen Übergangsregelung – einen (erheblichen) steuerpflichtigen Gewinn bei einem Organträger auslösen könnte. Dieses „latente Steuerrisiko“ ist bei einer Transaktionsstrukturierung zu berücksichtigen. Worum geht es?

Bildung eines passiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz eines Organträgers bei Vorliegen einer organschaftlichen Mehrabführung

Eine Mehrabführung einer Organgesellschaft liegt vor, wenn der handelsbilanzielle (abzuführende) Gewinn der Organgesellschaft den steuerbilanziellen Gewinn übersteigt (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG). Ursache einer Mehrabführung kann z. B. eine unterschiedliche Bewertung eines Wirtschaftsguts in Handels- und Steuerbilanz sein. Bestand die Organschaft bereits im Zeitpunkt der unterschiedlichen bilanziellen Bewertung des Wirtschaftsguts, handelt es sich um eine in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Der Organträger hat in seiner Steuerbilanz i. H. der Mehrabführung (einkommensneutral) einen passiven Ausgleichsposten als Korrekturposten zum steuerlichen Buchwert der Organbeteiligung zu bilden. Erst bei Veräußerung der Organbeteiligung (oder einer vergleichbaren Transaktion) ist der passive Ausgleichsposten steuerwirksam – Veräußerungsgewinn erhöhend – aufzulösen. » weiterlesen

Neue Chance für die Gewinngemeinschaft?

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, Gesxchäftsführer MAZARS Tax GmbH, Stuttgart

Die Gewinngemeinschaft ist das unbekannteste Gestaltungsvehikel des Unternehmenssteuerrechts. Geregelt in § 292 AktG als ein anderer Unternehmensvertrag, durch den sich die Gesellschaft verpflichtet, ihren Gewinn zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns mit dem Gewinn anderer Unternehmen zusammenzulegen. Anschaulich als horizontale Gewinnpoolung bezeichnet, sind die Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft zweifelsfrei nicht erfüllt, da es sich nicht um einen Gewinnabführungsvertrag handelt. » weiterlesen

EU-Kommission nimmt weiteren Meilenstein – Verabschiedung des Richtlinienvorschlags zur GKKB

Die EU-Kommission hat ihren Zeitplan zur Vorlage des Richtlinienvorschlags über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) eingehalten. Dies lässt vermuten, dass sie nachhaltig von den Vorteilen der GKKB überzeugt ist (vgl. hierzu ausführlich Fuhrmann, Steuerboard vom 17. 2. 2011). Nach dem nun vorliegenden Richtlinien-Vorschlag der EU-Kommission soll die GKKB als fakultatives System ausgestaltet werden. Ein Unternehmen, das nicht für die Regelungen der GKKB qualifiziert oder hierfür nicht optiert, hat nach wie vor die nationalen Steuervorschriften anzuwenden. Eine GKKB-Unternehmensgruppe soll lediglich mit der Steuerverwaltung (sog. Hauptsteuerbehörde) des Mitgliedstaats zu tun haben, in dem die Muttergesellschaft steuerlich ansässig ist. Steuerprüfungen sollen grds. von der Hauptsteuerbehörde initiiert und koordiniert werden. » weiterlesen

Ertragsteuerharmonisierung in der EU – kommt sie nun doch?

WP/StB/CPA (U.S.) Dipl.-Kfm. Sven Fuhrmann, Partner bei Deloitte in Frankfurt/M.

Seit nunmehr fast zehn Jahren arbeitet die für Steuern und Zollunion zuständige Generaldirektion der EU-Kommission, unterstützt von einer Arbeitsgruppe aus Experten aller 27 EU-Mitgliedsländer, an der Schaffung einer “Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftssteuerlichen Bemessungsgrundlage“ (GKKB). Nach einer mehr als zweijährigen Pause tagte am 20. 10. 2010 die zuständige Arbeitsgruppe wieder in Brüssel. Im Anschluss hat die EU-Kommission das GKKB-Projekt offiziell in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen. Ziel ist es, dass im März 2011 der EU-Kommission ein Richtlinienentwurf vorgelegt wird, der die Basis für die weiteren Beratungen im EU-Rat bilden soll. Dem Vernehmen nach sollen die Arbeiten an dem Richtlinienentwurf weitestgehend abgeschlossen sein. » weiterlesen

Hessen-Entwurf eines modernen Gruppenbesteuerungssystems

Vom hessischen Ministerium der Finanzen ist ein interessanter Entwurf zur Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems vorgestellt worden. Bemerkenswert an diesem Entwurf ist, dass die beiden fundamentalen Mängel der geltenden ertragsteuerlichen Organschaft aufgegriffen werden, nämlich die Notwendigkeit eines Gewinnabführungsvertrages und die überzogene Binnenorientierung. » weiterlesen

Irrungen und Wirrungen um die grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung


Entwirrung: Der EuGH differenziert klar zwischen verschiedenen Systemen der Verlustverrechnung und stellt mit seinen Urteilen zur grenzüberschreitenden Verlustberücksichtigung (u.a. EuGH-Urteil vom 13.12.2005 – Rs. C-446/03, DB 2005 S. 27 – Marks & Spencer plc; vom 15. 5. 2008 – Rs. C-414/06, DB 2008 S. 1130 – Lidl Belgium; vom 23. 10. 2008 – Rs. C-157/07, DB0345926 – Krankenheim Wannsee) klar, dass grundsätzlich der Betriebsstättenstaat die Verantwortung für die Verlustverwertung trägt. Schließlich geht es um Verluste, die auf seinem Territorium erwirtschaftet werden und die daher primär auch die dortige Steuerlast mindern müssen. Eine Verlustverrechnung im Staat des Stammhauses ist als ultima ratio zu verstehen und als solche strikte Ausnahme. Sie muss nach Marks & Spencer bzw. Lidl Belgium allerdings dann gestattet werden, wenn sogenannte endgültige bzw. definitive Verluste vorliegen. » weiterlesen

Hessen ergreift Initiative zur Gruppenbesteuerung

StB Prof. Dr. Dieter Endres ist Leiter der Steuerabteilung und Vorstand der PwC AG, Frankfurt/M.

Der Reformbedarf bei der Organschaft ist nicht erst aufgrund der aktuellen Diskussion um die extremen Formalerfordernisse eines EAV offensichtlich. Im Koalitionsvertrag ist deshalb auch die Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems anstelle der bisherigen Organschaft vorgesehen. Ende Mai hat nun das Hessische Ministerium der Finanzen die Initiative ergriffen und ein Diskussionspapier über die Ausgestaltung einer neuen Gruppenbesteuerung vorgelegt. » weiterlesen

Deutschland braucht eine moderne Gruppenbesteuerung

Die Fortentwicklung der mehr als 100 Jahre alten Organschaft hin zu einer modernen Gruppenbesteuerung ist überfällig. Die deutsche Wirtschaft leidet unter einem übergroßen Formalismus und den Risiken, die sich aus der Anknüpfung an das Gesellschaftsrecht ergeben. Die Finanzverwaltung steht dem im Einzelfall bestehenden Gestaltungspotenzial verständlicherweise skeptisch gegenüber und bindet unnötig Kapazitäten mit der Prüfung gesellschaftsrechtlicher Details. Die Verletzung höherrangigen europäischen Rechts sind bei der national begrenzten Organschaft eklatant, sodass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann der Europäische Gerichtshof Grenzen setzen wird. Die Fachwelt wartet daher gespannt auf die konkrete Umsetzung des im Koalitionsvertrag vorgegebenen Ziels. » weiterlesen