Selbst grundsätzliche Fragen zum steuerlich relevanten Ort der Geschäftsleitung eines Unternehmens scheinen ungeklärt. Das muss verwundern. Denn die potenziellen Folgen bei Nichtbeachtung der mit einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte verbundenen Pflichten können weit über die persönliche Haftung hinausgehen. Ein Risiko, das deshalb beängstigend ist, weil das materielle Steuerrecht und das Steuerstrafrecht oft nicht Hand in Hand gehen. So werden, offenbar ohne hinreichende Kenntnis der materiellen Rechtslage und der einschlägigen Rechtsprechung, strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorgeworfen und hohe Freiheitsstrafen in den Raum gestellt. » weiterlesen
Schlagwort-Archive: Internationales Steuerrecht
Zurechnungsbesteuerung bei Stiftungen und Trusts: Ist die Escape-Klausel des § 15 Abs. 6 AStG auch auf Drittstaaten anwendbar?
In der globalisierten Welt von heute ist es schon lange keine Seltenheit mehr, dass deutsche Steuerpflichtige Positionen bei ausländischen Stiftungen innehaben – sei es als Stifter, Begünstigter oder Stiftungsvorstand. Bestehen Beziehungen zum anglo-amerikanischen Ausland, handelt es sich statt um Stiftungen meist eher um Trusts, die dort noch deutlich häufiger genutzt werden als Stiftungen in unserem Rechtsraum. Bei Trusts sind ebenfalls oft deutsche Steueransässige als Settlor (Errichter), Beneficiary (Begünstigter) oder gar als Trustee (Treuhänder/Verwalter) beteiligt. Eine empfindliche deutsche Steuerfolge kann es hierbei sein, dass die Einkünfte der Stiftung bzw. des Trusts dem deutschen Stifter/Settlor bzw. den deutschen Begünstigten/Beneficiaries steuerlich zugerechnet werden, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich eine Ausschüttung stattfindet (sog. dry income), § 15 AStG. Das Hessische FG hat sich mit Urteil vom 13.07.2022 (8 K 1419/19) zur unionsrechtskonformen erweiterten Anwendung des § 15 Abs. 6 AStG auch auf Drittstaaten geäußert. Hintergrund ist der aus Sicht des FG sonst vorliegende Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, die auch im Verhältnis zu Drittstaaten gilt (Art. 63 AEUV). » weiterlesen
JStG 2022: Neuregelung der Besteuerung der „Registerfälle“
Seit über zwei Jahren sorgt die Auffassung der Finanzverwaltung zur Besteuerung der sogenannten „Registerfälle“ für erhebliche Kritik und stellt die betroffenen Unternehmen in der Praxis vor erhebliche Herausforderungen. Mit dem am 16.12.2022 beschlossenen Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) hat der Gesetzgeber die Besteuerung der Registerfälle neu geregelt. Erfreulich ist dabei, dass die Besteuerung der Registerfälle zwischen fremden Dritten faktisch vollständig abgeschafft wird. Mit Wirkung ab dem 01.01.2022 verbleibt es zwar noch bei der Besteuerung, wenn entsprechende Einkünfte in einer von (derzeit) zwölf „Steueroasen“ erzielt werden. In der Praxis werden Lizenzbeziehungen über diese Staaten aber regelmäßig ohnehin nicht abgewickelt, so dass hier nur noch ein geringer Anwendungsbereich verbleiben sollte. Allerdings bleibt es bei der bisherigen (auch rückwirkenden) Besteuerung von Registerfällen zwischen nahestehenden Personen. Für Fälle ab dem 01.01.2023 entfällt die Besteuerung in diesen Fällen allerdings „automatisch“, wenn ein Anspruch auf eine Steuerbefreiung nach einem Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Werden die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung hingegen nicht erfüllt, bleibt es auch künftig bei der bisherigen Besteuerung. Im Ergebnis werden daher die Gerichte über die Rechtmäßigkeit dieser Besteuerung entscheiden müssen. » weiterlesen
Die Besteuerung einer sog. „passiven Entstrickung“
Das Inkrafttreten des neuen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Spanien zum 01.01.2013 führte nicht zu einer Besteuerung der stillen Reserven von spanischen Immobilienkapitalgesellschaften, deren Anteile von in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen gehalten werden. Eine aktuelle Entscheidung des FG Münster bestätigt dies und bringt mehr Rechtsklarheit für viele deutsche Eigentümer von Immobilien in Spanien. » weiterlesen
Grenzüberschreitende Private Equity-Strukturen: komplex, üblich und angemessen
Internationale, grenzüberschreitende Private Equity (PE) Strukturen sind komplex. Die Komplexität und Internationalität rufen bei jenen, denen die Gründe für die Komplexität nicht bekannt sind, Misstrauen hervor, mitunter auch Missgunst. Erläuterungen zu den Gründen für die Zwischenschaltung verschiedener Gesellschaften in mehreren Ländern sind daher vonnöten. Aufklärung ist auch wegen der aktuellen Ermittlungen Münchner Steuerbehörden gegen Manager von Private Equity Fonds geboten. » weiterlesen
Eine Frage des Wohnsitzes: Zur unbeschränkten Steuerpflicht trotz langjährigem berufsbedingtem Auslandsaufenthalt
Die Frage, ob nach einem vermeintlichen Wegzug aus Deutschland in das Ausland ein steuerlicher Wohnsitz in Deutschland verbleibt, ist in der Praxis von höchster Bedeutung. Nicht selten handelt es sich um Fälle, in denen Steuerpflichtige sich vordergründig sicher sind, dass in Deutschland keine unbeschränkte Steuerpflicht (mehr) besteht. Bei näherer Betrachtung stellt sich die steuerliche Lage oftmals anders dar. Das FG Baden-Württemberg hatte jüngst über einen solchen Fall zu entscheiden (Urteil vom 04.08.2022 – 1 K 2898/21). Darüber hinaus beinhaltet die Entscheidung wertvolle Hinweise zur Prüfreihenfolge im Kontext der Bestimmung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit. » weiterlesen
Auswirkungen des ATAD III-Richtlinien-Entwurfs auf Private Equity-Fonds
Im letzten Jahr hat die Europäische Kommission mit einer Initiative gegen den steuerlichen Missbrauch von Briefkastengesellschaften begonnen und hat hierzu im Dezember 2021 einen Richtlinien-Entwurf zur Änderung der ATAD-Richtlinie veröffentlicht (sog. ATAD III-Entwurf). Der Richtlinien-Entwurf hatte seinerzeit für einige Aufruhr in der steuerlichen Strukturierungspraxis gesorgt (vgl. Fischer, HB Steuerboard vom 02.03.2022). Nun hat der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (Committee on Economic and Monetary Affairs) am 12.05.2022 einen Bericht zum Richtlinien-Entwurf der Europäschen Kommission veröffentlicht, der zahlreiche Änderungsvorschläge enthält. Der Bericht wird wegen der Berichterstatterin Lídia Pereira auch Pereira-Bericht genannt. Die Änderungsvorschläge des Pereira-Berichts können – sofern sie tatsächlich Berücksichtigung finden sollten – erheblich dazu beitragen, den befürchteten Compliance-Aufwand für Fonds- und Akquisitionsstrukturen von Private Equity-Fonds einzudämmen. » weiterlesen
Die gewerbesteuerliche Erfassung des Hinzurechnungsbetrags
Bei der grenzüberschreitenden Steuerstrukturierung ist sie ein wichtiger Aspekt, im Rahmen der Tax Compliance ein schwer handhabbares Besteuerungsregime und für die OECD sowie die Europäische Union ein wichtiges Instrument zur Vermeidung von Gewinnverlagerungen. Die Rede ist von der Hinzurechnungsbesteuerung. Diese führt dazu, dass bestimmte Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft in Deutschland besteuert werden, selbst wenn dem deutschen Gesellschafter tatsächlich keine Einkünfte zufließen. Diese Einkünfte unterliegen nicht nur der vollen Körperschaft- und Einkommensteuer, sondern auch der Gewerbesteuer, weshalb eine substantielle steuerliche Mehrbelastung im Vergleich zu einem nationalen Fall droht. Daran änderten auch die Neuregelungen durch das ATADUmsG nichts, welche die sekundärrechtlichen Vorgaben der Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) in nationales Recht umsetzen sollten. Vielmehr erhärten sie die europarechtlichen Bedenken gegen die nationale Hinzurechnungsbesteuerung und beleben die Diskussionen um die Hinzurechnungsbesteuerung im Allgemeinen und insbesondere um deren gewerbesteuerlichen Auswirkungen merklich. » weiterlesen