Der Rechtstypenvergleich – archaische Prinzipien im Zeitalter der Globalisierung

RA Ronald Buge, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Das deutsche Steuerrecht folgt – wie international üblich – dem sog. Welteinkommensprinzip, d. h. das weltweite Einkommen jedes deutschen Stpfl. unterliegt der deutschen ESt bzw. KSt. Unternehmen üben ihre internationalen Aktivitäten praktisch ausschließlich über ausländische Tochtergesellschaften aus. Hier stellt sich zunächst die – scheinbar banale – Frage, wie diese ausländischen Gesellschaften für deutsche Steuerzwecke einzustufen sind. Die gleiche Frage stellt sich, wenn ausländische Gesellschaften in Deutschland tätig werden.

Hier hat die Rspr. schon vor Jahrzehnten den sog. Rechtstypenvergleich entwickelt: Es ist anhand der maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die Organisation und Struktur der betreffenden Gesellschaft zu prüfen, ob diese rechtlich und wirtschaftlich einer inländischen PersGes. oder KapGes. vergleichbar ist. » weiterlesen

Geschäftsleitung als „Mittelpunkt“ im Zentrum der Peripherie

StB Dr. Thomas Töben, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Die Besteuerung von in Deutschland erzieltem Einkommen einer KapGes. ist oft davon abhängig, dass dieses Einkommen einer „Geschäftsleitungs-Betriebstätte“ zugeordnet werden kann.

Im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) wird davon ausgegangen, dass eine KapGes. mehrere „Orte der Geschäftsleitung“ haben kann, mit der Folge einer sich auf das weltweite Einkommen erstreckenden Steuerpflicht auch in verschiedenen Staaten (Art. 4 Abs. 1 OECD-MA). Ist das der Fall, soll es zur Bestimmung des Hauptansässigkeitsstaats auf den „Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung“ ankommen, wenn man so will, auf die „gewichtigere“, die „effektive“ Geschäftsleitung bzw. den Ort, wo letztere zu lokalisieren ist (Art. 4 Abs. 3 OECD-MA).

Weiter geht das DBA-Recht davon aus, dass eine in einem Staat aufgrund des dortigen Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaft in einem anderen Staat eine Betriebsstätte auch in Form eines weiteren (weniger gewichtigen) „Ortes der (bloßen) Leitung“ (Art. 5 Abs. 2 lit. a OECD-MA) haben kann, was in diesem Staat eine „nur“ beschränkte Steuerpflicht mit bestimmtem Einkommen aus diesem Staat nach sich zieht. » weiterlesen

„Auskunftssperre“ bei erbschaftsteuerlicher Poolung von Anteilen an einer Verlust- oder Zinsvortrags-Kapitalgesellschaft – Überlegungen aus Beratersicht

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Bei der erbschaftsteuerlichen Poolung von Anteilen an einer KapGes., bei der nicht genutzte (steuerliche) Verluste oder ein Zinsvortrag bestehen, stellt sich die Frage, ob der Abschluss des Poolvertrags zum (ggf. anteiligen) Untergang dieser Steuerpositionen führen könnte (§ 8c KStG). Im Fachschrifttum wird die Frage zwar überwiegend mit nein beantwortet. Die Finanzverwaltung scheint eine (ggf. anteilige) Verlust- und Zinsvortragsvernichtung bei Abschluss eines Poolvertrags jedoch zumindest im Einzelfall für möglich zu halten. Die Thematik ist dem Vernehmen nach Diskussionsgegenstand einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe, erfahrungsgemäß werden verbindliche Auskünfte mit Blick auf die anhängige Bund-Länder-Abstimmung gegenwärtig nicht erteilt. Dazu die folgenden Überlegungen aus Beratersicht.

Ausgangsüberlegung: „Erbschaftsteuerschutz“ lieber heute als morgen

Die Vererbung der Anteile eines Gesellschafters an einer KapGes. (z. B. 10%-Beteiligung von X an Holding-GmbH) kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen „erbschaftsteuerfrei“ erfolgen. Die Erben sind in diesem Fall z. B. nicht gezwungen, der Gesellschaft Liquidität zwecks Zahlung von ErbSt zu entziehen. Eine steuerbegünstigte Vererbung der Anteile setzt u. a. voraus, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Vererbung am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Sofern dies nicht der Fall ist, kann der Gesellschafter  (= Erblasser) durch Abschluss eines Poolvertrags mit anderen Gesellschaftern eine begünstigte Beteiligung „herstellen“ (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG; z. B. X schließt Poolvertrag mit den Gesellschaftern A und B, danach sind z. B. 30% der Holding-GmbH-Anteile gepoolt). Da Gevatter Tod seinen Besuch bekanntlich nicht ankündigt, empfiehlt sich – unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände – der kurzfristige Abschluss eines Poolvertrags (Herstellung von ErbSt-Schutz). » weiterlesen

Die PartG mbB als Agent Provocateur einer rechtsformneutralen Besteuerung?

Jun.-Prof. Dr. iur. Heribert M. Anzinger, Darmstadt

Gelegentlich laufen Fortschritte der steuerrechtlichen Grundlagenforschung und rechtspolitische Entwicklungen unbemerkt aufeinander zu. Dann können sich aus vermeintlich akade­mischen Gedankenspielen unerwartete praktische Fragestellungen entwickeln.

Anfang Februar hat das BMJ den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) veröffentlicht (vgl. Meldung unter DB0467277). Ziel des Entwurfs ist es, die anerkannte „transparente Besteuerung“ der Partnerschaftsgesellschaft, also deren ertragsteuerrechtliche Qualifikation als Mitunternehmerschaft, mit einer wirksamen Beschränkung der Außenhaftung dieser Gesellschaftsform zu verbinden. Die den freien Berufen vorbehaltene Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft erlaubt bisher nur eine Haftungskonzentration auf den handelnden Berufsträger. In teamorientiert arbeitenden Sozietäten bereitet die Abgrenzung dieser Handelndenhaftung große Schwierigkeiten. Dies soll mit ein Grund dafür sein, dass zahlreiche große RA-Kanzleien mittlerweile in der ausländischen Rechtsform der Limited Liability Partnership (LLP) firmieren, die die Steuerrechtspraxis als Mitunternehmerschaft anerkennt, die aber zugleich eine umfassendere Haftungsbeschränkung vorsieht. Dieser ausländischen Konkurrenz möchte das BMJ nunmehr eine deutsche Alternative entgegenstellen, die wie die LLP GewSt-Freiheit, steuerliche Transparenz und Haftungsbeschränkung verbindet. Dazu soll das PartGG durch einen § 8 Abs. 4 ergänzt werden:

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Übergang zu einer Gruppenbesteuerung: Steuerrisiko bei Bestehen eines passiven organschaftlichen „Super-Ausgleichspostens“?

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Im Zwölf-Punkte-Papier vom 14. 2. 2012 bekräftigt die Regierungskoalition ihre Absicht, eine moderne Gruppenbesteuerung anstelle der bisherigen ertragsteuerlichen Organschaft einzuführen. Diskutiert werden verschiedene Modelle, eine Systemumstellung soll nach einem Vorlauf von drei Jahren ab dem Jahr 2016 wirksam werden. Aus meiner Sicht ist nicht auszuschließen, dass die Umstellung im Einzelfall – in Abhängigkeit von der Formulierung einer gesetzlichen Übergangsregelung – einen (erheblichen) steuerpflichtigen Gewinn bei einem Organträger auslösen könnte. Dieses „latente Steuerrisiko“ ist bei einer Transaktionsstrukturierung zu berücksichtigen. Worum geht es?

Bildung eines passiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz eines Organträgers bei Vorliegen einer organschaftlichen Mehrabführung

Eine Mehrabführung einer Organgesellschaft liegt vor, wenn der handelsbilanzielle (abzuführende) Gewinn der Organgesellschaft den steuerbilanziellen Gewinn übersteigt (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG). Ursache einer Mehrabführung kann z. B. eine unterschiedliche Bewertung eines Wirtschaftsguts in Handels- und Steuerbilanz sein. Bestand die Organschaft bereits im Zeitpunkt der unterschiedlichen bilanziellen Bewertung des Wirtschaftsguts, handelt es sich um eine in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Der Organträger hat in seiner Steuerbilanz i. H. der Mehrabführung (einkommensneutral) einen passiven Ausgleichsposten als Korrekturposten zum steuerlichen Buchwert der Organbeteiligung zu bilden. Erst bei Veräußerung der Organbeteiligung (oder einer vergleichbaren Transaktion) ist der passive Ausgleichsposten steuerwirksam – Veräußerungsgewinn erhöhend – aufzulösen. » weiterlesen

Zur steuerbegünstigten Schenkung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Schenkung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist unter anderem eine „unmittelbare“ Beteiligung des Schenkers an der Gesellschaft. Fraglich ist, ob eine unmittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft für Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerzwecke auch vorliegt, wenn der Schenker über eine zwischengeschaltete vermögensverwaltende Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Nach einer Entscheidung des FG Köln ist die Frage – zu Gunsten des Steuerpflichtigen – zu bejahen (Urteil vom 16. 11. 2011, 9 K 3087/10, Revision anhängig, Az. des BFH: II R 4/12). » weiterlesen

„Erstinstanzliche Neuigkeiten“ zur Behandlung von Minder- und Mehrabführungen

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

In der Konzernsteuerpraxis stellen sich regelmäßig Zweifelsfragen zur Behandlung von Minder- und Mehrabführungen einer Organgesellschaft. Dabei kann schon fraglich sein, ob ein bestimmter Sachverhalt überhaupt eine Minder- oder Mehrabführung darstellt. In diesem Zusammenhang ist auf zwei finanzgerichtliche Entscheidungen hinzuweisen, die für die konzernsteuerrechtliche Gestaltungs- und Abwehrberatung von Bedeutung sein dürften. » weiterlesen

Einbringung – Steuervereinfachung mit bösen Konsequenzen

RA/StB Dipl.-Kfm. Alexander Pupeter, Partner bei Pöllath + Partners, München

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann seine Beteiligung steuerneutral in eine andere Kapitalgesellschaft einbringen. Voraussetzung ist vor allem, dass die aufnehmende Gesellschaft nach der Einbringung die Mehrheit der Stimmrechte an der eingebrachten Gesellschaft hält, sog. „qualifizierter Anteilstausch“, § 21 UmwStG. Die praktischen Schwierigkeiten ergeben sich vor allem aus der Missbrauchsvermeidungsklausel des § 22 UmwStG.  » weiterlesen