JStG 2022: Doch keine gesetzliche Rücknahme der aktuellen BFH-Rechtsprechung zu § 6 Abs. 5 EStG

RA Gerald Herrmann, Attorney-at-Law, Partner bei POELLATH, München

Der BFH hatte in drei Entscheidungen mit Urteilen vom 15.07.2021 (IV R 36/18, vgl. dazu Duplois, HB Steuerboard vom 11.11.2021) und 18.08.2021 (XI R 43/20; Parallelentscheidung desselben Datums – XI R 20/19) zu den Sperrfristen des § 6 Abs. 5 Satz 4 und 6 EStG grundsätzlich zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, indem deren Anwendungsbereich deutlich eingeschränkt wurde. Der Bundesrat schlug allerdings im Rahmen seiner Stellungnahme zum Entwurf des JStG 2022 vor, dieser Rechtsprechung entgegenzutreten und die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung durch Anpassung des § 6 Abs. 5 EStG gesetzlich festzuschreiben. Der Bundestag hat das JStG 2022 am 02.12.2022 allerdings ohne Anpassungen in § 6 Abs. 5 EStG angenommen, sodass die aus Sicht der Steuerpflichtigen erfreuliche Rechtsprechung des BFH weiterhin Anwendung findet. » weiterlesen

Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG durch Formwechsel einer Oberpersonengesellschaft

RA Dr. Marcel Duplois, Associate bei POELLATH, Frankfurt/M.

Ein Steuerpflichtiger, der sowohl einen Betrieb unterhält als auch als Mitunternehmer an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist, hat nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1-3 EStG weitreichende Möglichkeiten ein Wirtschaftsgut zwischen Betriebsvermögen, Sonderbetriebsvermögen und Gesamthandsvermögen zu Buchwerten zu übertragen. Voraussetzung ist dabei, dass das Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung / Minderung von Gesellschaftsrechten übertragen wird. Der Gesetzgeber möchte allerdings verhindern, dass infolge einer solchen Übertragung stille Reserven auf eine Kapitalgesellschaft übergehen, die dort dem günstigeren Körperschaftssteuersatz oder bei Veräußerung der Anteile den günstigerem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Mit Urteil vom 15.07.2021 (IV R 36/18, DB 2021 S. 2599) hatte der BFH zu entscheiden, ob ein entsprechender Sperrfristverstoß vorliegt, wenn im Rahmen einer mehrstöckigen Personengesellschaft eine an dem Wirtschaftsgut mittelbar beteiligte Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird. » weiterlesen

Wegfall des erbschaftsteuerlichen Verschonungsabschlags bei mehrstöckigen Personengesellschaften

RA Laurenz Lipp, Associate bei POELLATH, Frankfurt/M.

In zwei Parallelentscheidungen vom 16.03.2021 (II R 10/18, DB 2021 S. 1855 und II R 11/18) hatte sich der BFH mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Veräußerung von Wirtschaftsgütern einer Unterpersonengesellschaft einen Verstoß gegen die – für eine begünstigte Übertragung der Obergesellschaft – laufenden erbschaftsteuerlichen Behaltensregelungen darstellt und hat sich damit erstmalig zur Anwendung der erbschaftsteuerlichen Verfügungsbeschränkungen bei mehrstöckigen Unternehmensstrukturen positioniert. Da der Gesetzeswortlaut hier ausdrücklich nur auf einstöckige Gesellschaftsstrukturen Bezug nimmt, kam es in der Praxis bei der Übertragung von Anteilen an Konzernstrukturen immer wieder zu Unsicherheiten und Streitpotenzialen mit den Finanzämtern. Die Entscheidungen bringen damit endlich ein wenig Licht ins Dunkel bei einer Thematik, bei der in der Beratungspraxis abschließende Rechtsicherheit bislang nur mit verbindlichen Auskünften hergestellt werden konnte. » weiterlesen