Steuerfreies Erwerbseinkommen – ein längst überholtes Privileg der Abgeordneten

Die Vorschrift ist unscheinbar, und wer sie unbefangen und ohne nähere Kenntnis liest, wird ihre Begünstigungsdimension kaum erahnen können: Gemäß § 3 Nr. 12 EStG sind die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlten Bezüge steuerfrei, wenn sie entweder kraft Gesetzes oder von der Bundes- oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Rund 48.000 € erhält ein Bundestagsabgeordneter aufgrund dieser Bestimmungen jährlich an steuerfreien Zuwendungen. In welcher Höhe tatsächlich Aufwand anfällt, spielt keine Rolle. Seit langem überwiegen in der Steuerrechtswissenschaft die Stimmen, die dieses Privileg für verfassungswidrig halten und fordern, Abgeordnete sollten wie jeder Normalbürger ihre Bezüge voll versteuern und Aufwendungen, die sie im Zusammenhang mit der Mandatswahrnehmung zu tragen haben (viele Aufwendungen wie z. B. Reisen trägt ohnehin der Steuerzahler) als Werbungskosten geltend machen. Mit Spannung wurde deshalb die Entscheidung des BVerfG über zwei Verfassungsbeschwerden gegen das Abgeordnetenprivileg erwartet. » weiterlesen