„Auskunftssperre“ bei erbschaftsteuerlicher Poolung von Anteilen an einer Verlust- oder Zinsvortrags-Kapitalgesellschaft – Überlegungen aus Beratersicht

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Bei der erbschaftsteuerlichen Poolung von Anteilen an einer KapGes., bei der nicht genutzte (steuerliche) Verluste oder ein Zinsvortrag bestehen, stellt sich die Frage, ob der Abschluss des Poolvertrags zum (ggf. anteiligen) Untergang dieser Steuerpositionen führen könnte (§ 8c KStG). Im Fachschrifttum wird die Frage zwar überwiegend mit nein beantwortet. Die Finanzverwaltung scheint eine (ggf. anteilige) Verlust- und Zinsvortragsvernichtung bei Abschluss eines Poolvertrags jedoch zumindest im Einzelfall für möglich zu halten. Die Thematik ist dem Vernehmen nach Diskussionsgegenstand einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe, erfahrungsgemäß werden verbindliche Auskünfte mit Blick auf die anhängige Bund-Länder-Abstimmung gegenwärtig nicht erteilt. Dazu die folgenden Überlegungen aus Beratersicht.

Ausgangsüberlegung: „Erbschaftsteuerschutz“ lieber heute als morgen

Die Vererbung der Anteile eines Gesellschafters an einer KapGes. (z. B. 10%-Beteiligung von X an Holding-GmbH) kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen „erbschaftsteuerfrei“ erfolgen. Die Erben sind in diesem Fall z. B. nicht gezwungen, der Gesellschaft Liquidität zwecks Zahlung von ErbSt zu entziehen. Eine steuerbegünstigte Vererbung der Anteile setzt u. a. voraus, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Vererbung am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Sofern dies nicht der Fall ist, kann der Gesellschafter  (= Erblasser) durch Abschluss eines Poolvertrags mit anderen Gesellschaftern eine begünstigte Beteiligung „herstellen“ (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG; z. B. X schließt Poolvertrag mit den Gesellschaftern A und B, danach sind z. B. 30% der Holding-GmbH-Anteile gepoolt). Da Gevatter Tod seinen Besuch bekanntlich nicht ankündigt, empfiehlt sich – unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände – der kurzfristige Abschluss eines Poolvertrags (Herstellung von ErbSt-Schutz). » weiterlesen

Großbritannien und die Niederlande als Steueroasen?

WP/StB Dr. Martin Lenz ist Partner und Leiter National Tax bei der KPMG AG, Frankfurt/M.

Die Hinzurechnungsbesteuerung soll die missbräuchliche Verlagerung von Steuersubstrat in Niedrigsteuerländer verhindern. Der „Lehrbuch-Fall“ spielt in einer Steueroase – nicht hingegen in einer westlichen Industrienation. Doch künftig können auch Investitionen in Großbritannien und in den Niederlanden von der Hinzurechnungsbesteuerung betroffen sein: Grund dafür sind sinkende KSt-Sätze.

Die Tendenz in einigen europäischen Staaten geht hin zu einer Senkung der KSt-Sätze. So wurde beispielsweise in Großbritannien kürzlich angekündigt, den KSt-Satz ab dem 1. 4. 2012 auf 24% zu senken. Zudem soll der KSt-Satz schrittweise bis 2014 auf 22% gemindert werden. Bereits im Jahr 2011 wurde der KSt-Satz in den Niederlanden auf 25% abgesenkt, wobei die ersten 200.000 € mit einem geminderten Steuersatz von 20% versteuert werden. Damit gelten Großbritannien und die Niederlande per se als „Niedrigsteuerland“ i. S. der Hinzurechnungsbesteuerung.

Nach den Regelungen der Hinzurechnungsbesteuerung werden die Einkünfte einer ausländischen Zwischengesellschaft dem inländischen Anteilseigner hinzugerechnet. Eine Zwischengesellschaft ist definiert als eine Gesellschaft, die von Inländern beherrscht wird, passive Einkünfte erzielt und deren Einkünfte niedrig besteuert sind. Dabei sieht das AStG die Grenze der Niedrig­besteuerung bei einer Ertragsteuerbelastung von weniger als 25%. Von dem nominalen Steuersatz geht dabei eine Indizwirkung aus. » weiterlesen

Übergang zu einer Gruppenbesteuerung: Steuerrisiko bei Bestehen eines passiven organschaftlichen „Super-Ausgleichspostens“?

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Im Zwölf-Punkte-Papier vom 14. 2. 2012 bekräftigt die Regierungskoalition ihre Absicht, eine moderne Gruppenbesteuerung anstelle der bisherigen ertragsteuerlichen Organschaft einzuführen. Diskutiert werden verschiedene Modelle, eine Systemumstellung soll nach einem Vorlauf von drei Jahren ab dem Jahr 2016 wirksam werden. Aus meiner Sicht ist nicht auszuschließen, dass die Umstellung im Einzelfall – in Abhängigkeit von der Formulierung einer gesetzlichen Übergangsregelung – einen (erheblichen) steuerpflichtigen Gewinn bei einem Organträger auslösen könnte. Dieses „latente Steuerrisiko“ ist bei einer Transaktionsstrukturierung zu berücksichtigen. Worum geht es?

Bildung eines passiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz eines Organträgers bei Vorliegen einer organschaftlichen Mehrabführung

Eine Mehrabführung einer Organgesellschaft liegt vor, wenn der handelsbilanzielle (abzuführende) Gewinn der Organgesellschaft den steuerbilanziellen Gewinn übersteigt (vgl. § 14 Abs. 4 Satz 6 KStG). Ursache einer Mehrabführung kann z. B. eine unterschiedliche Bewertung eines Wirtschaftsguts in Handels- und Steuerbilanz sein. Bestand die Organschaft bereits im Zeitpunkt der unterschiedlichen bilanziellen Bewertung des Wirtschaftsguts, handelt es sich um eine in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 KStG). Der Organträger hat in seiner Steuerbilanz i. H. der Mehrabführung (einkommensneutral) einen passiven Ausgleichsposten als Korrekturposten zum steuerlichen Buchwert der Organbeteiligung zu bilden. Erst bei Veräußerung der Organbeteiligung (oder einer vergleichbaren Transaktion) ist der passive Ausgleichsposten steuerwirksam – Veräußerungsgewinn erhöhend – aufzulösen. » weiterlesen

Der „Debt-Mezzazine Swap“ oder die Umwandlung von Darlehen in Genussrechte

RA/StB Dr. Michael Kreft, Partner bei SJ Berwin LLP, München

In der Krise befindliche Gesellschaften und ihre Gesellschafter suchen nach Möglichkeiten, eine Überschuldung abzuwenden. Dies kann insbesondere dadurch erfolgen, dass für Gesellschafterverbindlichkeiten ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart wird, sodass sie in der insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz nicht mehr zu berücksichtigen sind. Der Nachteil eines solchen Rangrücktritts besteht allerdings darin, dass die Verbindlichkeit als solche weiterhin in der Handelsbilanz zu zeigen ist und diese Maßnahme damit nicht zu einer Verbesserung der Bilanzkennzahlen führt.

In Betracht kommt auch der Forderungsverzicht („Debt-Equity“ Swap). Verzichtet die Gesellschaft auf eine nicht mehr werthaltige Forderung, so führt diese Maßnahme handelsrechtlich zur Bildung von Eigenkapital und zur Verbesserung der Bilanzkennzahlen. Steuerlich ist diese Maßnahme aber mit erheblichen Nachteilen verbunden, wenn dadurch Steuern ausgelöst werden. In Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils der Gesellschafterforderung führt der Verzicht nach der Rspr. des BFH zu steuerpflichtigem Ertrag. Nur i. H. des werthaltigen Teils der Forderung liegt eine steuerneutrale verdeckte Kapitaleinlage vor. Sind keine ausreichenden laufenden Verluste vorhanden, kann der Ertrag nur noch im Rahmen der Mindestbesteuerung mit vorhandenen steuerlichen Verlustvorträgen neutralisiert werden. Dann sind aber nur 1 Mio. € vollständig und ein darüber hinausgehender Gewinn nur mit einem Anteil von 60% ausgleichungsfähig. So kann der Forderungsverzicht krisenverschärfend wirken, weil zusätzliche Geldmittel zur Bedienung der entstehenden Steuerschulden benötigt werden. Eine steuerneutrale Gestaltung bleibt dann nur noch im Billigkeitswege nach dem Sanierungserlass möglich, der für die KSt beim zuständigen FA und für die GewSt bei den betroffenen Gemeinden beantragt werden muss. Diese Anträge sind mit hohem Aufwand und unsicherem Ausgang behaftet. Weiterhin besteht nach wie vor die Unsicherheit, ob die Anwendung des Sanierungserlasses überhaupt noch zulässig ist, diese Frage ist noch nicht abschließend geklärt. » weiterlesen

Die Zinsschranke hebt sich …

StB Dr. Thomas Töben, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Soweit ersichtlich, haben sich Finanzgerichte bisher fünfmal mit der Zinsschranke auseinandergesetzt. Stets begehrten die Steuerpflichtigen vorläufigen Rechtsschutz, also die Aussetzung der Vollziehung (AdV) unter anderem aufgrund von Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Gestritten wird über eine Regelung, die dem Abzug insbesondere für Zinsen auf Drittbankdarlehen Schranken setzt. Die Vorschrift ist steuersystematisch und auch in ihren Details höchst umstritten. Das betrifft u. a. den IFRS-Bezug beim sogenannten Eigenkapital-Escape. Den vermeintlichen Escape-Varianten sind mit Ausnahme der € 3- Millionen- Grenze hohe Hürden gesetzt. In der Praxis ist auf sie kein Verlass. Es verwundert nicht, dass die Finanzgerichte AdV-Anträgen stattgegeben haben. Zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift liegen allerdings diametrale Aussetzungsbeschlüsse vor. » weiterlesen

Steuerliche Beschränkung des fremdfinanzierten Beteiligungserwerbs?

StB Dr. Michael Best, Partner bei P+P Pöllath + Partners, München

Die Regierungskoalition plant den Zinsabzug zu untersagen, wenn Unternehmen mit Fremdkapital erworben werden. Ein nicht nur steuerlich sondern auch volkswirtschaftlich bedenklicher Eingriff in das Steuerrecht. Anfang der Woche wurde ich von einem englischen Kollegen darauf angesprochen, ob es stimme was man hört, dass die deutsche Regierung eine Änderung des Steuerrechtes plant mit der gezielt eine Branche bzw. wirtschaftliche Aktivität verhindert bzw. benachteiligt werden soll. Der Kollege spielte dabei auf den von der Regierungskoalition verabschiedeten Maßnahmenplan (12-Punkte Papier) an der jüngst veröffentlicht wurde und unter anderem vorsieht, dass sogenannte Leveraged Buy-Outs (LBO) unerwünscht seien und deshalb ein hiermit verbundener Betriebsausgabenabzug untersagt werden soll. » weiterlesen

Grünbuch – Vorschläge zur Annäherung zwischen deutschem und französischem Unternehmenssteuerrecht

WP StB Dr. Martin Lenz ist Partner und Leiter National Tax bei KPMG AG, Frankfurt

Im August 2011 vereinbarten Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatspräsident Sarkozy, bei der Steuerpolitik enger zusammenzuarbeiten. Konkret mit dem Ziel, die Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlagen und die Körperschaftsteuersätze beider Länder anzugleichen. Die zu diesem Zweck gegründete deutsch-französische Arbeitsgruppe hat aktuell erste Vorschläge zu möglichen Konvergenzpunkten in einem sog. Grünbuch vorgelegt. Das Grünbuch diskutiert insgesamt sechs Konvergenzfelder, wobei aus deutscher Sicht die gravierendsten Änderungsvorschläge bei der Organschaft und bei der Besteuerung von Dividenden zu finden sind. Das Grünbuch beinhaltet aber noch keine detaillierten Regelungen. » weiterlesen

Neue Chance für die Gewinngemeinschaft?

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, Gesxchäftsführer MAZARS Tax GmbH, Stuttgart

Die Gewinngemeinschaft ist das unbekannteste Gestaltungsvehikel des Unternehmenssteuerrechts. Geregelt in § 292 AktG als ein anderer Unternehmensvertrag, durch den sich die Gesellschaft verpflichtet, ihren Gewinn zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns mit dem Gewinn anderer Unternehmen zusammenzulegen. Anschaulich als horizontale Gewinnpoolung bezeichnet, sind die Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft zweifelsfrei nicht erfüllt, da es sich nicht um einen Gewinnabführungsvertrag handelt. » weiterlesen